Heinz Reichenwallner – Ein Nachruf | OneFootball

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·13. Januar 2025

Heinz Reichenwallner – Ein Nachruf

Artikelbild:Heinz Reichenwallner – Ein Nachruf

Dass ein Journalist mal eine Schweigeminute bekommen würde, sollte ein absolutes Novum im Profifußball sein. Aber wer mit Heinz Reichenwallner von der Mittelbayerischen zu tun bekommen hatte, der sollte schnell merken, dass hier mehr als ein Journalist ins altehrwürdige Jahnstadion kam. Er war auch Fan, ein besonders leidenschaftlicher. Ein kleiner Nachruf von Florian Zeiller über jemanden, der den Jahn auch im Herzen trug. (Foto: Gatzka)

Eine fast schon tägliche Berichterstattung über den Jahn ist mittlerweile durch soziale Medien und auch diesen Jahnblog hier geradezu Standard geworden. Dennoch gab es auch mal Zeiten, in denen die gesamte Berichterstattung über unseren geliebten Jahn quasi an einer Personalie der Mittelbayerischen Zeitung hing – sein Name war Heinz Reichenwallner. Ältere Jahnfans mögen sich vielleicht noch an den Journalisten erinnern, der auf Pressekonferenzen der Alleinunterhalter war und mit seinen Fragen die PKs auch mal gut und gern über 20 Minuten streckte. Sachen, die man mittlerweile in kleinen Medienrunden abarbeiten würde, nahm sich Heinz Reichenwallner einfach so an und ließ sich dabei auch oft kein Blatt vor den Mund nehmen.


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Als Beispiel für eine typische Pressekonferenz wollte ich hier auch mal die Vorstellungsrunde zu Christian Brand nehmen, der damals als neuer Trainer in der dritten Liga vorgestellt wurde, um den Abstieg in die Regionalliga zu verhindern (ab 8:38):

Wie man in dem Video sehen kann, fand Heinz Reichenwallner immer die Mischung aus Witz und professioneller Arbeit zum Hintergrund von Personen. Ebenso war Heinz nie ein Journalist, der groß drauf haute, wenn es alle anderen taten, aber ebenso auch nicht den Jubelarien folgte, wenn es besonders gut lief. Er war eben immer in der Mitte des Geschehens geblieben und zeigte dabei immer den Respekt gegenüber anderen. Eine persönliche Hexenjagd sollte es unter ihm nie geben, etwas, was im heutigen Journalismus leider immer häufiger Methode wird.

Bei der Recherche zum ehemaligen MZ-Reporter befragten wir auch ehemalige Angestellte und heutige Funktionäre des Jahn und bekamen nicht wenige Antworten zurück. Gerade Martin Koch, ehemaliger Pressesprecher des Jahn und Nachfolger von Till Müller, schwärmte von der Zusammenarbeit mit Heinz. Der damalige Praktikant wurde sofort auf Augenhöhe behandelt und konnte von einer freundlichen, auch nahbaren Zusammenarbeit mit ihm berichten. Als eine der vielen Anekdoten erzählte er auch, dass Heinz auf der Pressetribüne für jede Zigarette, die er ansteckte, seinem Sitznachbarn ein Eukalyptus-Bonbon zusteckte und sich entschuldigte – es sollten einige gewesen sein.

Trotz sehr freundlichen Miteinanders gehörten auch kritische Anfragen zum Alltag zwischen den beiden, was in der Abstiegssaison 14/15 ja nur logisch erschien. Man konnte schnell erkennen, wenn wieder wohl ein kritischer Bericht auf dem Weg sein sollte. Er selber hatte dabei nie Spaß daran, gerade weil er auch die Verantwortlichen in diesem Zeitraum persönlich sehr schätzte. Aber dennoch schrieb er die Berichte, weil sie natürlich auch oftmals berechtigte Fragen aufwarfen, und auch der größte Jahnfan konnte sich ja nicht vor der Wahrheit verstecken.

Etwas, das heute auch nicht mehr üblich ist, ist, dass der Journalist zusammen mit dem Medienteam (und anderen Funktionären) sich auf den Weg zu Auswärtsspielen machte. Die stundenlangen Autofahrten bereiteten dabei auch viel Spaß, da der 70-Jährige einen durchaus kindlichen Humor bis zum Ende behielt. Ebenso besorgte er auch nicht selten das Frühstück für die Leute im Transporter, wie Till Müller (ebenfalls ehemaliger Pressesprecher) berichtete.Heinz Reichenwallner machte nie nur das Nötige für seine Berichte über den Jahn, und das sollte sich einfach immer zeigen, egal ob er teilweise besser über Verletzungen von Spielern schon Bescheid wusste, bevor das Medienteam es mitbekam, oder auch auf der alten Haupttribüne im Jahnstadion schon lauerte, wenn er meinte, heute könnte eine Vertragsverlängerung verkündet werden. Martin Koch muss heute noch schmunzeln, wenn er an Heinz Reichenwallner denkt, und man kann es ihm nicht verübeln. Aus diesen Erzählungen bekommt man schnell das Gefühl, was für ein Mensch er war.

Der angesprochene Till Müller ließ sich auch nicht zweimal bitten, um ein paar Worte zu Reichenwallner zu sagen. Auch hier hörte man ein Wort, das gerade im Journalismus heutzutage manchmal fehlt – „Respekt“. Respekt vor ihm, der damals noch frisch aus dem Studium kam (2010). Er hätte ihn ja auch wie einen Lehrbuben behandeln können, aber nein, er wurde von Anfang an ernst genommen und hat sich immer auch gegenüber jedem auf der Geschäftsstelle respektvoll verhalten.Durch die Professionalisierung, die Till Müller im Medienbereich des SSV Jahn vornahm, konnte auch Heinz nicht mehr einfach so schalten und walten wie er wollte, was natürlich nicht auf viel Gegenliebe stieß, aber dennoch nie im persönlichen Verhältnis spürbar war. Dass man damals im Heimspiel gegen Chemnitz eine Schweigeminute abhielt, schien wohl selbst die Herrschaften des CFC zu verwundern, so etwas wäre nicht üblich.

Wir fragten noch viele andere Leute an, etwa Christian Keller, den ehemaligen Geschäftsführer Sport, oder Oli Hein und Sebastian Nachreiner. Ein Tenor begleitete jedoch jede Aussage – die menschliche Komponente vergaß Heinz Reichenwallner nie. Am Ende stand da nicht der Sportler oder Geschäftsführer ihm gegenüber, sondern auch ein Mensch. Das sollte man auch bei seinen Berichten merken, die immer mit dem nötigen Anstand geschrieben wurden. Er konnte kritisch sein, auch wenn Funktionäre ihm anmerkten, dass es ihm persönlich keine Freude bereitete.

Einzelinterviews hielt der MZ-Reporter nach Möglichkeit immer im Regensburger Museums Café ab, erinnert sich Oli Hein. Sein Lieblingscafé in der Domstadt. Neben den sportlichen Themen konnte man sich dort auch hervorragend über Themen abseits des Sports unterhalten – ein Mann von Welt eben. Ein angenehmer Gesprächspartner, der einen auch über längere Monologe in ein Gespräch führen konnte, wie sich Sebastian Nachreiner erinnert. Gerade unerfahrenen Interviewpartnern gab er so eine gute Starthilfe in solche Gespräche.

Mit 70 Jahren verstarb Heinz Reichenwallner wohl plötzlich und unerwartet. Man merkte es auf der folgenden Pressekonferenz, wie sehr es den damaligen Pressesprecher Till Müller und auch Chefcoach Christian Brand mitnahm. Er war eben nicht nur irgendein Journalist gewesen und sollte darauf auch beim folgenden Heimspiel gegen den Chemnitzer FC mit einer Schweigeminute samt Ansprache von Christian Sauerer gewürdigt werden.

Mit dem Abschied aus dem alten Jahnstadion verließ uns somit auch das Urgestein Reichenwallner. Den Aufbruch in die neue Epoche des Jahn samt neuem Stadion sollte er nicht mehr erleben. Dennoch ist er bis heute bei vielen Menschen aus dem Jahnumfeld unvergessen geblieben. Ohne einen Reichenwallner wären so Sachen wie dieser Jahnblog auch nie Realität geworden – das darf man nicht vergessen.

Berichterstattung mit Herzblut und Anstand, dafür soll Heinz Reichenwallner in die Geschichte eingehen. Wir danken dir für deinen nimmermüden Einsatz, gerade in den schwierigsten Zeiten des Jahn auch immer den Weg gefunden zu haben zwischen Kritik und auch Hoffnung.

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