90PLUS
·6. September 2024
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Im Januar 2005 war Lee Carsley ganz nah dran am großen Glitzerfußball. Real Madrid hatte Not im defensiven Mittelfeld und blickte nach Everton, wo der glatzköpfige Carsley ein giftiges Abräumer-Duo mit dem ebenso haarlosen Thomas Gravesen bildete. Doch statt Carsley durfte bald der Däne mit den „Galaktischen“ Zidane, Ronaldo und Beckham kicken – das, raunten sie in Everton, musste ein Versehen sein!
„Die beiden wurden ständig verwechselt“, erinnerte sich Evertons Teammanager David Moyes, als Gravesen statt Carsley bei Real landete, hätten sie gescherzt: „Haben die den Richtigen geholt?“ Ja, betonte Carsley, „Thomas war ein so viel besserer Fußballer als ich“, die Verwechslungsnummer sei nur „eine nette Story“ gewesen. Dennoch hat jetzt auch er den Weg auf die große Bühne gefunden.
Am Freitag (18.00 Uhr/DAZN) im Nations-League-Spiel in Irland sitzt der 50-Jährige als Nachfolger von Gareth Southgate auf der Bank der englischen Nationalmannschaft – interimistisch, doch alle, die ihn kennen, sind sicher: Er wird den prestigeträchtigen Posten behalten. Obwohl nicht wenige insgeheim von Starcoach Pep Guardiola träumen.
Carsley hat beim Katalanen gelernt, als er 2016 nach Stationen in Coventry und Brentford die U18 von Manchester City übernahm. Dort leitete er Talente wie Phil Foden, Jadon Sancho oder die Nmecha-Brüder an, überhaupt gilt er als Förderer der Jugend. Erst recht, seit er die englische U21 2023 auf den EM-Thron führte. Mancher hofft nun auf eine Erfolgsgeschichte, wie sie der Spanier Luis de la Fuente schrieb, der nach dem U21-Titel 2019 in diesem Sommer den Pokal mit der A-Mannschaft holte.
Noch ist Carsley nur bis November eingeplant; sechs Spiele als Bewerbungsphase? „Nicht unbedingt“, sagte er und ergänzte bescheiden: „Die beste Person, der beste Trainer sollte den Job bekommen.“ Könnte er das sein? „Nun, da bin ich nicht sicher.“ Wichtig sei nur, dass England endlich wieder ein großes Turnier gewinne.
Mit Carsley? Der muss sich zunächst gegen Irland beweisen – ausgerechnet. Der Mittelfeldspieler, geboren in Birmingham, bestritt 40 Länderspiele für die Boys in Green, seine Großeltern mütterlicherseits stammen aus dem County Cork. Irland, seinerseits auf Trainersuche, sprach ihn im März ebenfalls an, entschied sich aber für den Isländer Heimir Hallgrimsson.
Für das Southgate-Erbe, sagte Kevin Kilbane, sei Carsley „der perfekte Mann“. Kilbane hat mit Carsley für Irland und Everton gespielt, „ich wusste immer, dass er ein Top-Trainer werden würde“, sagte er, „ich habe ihn stets ‚Mourinho‘ genannt“. Schon jetzt habe sein Kumpel „eine wunderbare Story“ geschrieben. Fast so schön wie jene von 2005. (SID)
(Photo by Cameron Smith/Getty Images)
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