MillernTon
·17. November 2024
MillernTon
·17. November 2024
Die Mitgliederversammlung 2024 des FC St. Pauli ist in den Büchern. Viel Konfliktpotential gab es nicht, bei einem Erstligaaufstieg gibt es eben auch wenig Grund zum Meckern.Titelbild: Stefan Groenveld
Welch cleverer Schachzug gleich zu Beginn. Da doch relativ viele Mitglieder die Funktion des Online-Tickets vorab nicht genutzt hatten (vielleicht auch, weil diese schon zwei Tage vorher endete), gab es noch lange Schlangen am „Ohne Ticket“-Schalter. Der Beginn verzögerte sich also von 19.00h auf 19.10h. Die in den Kommentaren vom Freitag in der Lage geforderte sofortige Auflösung des Präsidiums aufgrund verpasster Chancen musste also nicht in die Tat umgesetzt werden.
Wie schon im letzten Jahr war wieder das automatische Abstimmungstool im Einsatz. Das hatte da ja sehr gut funktioniert, insofern verzichtete Versammlungsleiter Kristian Heiser dieses Jahr auf einen Probelauf und startete gleich mit der Abstimmung über die geänderte Tagesordnung. Doch irgendwas stimmte wohl nicht, denn der gut gefüllte Saal des CCH deutete auf deutlich mehr abzugebende Stimmen als die acht hin, die bei ihm dann tatsächlich angezeigt wurden.Ein paar verzweifelte Versuche später wurde dann doch per Akklamation abgestimmt und die Technik nochmal zum Überarbeiten geschickt. Im späteren Verlauf klappte dann aber alles problemlos. Zum Glück, denn Wahlzettel hätte man ansonsten erst noch drucken müssen. (Kein Vorwurf, im Gegenteil. Zettel, die man zu 99% nicht braucht, für über 1000 Menschen vorab zu drucken? Dies wäre aus Umweltsicht natürlich das völlig falsche Signal gewesen.)
Die zweite technische Errungenschaft, die man schon vom letzten Jahr kannte, war die automatische Transkription. Diese brachte das gesprochene Wort simultan auf die Leinwand. Ich finde es ja grundsätzlich super, dass es diese Möglichkeit gibt und finde auch, dass sie im Vergleich zum letzten Jahr nochmal deutlich besser funktionierte. Trotzdem würde ich mir für die nächsten Jahre wünschen, dass man anfangs zumindest einmal abfragt, ob das denn überhaupt jemand benötigt. Und ja, eine einzelne Meldung dafür reicht dann bereits, klar. Diverse Reden wurden so aber eben doch von dem dezenten Gelächter der Mitgliedschaft unterbrochen, weil die KI (trotz aller Perfektion) manchmal lustige Dinge tat.Womit wir beim Running Gag des Abends waren: Der Vorname von Oke Göttlich überforderte die KI. Vielen Dank an Miguel, der mir eine (hoffentlich vollständige) Liste der verschiedenen Interpretationen zukommen ließ. Da haben die Programmierer*innen der KI ja bis nächstes Jahr jetzt wieder etwas Zeit, um das zu verfeinern. Bei der Ankunft am Clubheim zu späterer Stunde wurde Göttlich von Wartenden jedenfalls freudig mit „Ah, da ist der Onkel!“ begrüßt.
Last but not least wieder vielen Dank an L. für die Organisation des Bullshit-Bingos. Auch dies wird immer professioneller, dieses Mal erfolgte die Ausgabe der Zettel gegen Spende für die Braun-Weiße Hilfe. Tragischerweise hatte ich nicht die beste Kombination an Begriffen und ging leider ohne Bingo nach Hause. (WLAN fiel als Begriff bestimmt bei jenem Antrag, da war ich aber mal kurz draußen.)
The day after.Große Enttäuschung darüber, dass niemand Nachfragen zu “Entgeltgruppen” stellte oder das “Millerntor als Wohnzimmer” bezeichnete.#FCSP #FCSPMV2024 #Bingo— MillernTon (@millernton.bsky.social) 2024-11-16T11:03:31.675Z
Von 19.54h bis 22.05h wurden die Berichte vorgetragen, die ich jetzt hier nicht in allen Einzelheiten wiedergeben werde. Ich verlinke aber zumindest auf die jeweilige Berichterstattung des Vereins und ergänze das, was mir am wichtigsten erscheint.
33 Minuten dauerte die Rede von Oke Göttlich, der im Übrigen gerade sein zehnjähriges Jubiläum im Amt feierte. Wenn Euch langweilig ist, schaut doch mal, in welcher Verfassung der FC St. Pauli bei seiner Amtsübernahme war. Bei aller auftretenden Kritik, lieber Oke – wir nerven Dich bestimmt manchmal und wir finden auch nicht alles immer super, aber es ist dann eben doch auch ein Gejammer auf hohem Niveau und der erfolgreiche Weg des Vereins in den letzten Jahren ist ohne Zweifel auch eng mit Deiner Person verbunden.
Zurecht feierte er also die Entwicklung des Vereins und hierbei natürlich insbesondere die des Profiteams. Er bedankte sich bei Andreas Bornemann, Fabian Hürzeler und Alexander Blessin und erklärte zu Beginn auch gleich, dass das Profiteam aus nachvollziehbaren Gründen (Länderspielpause, verlängertes Wochenende in einem sonst sehr vollen Kalender) an diesem Abend nicht anwesend sei.
Göttlich verwies auf die weiterhin immense Schere in den finanziellen Möglichkeiten der Teams der ersten Liga. Er lobte das NLZ-Konzept der „Rebellution“ und die Rabauken und freute sich über inzwischen 48.500 Mitglieder im Verein. Dank erhielten unter anderem die AFM und der dort nach über 20 Jahren aus der Abteilungsleitung ausscheidende Alex Gunkel, sowie das Clubheim-Kollektiv, welches im Verlauf des Abends noch mehrfach positiv erwähnt wurde.Positiv natürlich der Jahresüberschuss von 188.000 Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr. Was Göttlich nicht erwähnte, dafür aber Wilken Engelbracht später ausführte: Ein Aufstiegsjahr ist im Profifußball selten mit Gewinnen verbunden, eher im Gegenteil. Aufgrund der höheren Prämien macht man da sogar teils erhebliche Verluste. Diese können dann durch höhere TV-Einnahmen im Folgejahr aber auch kompensiert werden. (Randnotiz: Schaut doch mal nach Heidenheim und Darmstadt. Die haben in der Aufstiegssaison 22/23 beide einen Verlust gemacht und dies jeweils mit dem Aufstieg erklärt.)
Klar ist aber auch: Ohne Sondererlöse wie Transfersummen (oft vergessen: Jakov Medic) oder das Viertelfinale im DFB-Pokal, wäre auch für den FCSP ein Verlust eingefahren worden.Dies wurde dann auch im Vortrag von Wilken Engelbracht ausgeführt, der sich mit 30 Minuten nur unwesentlich kürzer fasste als Göttlich zuvor. Etwa 80 Millionen Euro Einnahmen, etwa 79,8 Millionen Euro Ausgaben – macht unterm Strich eben jene etwa 188.000 Euro Gewinn. Trotzdem machte Engelbracht mehr als klar, dass der Verein eine erfolgreiche Umsetzung der Genossenschaft dringend benötigt, wenn man bestimmte Maßnahmen (Kollaustraße, Millerntor) nicht auf Jahre hinaus verzögern will.
Der heimliche Star des Abends: Armin Koch. Er beschränkte sich auf vier Minuten Redezeit und lobte Verein, Sporttreibende Abteilungen und die AFM für die gute Buchführung.Ich erinnere mich durchaus an Jahre, wo auch diese Wortbeiträge deutlich kritischer waren und viel mehr Zeit in Anspruch nahmen.
Zehn Jahre Aufsichtsratsvorsitzende. Auch hier sei mal kurz daran erinnert, dass eine der ersten Amtshandlungen von Sandra Schwedler war, sich mit einem gewissen Ewald Lienen zu treffen und dessen Nachfolge als Trainer von Thomas Meggle zu genehmigen. Eine Pandemie, ein paar Fast-Abstiege, diverse turbulente Entwicklungen sowie einen Aufstieg später übergab sie den Vorsitz nun an Kathrin Deumelandt, bleibt aber stellvertretende Vorsitzende.Auch Schwedler lobte das Clubheim-Kollektiv:
„Diese Initiative zeigt, was möglich ist, wenn Mitglieder aus den Amateursportabteilungen sowie der AFM und Fanszene zusammenarbeiten. Und eine Lücke füllen, die ohne Ehrenamt in der aktuellen Situation nicht zu schließen wäre.“ Sandra Schwedler, fcstpauli.com
Gleichzeitig mahnte sie an, dass die satzungsgemäßen Aufgaben des Aufsichtsrates „in die Gegenwart“ überführt werden müssen, da das Ehrenamt auch dort an seine Grenzen stößt. Hier sei die Satzungskommission allerdings bereits im Thema.
Jörn Sturm trug den Bericht des Amateurvorstands vor und betonte das Engagement der vielen Ehrenamtlichen im Verein. Stellvertretend wurde auch hier das Clubheim genannt, welches mit Verena Gedler und Kerstin Schomburg ja auch maßgeblich von zwei Personen des Amateurvorstands im Kollektiv mit geführt wird.Der Pokalsieg der 1. Frauen, die Deutsche Meisterschaft im Blindenfußball und der Aufstieg des Schach-Teams in die 1. Bundesliga wurden stellvertretend für die vielen sportlichen Erfolge im Verein genannt.
Carina Wüst berichtete für die AFM-Abteilungsleitung und dankte ebenfalls Alex Gunkel für seine langjährige Tätigkeit. Gut 1,5 Millionen Euro betrugen die Einnahmen im abgelaufenen Geschäftsjahr, von denen über 90% an das NLZ flossen. Wie bereits auf der AFM-Versammlung ausgeführt, wird dies in der bisherigen Form nicht mehr möglich sein. Vereinfacht ausgedrückt muss deutlicher zwischen gemeinnützigem Bereich (AFM) und dem Profisport unterschieden werden, zu welchem das NLZ gezählt wird. Stattdessen wird man statt dem einen großen Leuchtturm-Projekt nun mehrere kleinere Projekte unterstützen. Außerdem kann die Arbeit innerhalb der Abteilungsleitung ab sofort satzungsgemäß auf zwei Vorsitzende verteilt werden. Die AFM besteht jetzt seit 25 Jahren und wird sich selbst in den nächsten Monaten auch (zu Recht) dafür mit ein paar Aktionen feiern.
Suzann Edding berichtete für den Ehrenrat. Nach wie vor ein sehr wichtiges Gremium des Vereins, welches von außen vielleicht manchmal unterschätzt wird. Sicher auch, weil es außerhalb der MV eben nicht medial in Erscheinung tritt, sondern nahezu ausschließlich im Stillen arbeitet, von der Versendung der Ehrungen und Glückwünsche mal abgesehen.So beschäftigte man sich aber unter anderem mit rassistischen Äußerungen eines Mitglieds auf Social Media und müsse sich aktuell auch mit einem Vereinsausschlussverfahren beschäftigen.
Die Entlastungen von Präsidium und Amateurvorstand fielen erwartungsgemäß jeweils sehr deutlich aus. In beiden Fällen gab es über 700 Ja- und weniger als 15 Nein-Stimmen.
98,1 Prozent der über 800 abstimmenden Mitglieder stimmten nach der Vorstellung von Luise Gottberg dafür, sie im Amt der Vizepräsidentin, welches sie bereits seit März kommissarisch ausübt, zu bestätigen. Sie wird damit Nachfolgerin von Christiane Hollander und ist innerhalb des Präsidiums besonders für die Themen Fans und Recht zuständig.Wie auch bei Hanna Obersteller bereits der Fall, wird sie hierfür mit zehn Stunden pro Woche angestellt – diese Stundenzahl dürfte aber in beiden Fällen sicher selten ausreichend bemessen sein.Liebe Luise, willkommen im Amt und auch Dir alles Gute für die anstehenden Aufgaben!
Georg E. Möller wurde mit 315 (von 754 abgegebenen) Stimmen und damit 42,3 Prozent in den Ehrenrat gewählt, damit landete er von Manuel Weiler (200) und Tilman M. Brauns (140).Auch an dieser Stelle nochmals der Dank an Manfred Heinzinger, der seit 1991 dem Gremium angehörte und ihm einen großen Teil der Zeit auch vorstand. Über 30 Jahre – Wahnsinn.
Jörg Rummelspacher (338 Stimmen) wurde als Kassenprüfer nachgewählt. Damit setzte er sich deutlich gegen Ludger Wibbecke (255) durch, der erst am Abend selbst seine spontane Kandidatur erklärt hatte.
Oke Göttlich, Sandra Schwedler und Manfred Heinzinger ehren Eilert Garbade (2. von links) für 70-jährige Mitgliedschaft im FC St. Pauli.
// (c) Stefan Groenveld
Um 23.05h begannen die Ehrungen.Wie mehrfach am Abend angesprochen, wird es hier voraussichtlich schon zum nächsten Jahr inhaltliche Änderungen geben, da diese ansonsten bei einem so großen Verein eventuell nicht mehr in einem angemessen Rahmen durchgeführt werden können.Geehrt wurden sowohl die Mitglieder für 25 Jahre Mitgliedschaft, als auch die für 40, 60 und 70 Jahre.Darüber hinaus gab es weitere Ehrungen für ehrenamtliches Engagement und sportliche Leistungen.
Die Anträge und Ergebnisse könnt Ihr hier im Detail nachlesen.Für die Satzungsänderungsanträge beeilte sich Kristian Heiser dann bereits, diese vor 24.00h durchzubringen, damit diese vor einer notwendigen Verlängerung der Versammlung bereits abgestimmt werden konnten. Schließlich besteht immer die Gefahr, dass die Verlängerung abgelehnt wird und die Anträge dann gegebenenfalls auf einer außerordentlichen Sitzung nachgeholt oder für ein Jahr vertragt werden müssen. Alle Satzungsänderungsanträge wurden mit großer Mehrheit angenommen.
Nachdem die anderen „Sonstigen Anträge“ zurückgezogen worden waren und der Leitlinienantrag genehmigt wurde, stand am Ende nur noch der Antrag zur Wiederinkraftsetzung der Warteliste für Dauerkarten als etwas kontrovers zur Abstimmung. Dieser wurde dann (ebenfalls wohl erwartungsgemäß) mit klarer Mehrheit (387 zu 65 bei 74 Enthaltungen) abgelehnt.
Weitere Links:– Liveticker im Abendblatt (€)– Bericht der MOPO– Bericht Hamburg Journal (NDR, 2min)
Bis nächstes Jahr, Forza St. Pauli!// Maik
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