90PLUS
·27. Oktober 2024
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·27. Oktober 2024
Hansi Flick hat mit dem FC Barcelona seinen zweiten Statement-Sieg in Folge eingefahren. Der 4:0-Erfolg gegen Real Madrid war für die Barça-Fans Balsam für die Seele.
Für den FC Barcelona war der 4:0-Erfolg im Santiago Bernabéu nicht nur der erste Clásico-Sieg nach zuletzt vier Pleiten in Folge, sondern auch der endgültige Beweis, dass die Katalanen unter ihrem neuen Trainer Hansi Flick nach Jahren voller Tristesse endlich wieder zu den Topklubs in Europa gehören. Nach elf Spieltagen hat der FC Barcelona in La Liga bereits 30 Punkte auf dem Konto und grüßt mit sechs Punkten Vorsprung vor Real Madrid von der Tabellenspitze.
Während die Schlagzeilen – vollkommen berechtigt – voll mit Lob für Barça sein werden, lohnt sich dennoch auch der Blick auf Gelegenheiten, die weder der FC Bayern unter der Woche in der Champions League noch die Königlichen am Samstagabend ausnutzen konnten. Denn Flicks mutiger Ansatz mit der wahnsinnig hochstehenden Defensive bietet immer wieder Räume, die bespielt werden können. Das wusste auch Carlo Ancelotti, dessen Ansatz im Clásico im Grunde nicht verkehrt war.
Immer wieder Kylian Mbappé und Vinícius Junior hinter die letzte Abwehrkette zu schicken, ist jetzt nicht die überraschendste oder genialste Idee, aber trotzdem lohnenswert. Dass die Madrilenen, die unter der Woche noch fünf Tore in knapp 30 Minuten gegen Borussia Dortmund geschossen haben, mit null Treffern aus dem Duell mit dem Erzrivalen hervorgingen, lag vor allem am französischen Superstar, der gefühlt bei jedem Konter in die Abseitsfalle der Katalanen tappte. Die Möglichkeit, seinen biederen Start im Real-Dress mit einem dominanten Auftritt im Clásico zu überschatten, ließ er liegen. Genau wie seine vielen Chancen im Spiel gegen Barça.
Auf der Gegenseite zeigte Robert Lewandowski, wie schön es sein kann, einen klassischen Mittelstürmer zu haben, der sich im Sturmzentrum wohl fühlt und nur so vor Selbstvertrauen strotzt. Mit seinen La-Liga-Treffern Nummer 13 und 14 ebnete er den Weg zum Sieg, ließ dann sogar noch die riesige Gelegenheit zu einem Hattrick liegen. Lamine Yamal und Raphinha, die beide bis zu ihren Toren keine glückliche Figur abgaben, vollendeten den zweiten Statement-Sieg innerhalb weniger Tage. Das Ergebnis ist nicht einmal unbedingt auf einen dominanten Auftritt zurückzuführen. Chancenlos war Real definitiv nicht. Der FC Barcelona hat aber eben eine Qualität an den Tag gelegt, die sonst niemandem so gut steht, wie der Ancelotti-Elf: Den Gegner sofort für Nachlässigkeiten zu bestrafen.
Mbappé scheiterte mehrfach an Iñaki Peña oder traf aus einer Abseitsposition heraus, während Lewandowski den perfekten Zeitpunkt wählte, um den gut getimten Schnittstellenpass von Marc Casadó zu empfangen und eiskalt zu verwandeln. Bei den Madrilenen fehlte es in den entscheidenden Momenten an Qualität. Barcelona hingegen machte kurzen Prozess und ließ sich nicht zweimal bitten.
Klar ist, dass Barcelona spätestens jetzt wieder zu den europäischen Schwergewichten gezählt werden darf und trotzdem hat die Flick-Elf noch Luft nach oben. Das ist angesichts des Kaders aber auch keine Überraschung. Es ist immer noch eine Mannschaft, die zu großen Teilen aus Teenagern besteht und dann auch noch von Verletzungsproblemen geplagt ist. Flicks Verdienst zeigt sich an dieser Stelle sehr deutlich, denn so gut war der FC Barcelona schon lange nicht mehr, vor allem nicht in der Post-Messi-Ära.
Der 59-Jährige, der gerade in Deutschland aufgrund seiner Zeit mit der Nationalmannschaft stark belächelt wurde und immer noch wird, hat den FC Barcelona im Rekordtempo kernsaniert. Das ist alles andere als selbstverständlich und eine mehr als bemerkenswerte Entwicklung in der kurzen Zeit, die er bei den Katalanen unter Vertrag steht.
Unter seinem Vorgänger Xavi war der Fußball oftmals bieder und ergebnisorientiert. Schaltet man jetzt bei Barça-Spielen den Fernseher ein, erkennt man wieder, warum dieser Klub so viele Fans und Sympathisanten auf der ganzen Welt hat. Ein Team, das voller junger Talente steckt und eine offensive Spielphilosophie kompromisslos verfolgt: Das gab es bei den Katalanen lange nicht mehr, obwohl genau das der Grund war, warum sich so viele Menschen einst in den FC Barcelona verliebt haben.
Dank Flick kommt der Verein aktuell dieser Vision sehr nahe. Nach einer Durstrecke mit identitätslosem Auftreten auf dem Rasen und sehr präsenten Themen abseits des sportlichen Geschehens dürfen sich die Culés endlich wieder auf Spiele ihrer Mannschaft freuen.
Zum ersten Mal seit Jahren gehört der FC Barcelona zum Dunstkreis der Champions-League-Favoriten und dafür ist der offensive und attraktive Fußball des neuen Trainers verantwortlich. Es wird auch wieder Tage geben, an denen die so hochstehende Defensive eiskalt bestraft wird und Punkte liegen gelassen werden, aber solche Rückschläge dürften zu verschmerzen sein. In Barcelona hat man nämlich wieder Spaß am Fußball. Barça ist endlich wieder Barça.
(Photo by Angel Martinez/Getty Images)
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