90PLUS
·16. Oktober 2020
90PLUS
·16. Oktober 2020
In Kürze beginnt die neue Saison in der UEFA Europa League. In der Gruppe G treffen Braga, Leicester City, AEK Athen und Zorya Luhansk aufeinander. Wir stellen die Teams vor!
Der Sporting Clube de Braga spielte vor allem in der jüngeren Vereinsgeschichte häufig im Europapokal. Das Highlight war hierbei das Erreichen des Endspiels 2011, das allerdings verloren wurde. In der Vorsaison war nach einer starken Gruppenphase allerdings schon in der ersten K.O.-Runde Schluss. Mit 2:4 nach Hin- und Rückspiel unterlagen die Portugiesen den Glasgow Rangers.
In der neuen Saison lautet das Ziel, dass dieses Resultat übertroffen wird. Der Drittplatzierte der Vorsaison in der portugiesischen Liga NOS geht also durchaus ambitioniert in die Europapokalsaison. Die Mannschaft des neuen Trainers Carlos Carvalhal (54) wurde dafür im Sommer gleich auf mehreren Positionen verstärkt.
Mit Abel Ruiz (20) wurde ein talentierter Stürmer von der zweiten Mannschaft des FC Barcelona verpflichtet. Zudem wechselte das tschechische Torhütertalent Lukas Hornicek (18) für eine Million Euro nach Braga. Der erfahrene Nico Gaitan (32, Lille) und der technisch versierte Iuri Medeiros (26, Nürnberg) verstärkten überdies den Kader. Die Hausaufgaben im Sommer wurden gemacht, Carvalhal stehen zahlreiche sehr gute Spieler zur Verfügung. Hervorzuheben sind vor allem Ricardo Horta (26) und Mittelstürmer Paulinho (27).
Das Gesamtbild der Mannschaft hat sich in den letzten Jahren nicht besonders verändert. Der SC Braga zeichnet sich durch technisch starke Spieler aus. In der portugiesischen Liga gelingt es in der Regel gut, die Gegner zu dominieren und Kontrolle auszuüben. Gegen die Topteams, namentlich Benfica und Porto, reicht die individuelle Klasse allerdings meist nicht aus, um diesen Stil durchdrücken zu können.
Das zeigte sich auch zu Beginn der neuen Saison. Der Auftakt beim FC Porto wurde mit 1:3 verloren, noch bitterer war hingegen die Pleite zuhause gegen Santa Clara (0:1). Drei Spiele, drei Punkte: Der Start für Braga unter dem neuen Trainer war allenfalls durchschnittlich. Die Mannschaft muss erst noch die von Carvalhal geforderten Automatismen entwickeln, auch die Systemfrage ist noch nicht geklärt.
Gegen Porto spielte man mit einer Dreierkette, anschließend im 4-4-2. Der Blick auf die Gruppe zeigt allerdings, dass sich der SC Braga durchaus in einer guten Position befindet. Leicester City ist nominell besser aufgestellt, könnte in der Europa League allerdings vermehrt auf Rotation setzen. Der Gruppensieg für die Portugiesen ist also keinesfalls Utopie.
Leicester City spielte eine sehr gute Saison 2019/20. Die Qualifikation für die Europa League war dementsprechend nur folgerichtig. Lange kämpften die Foxes gar um den Einzug in die Königsklasse, am Ende fehlte dann aber doch etwas, um die Top-4 in England anzugreifen. Die Entwicklung der Mannschaft unter Trainer Brendan Rodgers (47) ist insgesamt allerdings durchaus beeindruckend. Leicester ist flexibel, hat den Kader zuletzt auch in der Breite verstärkt und verfügt über eine gute Mischung aus jungen, talentierten und erfahrenen Spielern.
Von dieser Breite im Kader möchten die “Foxes” in dieser Saison profitieren. Der Spielplan ist sehr eng getaktet, die Herausforderungen in der Premier League haben es in sich. Leicester muss sehr auf die Belastung achten und könnte deswegen in der Europa League und den nationalen Pokalwettbewerben viel rotieren.
Die Neuverpflichtungen im Sommer wurden nicht wahllos nach Leicester geholt. Im Gegenteil, man machte sich viele Gedanken. Cengiz Ünder (23, Roma, Leihe) verstärke die Offensive und ist dort flexibel einsetzbar. Timothy Castagne (24, Atalanta, 24 Mio. €) kann auf beiden Außenverteidigerpositionen eingesetzt werden und hinterließ schon früh einen bleibenden Eindruck. Und mit Wesley Fofana (19, St. Etienne, 35 Mio. €) wurde das nächste Juwel in der Innenverteidigung verpflichtet. Es kann besser rotiert werden – und das auf höherem Niveau.
29 Spieler stehen nun im Kader von Brendan Rodgers, das Durchschnittsalter beträgt 27,1 Jahre. Leicester City hat keine Mannschaft, die noch im Anfangsstadium ihrer Entwicklung ist. Dieses Team will in Europa viel erreichen und nicht nur das Sechzehntel- oder Achtelfinale als Ziel ausgeben. Ehemals vielversprechende Talente wie Wilfried Ndidi und Youri Tielemans (beide 23) sind essenzielle Bestandteile des sehr starken Mittelfelds und längst etablierte Spieler. James Maddison (23) gelang der Schritt zur absoluten Elite, Jamie Vardy (33) trifft fast besser denn je und hat nichts von seinem Torriecher und seiner Sprintstärke verloren.
Zudem gelang es Rodgers, einen Stil zu implementieren, der auch mit Veränderungen im Nuancenbereich spielbar ist. Wird das System punktuell angepasst, stehen doch immer wieder die Spielertypen auf dem Platz, die den gewünschten Fußball spielen können. Ein sauberer Aufbau, Dynamik im Mittelfeld, blitzschnelle, instinktive Aktionen im letzten Drittel: Leicester City ist eine sehr facettenreiche Mannschaft. Und die zweite Reihe mit Spielern wie Hamza Choudhury (23), Marc Albrighton (30) oder Kelechi Iheanacho (24) brennt nur darauf, sich in Europa zu beweisen.
Mut macht auch der Ligastart. Über allem schwebt natürlich der 5:2-Sieg bei Manchester City. Aber die insgesamt neun Punkte aus vier Spielen sind insgesamt eine gute Quote. Leicester City unterstreicht damit die Ambitionen und zeigt, dass mit dem Team zu rechnen ist. Und selbst wenn viel rotiert wird: Der Gruppensieg ist das oberste Ziel in der Europa League.
Es war die Nachspielzeit im entscheidenden Playoff-Spiel um den Einzug in die Europa League. Karim Ansarifard (30) erzielte einen Treffer für AEK Athen – gegen den VfL Wolfsburg. Es war das entscheidende 2:1. Durch diesen Sieg qualifizierten sich die Griechen und dadurch sollte auch klar sein, dass diese Mannschaft nicht unterschätzt werden sollte.
Trainer Massimo Carrera (56) hat seit seiner Amtsübernahme Ende 2019 einige positive Entwicklungen vorangetrieben. Zudem wurde der Kader auf dem auch für AEK komplizierten Transfermarkt verstärkt. Mit Ionut Nedelcearu (24, Ufa) und Nassim Hnid (23, Sfaxien) wurden zwei Innenverteidiger verpflichtet, Damian Szymanski (25, Akhmat Grozny) verstärkt das zentrale Mittelfeld. Den bereits angesprochenen Ansarifard konnte AEK Athen ebenso wie Emanuel Insua (29, Panathinaikos) ablösefrei verpflichten, am tiefsten griff man für Linksaußen Levi Garcia (22, Beitar Jerusalem) in die Tasche. Er kostete mehr als zwei Millionen Euro Ablöse.
Zahlreiche Spieler aus dem eigenen Nachwuchs oder generell junge Talente sorgen für ein recht niedriges Durchschnittsalter von 25,3 Jahren. Dafür ist der Kader von AEK Athen aber nicht nur breit, sondern regelrecht aufgebläht. 35 Spieler stehen zur Verfügung, das könnte im Saisonverlauf für Probleme sorgen.
Generell verlief der Saisonstart von AEK Athen sehr positiv. Zumindest, wenn die Niederlage in der heimischen Liga gegen Atromitos Athen ausgeklammert wird. Die anderen Pflichtspiele wurden aber allesamt gewonnen, vor dem VfL Wolfsburg musste sich schon der FC St. Gallen in der Qualifikation zur Europa League geschlagen geben.
Zu den bekanntesten Namen im Kader gehört sicher Dmytro Chygrynskyi (33). Der Innenverteidiger, der 2009 für 25 Millionen Euro von Shakhtar zum FC Barcelona wechselte, ist ein wichtiger Faktor in der Defensive. Seine Mischung aus Ruhe und Erfahrung hilft der Abwehr enorm. Auch Nelson Oliveira (29), der portugiesische Stürmer, blickt bereits auf eine interessante Karriere zurück. Er spielte unter anderem für Benfica, La Coruña, Stade Rennais und Norwich City.
Der wichtigste Spieler ist aber Kapitän Petros Mantalos (29). Der offensive Mittelfeldspieler kann flexibel eingesetzt werden, verfügt sowohl im Zentrum als auch auf der Außenbahn im 4-2-3-1-System über Qualitäten. Auch in der neuen Saison war er bereits für einen Treffer und eine Vorlage in der Liga verantwortlich. In der noch jungen Spielzeit 2020/21 zeigt sich, dass AEK über eine sehr solide Defensive verfügt. Das soll der Schlüssel für ein Überwintern in der Europa League sein. Verstecken müssen sich die Griechen sicher nicht.
Der ukrainische Vertreter Zorya Luhansk spielte in den vergangenen Jahren immer mal wieder eine Rolle in den Europapokalwettbewerben. In der abgelaufenen Saison der ukrainischen Premjer Liga belegte die Mannschaft hinter den beiden Topteams Dynamo Kiew und Shakhtar Donezk den dritten Platz. Qualität ist also durchaus vorhanden. Und dennoch ist Zorya nominell die schwächste Mannschaft in dieser Gruppe.
Ein bekanntes Gesicht erkennt man auf der Trainerbank. Seit dem Sommer 2019 ist Viktor Skripnik (50) Cheftrainer bei Zorya. Der Ex-Coach von Werder Bremen hat bisher solide Resultate mit der Mannschaft einfahren können, die Konstanz fehlt aber noch.
Große Sprünge auf dem Transfermarkt waren im Sommer nicht möglich. Große Namen konnten nicht verpflichtet werden, Ablöse wurde ebenfalls keine bezahlt. Oleksandr Gladkyi (33, Adana Demirspor), Denys Favorov (29, Desna), Sergiy Gryn (26, Velje BK) und Denis Yanakov (21, Dynamo Kiew II): So sieht ein Querschnitt durch die Neuverpflichtungen der Ukrainer aus.
Diese Neuzugänge zeigen auch, in welchen Regionen sich die Ukrainer auf dem Transfermarkt bewegen. Wirkliche Stars sucht man im Kader vergeblich. Das Mittelfeld ist der Mannschaftsteil, der mit Spielern wie Vladlen Yurchenko (26, Ex-Leverkusen), Vladyslav Kabaev (25) oder Vladislav Kochergin (24) noch am besten besetzt ist. Außerdem steht mit Joel Abu Hanna (22), der 2019 aus Magdeburg kam, ein weiteres, in Deutschland bekanntes Gesicht im Aufgebot.
In den ersten fünf Spielen der neuen Saison konnte Zorya fünf Punkte einfahren. Das bedeutet, dass die Mannschaft derzeit auf Platz neun steht. Zufrieden kann man damit bisher noch nicht sein. Beim 1:1 auswärts gegen Dynamo Kiew vor der Länderspielpause konnte aber zumindest ein Achtungserfolg erzielt werden.
Das Resultat zeigte, dass sich die Skripnik-Elf in der Außenseiterrolle durchaus wohl fühlt. Reagieren und aus einer kompakten Defensive heraus Nadelstiche zu setzen, könnte auch in dieser Gruppe zum Erfolg führen. Kampflos ergeben wird sich Zorya Luhansk jedenfalls nicht.
Die Gruppe G in der Europa League ist durchaus spannend. Braga und Leicester sind nominell am besten besetzt, beide Teams haben aber noch mit offenen Fragen zu kämpfen. Leicester sollte sich definitiv durchsetzen, für die Portugiesen wird es eng. Vor allem die Duelle mit den Ukrainern aus Luhansk sollten unbedingt gewonnen werden, sonst droht im Kampf um Platz zwei eine Enttäuschung.
Photo: Imago