90PLUS
·16. September 2024
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·16. September 2024
Fünf deutsche Teams starten in der Ligaphase der Saison 2024/25 im neuaufgelegten Champions-League-Format. Neben den Dauergästen Bayern München, Borussia Dortmund und RB Leipzig, sind mit Bayer Leverkusen und dem VfB Stuttgart auch zwei Teams dabei, deren letzte Teilnahme an der Königsklasse länger zurückliegt. Im Folgenden beleuchten wir, warum sich alle fünf Teams Hoffnungen aufs Weiterkommen machen können.
Für Xabi Alonso und fast alle seiner Schlüsselspieler ist es die erste Saison in der Champions League. Der Verbleib des Erfolgstrainers in Leverkusen, trotz lukrativer Optionen, ist dabei nur eines der Zeichen dafür, dass es die Werkself auch in dieser Saison ernst meint und nach dem maximalen Erfolg in der europäischen Königsklasse strebt. Alonso wird dafür sorgen, dass der Hunger auf Erfolg auch nach dem Doublesieg gleichbleibt, während Spieler wie Florian Wirtz, Victor Boniface und Jeremy Frimpong zeigen wollen, dass sie sich auch gegen die ganz großen internationalen Top-Klubs behaupten können.
Die letzte Saison glich einem einzigen Rausch. Xabi Alonsos Team spielte die Gegner mit kompromisslosen Ballbesitzfußball reihenweise an die Wand und es gibt kaum Gründe davon auszugehen, dass dies in der Champions League anders sein sollte. Leverkusen hat keinen einzigen Schlüsselspieler verloren, das Gerüst des Teams steht und die Abläufe sind wohlbekannt. Mit den Neuzugängen Martin Terrier, Aleix Garcia, Jeanuel Belocian und Nordi Mukiele wurde die Kaderbreite zudem in allen Mannschaftsteilen nochmals erhöht.
Die Werkself hat bereits letzte Saison gezeigt, dass die eigene Spielweise auch mit Mehrfachbelastung und Personalrotationen nahtlos weitergeführt werden kann. Das bewährte Spielprinzip besteht zum einem aus einer sehr stabilen Defensive und starkem Gegenpressing, zum anderen sind auch die Fähigkeiten der einzelnen Spieler maßgeblich. Sei es Granit Xhakas Ballsicherheit und Fähigkeit, ein Spiel aus dem Zentrum zu lenken, Frimpongs brachiales Tempo auf dem rechten Flügel, Wirtz‘ Kreativität oder Alejandro Grimaldos fantastischer linker Fuß. Diese Mischung wird auch in der Champions League funktionieren und dafür sorgen, dass Leverkusen die Vorrunde übersteht.
Hätte man im Sommer 2023 nach dem Last-Minute-Klassenerhalt prognostiziert, dass der VfB Stuttgart nur ein Jahr später in der Champions League gegen Paris Saint-Germain, Real Madrid und Juventus Turin spielen werde, wäre man höchstwahrscheinlich für verrückt erklärt worden. Genauso ist es aber gekommen. Der Bundesliga-Vizemeister hat eine unfassbare Entwicklung genommen und sich mit mitreißendem Ballbesitz- und Offensivfußball auch in die Herzen vieler Fußballfans gespielt, die nicht aus Stuttgart und der Umgebung kommen.
Und genau dies wird der VfB auch in dieser Champions League-Saison tun. Die Spielweise der Stuttgarter mit dem flachen Aufbau durchs Zentrum, um dann die dribbelstarken Flügelspieler wie Chris Führich in Szene zu setzen, wird auch in Europa funktionieren und einige Defensivreihen durcheinanderwirbeln. Trotz einiger namhafter Abgänge ist der Kader vor allem in der Breite insgesamt besser aufgestellt als in der letzten Saison. Mit Deniz Undav konnte einer der wichtigsten Spieler fest verpflichtet werden und gerade das zentrale Mittelfeld ist mit Neu-Nationalspieler Angelo Stiller, Kapitän Atakan Karazor und Shootingstar Enzo Millot herausragend besetzt.
Trainer Sebastian Hoeneß hat zudem bereits gezeigt, dass er in der Lage ist, das Niveau jedes einzelnen Spielers deutlich anzuheben, Neuzugänge schnell in sein Team einzufügen und an die Abläufe gewöhnen zu lassen. Seine Fähigkeit, den VfB mit kleinen Veränderungen auf den Gegner einzustellen, ohne von seinen fußballerischen Grundprinzipien abzuweichen, wird auch in der Königsklasse so manchen Gegner überraschen.
Ein weiteres Argument für ein Weiterkommen der Stuttgarter ist die Unbekümmertheit, mit der die Schwaben an die Champions League herangehen können. Nach Jahren der Tristesse hat man kaum etwas zu verlieren und kann es genießen, sich mit den Besten der Branche messen zu dürfen.
Mit einem stark aufgerüsteten Kader und neuem Trainer wollen die Münchener den Weg bis ins „Finale dahoam“ am 31. Mai 2025 in der Allianz Arena gehen. Mit Joao Palhinha haben die Bayern einen Spieler dazugeholt, der, wie Javi Martinez in der Saison 2012/13, das Zünglein an der Waage sein kann. Von Thomas Tuchel lange gefordert, steht seinem Nachfolger Vincent Kompany mit dem portugiesischen EM-Fahrer endlich ein Ankersechser der höchsten Güteklasse zur Verfügung. Der 29-Jährige gehörte in seiner Zeit bei Fulham zur absoluten Spitzenklasse in fast allen Defensivstatistiken und wird dafür sorgen, dass die Bayern ihre lange vermisste defensive Stabilität wiederfinden und weniger anfällig für Konter sein werden.
Duellierten sich vor wenigen Monaten noch in der Premier League und spielen nun gemeinsam für den FC Bayern in der Champions League: Michael Olise (l.) und Palhinha. (Photo by Henry Browne/Getty Images)
Außerdem wurde mit Michael Olise ein absoluter Unterschiedsspieler für die Offensive verpflichtet. 16 Torbeteiligungen in 19 Spielen für Crystal Palace in der letzten Saison sprechen eine deutliche Sprache und auch bei den Olympischen Spielen zeigte Olise, dass er bereit dafür ist, in die absolute Weltklasse vorzustoßen. Dribbelstark, mit herausragenden Spielmacherqualitäten gesegnet und dazu noch stark im Abschluss – zusammen mit den anderen offensiven Außnahmespielern, wie Jamal Musiala, Harry Kane und Leroy Sané ist die geballte Offensivpower der Münchener kaum zu stoppen.
Zudem meinte es auch die Auslosung gut mit Kompanys Bayern: Mit dem FC Barcelona und Paris Saint-Germain warten nur zwei echte europäische Schwergewichte auf den deutschen Rekordmeister. Beide Teams waren in den letzten Jahren jedoch alles andere als unschlagbar in der Königsklasse und die Bayern gehen nicht zu Unrecht als einer der Favoriten auf den Titel in die diesjährige Ausgabe der Champions League.
Das Ligaphasen-Programm für Leipzig hätte mit Gegnern wie Liverpool, Inter Mailand, Juventus Turin, Atletico Madrid oder auch Aston Villa sicherlich leichter sein können. Marco Roses Team braucht sich dennoch vor keiner dieser Mannschaften verstecken. Die Offensive ist mit herausragenden Einzelkönnern besetzt, Xavi Simons, der ein weiteres Jahr gehalten werden konnte, hat sich in seiner Zeit bei Leipzig zu einem offensiven Mittelfeldspieler internationaler Güteklasse entwickelt.
Dazu kommt mit Luis Openda ein sehr schneller Stürmer, der stets den direkten Weg zum Tor sucht und in seiner Debütsaison in der Bundesliga mit 24 Toren und sieben Assists überzeugen konnte. Openda bildet mit Benjamin Sesko eines der gefährlichsten Sturmduos Europas, letzterer kann zu den größten Stürmertalenten überhaupt gezählt werden. Der slowenische Nationalspieler hat in der letzten Saison mit elf Toren in der Rückrunde gezeigt, welches Potenzial in ihm steckt und kann diese Saison den nächsten Schritt in Richtung Weltklasse gehen. Dazu kommt mit Neuzugang Antonio Nusa ein Dribbelkünstler aus Norwegen, der in seinen ersten Einsätzen in Liga und Pokal mit drei Torbeteiligungen in drei Spielen bereits zeigen konnte, warum er als Riesentalent gilt.
Xavi Simos wird seine Gegner auch in der Champions League mächtig vor Probleme stellen. (Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)
Mit dem Verkauf von Mohamed Simakan und der Verpflichtung von Lutsharel Geertruida als Ersatz für die Rechtsverteidiger-Position ist Leipzig zudem ein heimlicher Coup gelungen. Geertruida kam letzte Saison in der Eredivise für Feyenoord auf 13 Torbeteiligungen, ist im Gesamtpaket deutlich stärker einzuschätzen als Simakan und kann die Leipziger Mannschaft mit seinen Fähigkeiten auf ein neues Level heben.
Obwohl Leipzig in den Vorrunden-Spielen durchaus schwere Gegner erwarten, haben die Sachsen eine sehr gute Chance, die vermeintlichen Favoriten zu überraschen und sich für die nächste Runde zu qualifizieren.
Letzte Saison ärgerte Borussia Dortmund die Gegner in der Königsklasse reihenweise, warf unter anderem Paris Saint-Germain aus dem Wettbewerb. Die lange Reise des BVB endete erst im Finale gegen Real Madrid. Auch diese Saison gibt es genügend Gründe davon auszugehen, dass die Dortmunder eine gute Rolle in der Königsklasse spielen und in der Lage sein werden, jedem Gegner wehtun zu können.
Neu-Trainer Nuri Sahin will dem BVB nach Jahren der spielerischen Magerkost endlich wieder eine klare Spielidee an die Hand geben. Sein Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die Borussia weniger reaktiven Fußball als unter seinem Vorgänger Edi Terzic spielt und in der Lage ist, jedem Gegner das eigene Spiel aufzudrücken.
Für dieses Vorhaben wurde der Kader in allen Mannschaftsteilen verstärkt. Insbesondere der Transfer von Pascal Groß weckt beim BVB zurecht große Hoffnungen auf einen erheblichen Schritt nach vorne. Seine Qualitäten heben das Ballbesitzspiel auf ein neues Level, verleihen dem Team mehr Struktur und werden den Dortmundern helfen, auch gegen tief stehende, passive Gegner spielerische Mittel zu finden. Groß ist genau der Spielertyp, der den Schwarz-Gelben lange Zeit gefehlt hat und kann dazu auch noch herausragende Standards schießen.
Kann der BVB auch unter Nuri Sahin in der Champions League für Furore sorgen? (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
Mit Serhou Guirassy und Maximilian Beier ist es Sportdirektor Sebastian Kehl außerdem gelungen, zwei der besten Stürmer der letzten Bundesliga-Saison zu verpflichten. Insbesondere Guirassy hat bei Stuttgart unter Beweis gestellt, dass er nicht nur im Abschluss stark ist, sondern auch als spielstarker Wandspieler über herausragende Qualitäten verfügt. Zusammen mit den schnellen Flügelspielern Karim Adeyemi, Donyell Malen, Jamie Gittens und Julien Duranville bilden die Neuzugänge eine starke Offensive, die jede Abwehr vor Probleme stellen kann.
Die Auslosung hat der Borussia zudem ein, zumindest auf dem Papier, eher leichtes Programm beschert. Mit Real Madrid und Barcelona warten zwar die beiden spanischen Top-Teams, gegen die sechs anderen Gegner (Schachtar Donezk, Club Brügge, Celtic Glasgow, Dinamo Zagreb, Sturm Graz & FC Bologna) geht der BVB jedoch als Favorit ins Rennen. Alles andere als ein Weiterkommen der Dortmunder Borussia wäre eine Überraschung.
Autor: Jakob Haffke
(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)
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