The Kop Germany
·3. Oktober 2020
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Analyse | Am Sonntag geht es für den Liverpool FC nach Birmingham zu Aston Villa. Nach dem mehr als knappen Klassenerhalt im letzten Jahr will man sich mit gezielten Verstärkungen in der Premier League etablieren.
Im Sommer wurden die Problemzonen gut analysiert und nahezu vollständig geschlossen. Mit Emiliano Martinez (28) kam ein neuer Torwart, da der eigentliche Stammtorwart Tom Heaton (34) seit Ende der letzten Hinrunde verletzt ist und die Alternativen im Kader allesamt nicht ihre Premier-League-Tauglichkeit unter Beweis stellen konnten.
Mit Matty Cash (23) kam ein Spieler aus Nottingham, der auf den Außenbahnen sowohl offensiv als auch defensiv nahezu alles spielen kann. Bisher wird er als Rechtsverteidiger eingesetzt, sollte Not am Mann sein, kann er allerdings auch nach links wechseln oder eine Position nach vorne rücken. In Bertrand Traore (25) kam ein Flügelspieler aus Frankreich von Olympique Lyon. Der Franzose war nach zwei starken Jahren in der letzten Saison lediglich Ergänzungsspieler, auch deshalb war es den Villans überhaupt möglich, ihn zu verpflichten.
Außerdem gewann man das Rennen um einen der begehrtesten Spieler der Championship, Ollie Watkins (24). Der Stürmer kam aus Brentford und soll Kapitän Jack Grealish (25) offensiv entlasten. Auch für diese Verpflichtung war eine Verletzung mitentscheidend, Wesley (23) fiel in der letzten Saison aufgrund eines Kreuzbandrisses lange aus und kam danach nie wieder in die vorherige Form. Dazu konnte am Mittwoch noch Mittelfeldspieler Ross Barkley (26) vom Chelsea FC für eine Saison geliehen werden.
Abgegeben wurde kein wirklich relevanter Kaderspieler. Nachdem man im letzten Jahr ein Transferminus von über 150 Millionen Euro hatte und damit weltweit auf Platz zwei in Sachen Transferminus lag, hieß es auch in diesem Jahr „Nicht kleckern, sondern klotzen“. Die vier Neuzugänge kosteten insgesamt über 80 Millionen Euro, womit man auch in diesem Sommer wieder ganz oben mit dabei ist, wenn es um das Minus auf dem Transfermarkt geht. Lediglich Leeds United und Chelsea FC haben zum jetzigen Zeitpunkt (das Transferfenster ist noch bis 05.10.2020 geöffnet) mehr Minus gemacht.
Im 4-3-3 versucht man, im eigenen Ballbesitz möglichst schnell das Mittelfeld zu überbrücken. Vor allem dadurch, dass mit Watkins in dieser Saison kein bulliger, sondern vielmehr ein schneller, wendiger Spieler im Sturmzentrum spielt, hat die Spielweise von hohen Bällen hin zu flachen Bällen in den Lauf verändert. Eines hat sich jedoch nicht verändert, nämlich, dass nahezu jeder Angriff über Grealish läuft. Er ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Mannschaft.
Defensiv steht man ziemlich massiv. Die Außenverteidiger konzentrieren sich hauptsächlich auf ihre defensiven Aufgaben, das zentrale Mittelfeld besticht vor allem durch seine Physis und Zweikampfstärke. Abzuwarten ist, ob Ross Barkley direkt eine Option für das Spiel am Sonntag sein wird. Sollte dies der Fall sein, wird er dem Mittelfeld eine andere Note geben, da er mit seiner Dynamik und seinem Zug Richtung Tor in diesen Belangen jedem anderen Mittelfeldspieler der Villans überlegen ist.
Trainer Dean Smith (49) ist ein waschechter Brummie. Im Vorort West Bromwich geboren und aufgewachsen, wurde er sehr schnell ein Fan der Villans, die in seiner Jugend fester Bestandteil der ersten Liga waren und regelmäßig um die Meisterschaft mitspielten (zweimal Vizemeister zwischen 1990 und 1993).
Es hält sich sogar hartnäckig das Gerücht, er habe als Junge die Sitze im Stadion geputzt. Auch wenn dies wohl nicht stimmt, zeigt allein die Hartnäckigkeit, mit der sich das Gerücht hält, wie verbunden er dem Verein ist.
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang sicherlich auch John Terry, der als Co-Trainer fungiert. Er hat einen sehr guten Draht zu den Spielern und gilt als eine Art Vaterfigur, der das Team auch in schweren Phasen zusammenhalten soll.
Der Start in die neue Saison hätte nicht besser laufen können. In den ersten beiden Spielen – das Spiel gegen Manchester City wurde verlegt, da Manchester Anspruch auf mindestens 30 Tage Sommerpause hatte – gab es zwei Siege. Dabei blieb man auch beide Male ohne Gegentreffer. Hervorzuheben ist hierbei Martinez. Der neue Torwart machte seine Sache sehr stark, hielt unter anderem einen Elfmeter gegen Sheffield United und ist bis dato der erhoffte Rückhalt. Im Ligapokal schied man am Donnerstag gegen Stoke City aus. Allerdings trat man dort mit der B-Elf an, wodurch man diesem Spiel nicht zu viel Gewicht beimessen sollte.
Wie viel diese Siege wert sind, wird sich zeigen müssen. Mit Sheffield United und Fulham FC hatte man zwei der schwächsten Teams der Liga als Gegner, die beiden stehen nicht ohne Grund auf den letzten beiden Plätzen in der Tabelle.
Der Werdegang von Ollie Watkins ist durchaus bemerkenswert. Als Flügelspieler ausgebildet, spielte er bis vor 3 Jahren noch in der vierten englischen Liga bei Exeter City. Dort fiel er dem Brentford FC auf. Dieser Verein ist bekannt dafür, ein außerordentlich gutes Scouting-System zu besitzen, welches vor allem Wert auf Statistiken legt und an das Moneyball-System aus dem Baseball angelehnt ist.
Die ersten beiden Jahre spielte Watkins vornehmlich auf der linken Außenbahn und zeigte dort solide, aber nicht herausragende Leistungen (33 Torbeteiligungen in 86 Spielen). Nach dem Abgang von Neal Maupay (24) zu Brighton & Hove Albion und der Verpflichtung von Bryan Mbeumo (21) änderte sich die Dynamik in der Offensive komplett. Da Mbeumo ein reiner Rechtsaußen ist, wechselte Said Benrahma (25) auf die linke Seite und Watkins besetzte fortan die Mittelstürmerposition.
Und man hätte es sich nicht besser ausmalen können. Die drei Spieler zeigten sich in der Liga für zusammen 57 Treffer verantwortlich. Vorne weg ging in Sachen Tore Watkins, der 25-mal traf. Dies brachte Aston Villa im Sommer schließlich dazu, ihn mit knapp 30 Millionen Euro zum Rekordeinkauf der Clubgeschichte zu machen. Ob er dieses Vertrauen zurückzahlen kann, wird man sehen. Getroffen hat er bisher zwar noch nicht, aber gegen Sheffield United war er dennoch der wohl spielentscheidende Mann. In Minute zwölf konnte John Egan (27), der Kapitän der Blades, ihn nur mit einer Notbremse stoppen, wodurch Aston Villa knapp 80 Minuten in Überzahl spielen konnte.
Sofern man es schafft, Grealish aus dem Spiel zu nehmen, ist Villas Offensive abgesehen von langen Bällen quasi nicht mehr existent. Diese sollte aber vor allem Joe Gomez relativ leicht ablaufen können. Auf der anderen Seite muss man mit einem massiven Abwehrbollwerk rechnen und davor mit Mittelfeldspieler, die um jeden Zentimeter Rasen kämpfen werden.