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Max von Stuckrad-Barre·7. Januar 2023
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Max von Stuckrad-Barre·7. Januar 2023
Im Fußball wird ständig geklaut. Wann immer ein transferierter Spieler, der verhältnisweise wenig gekostet hat, beim neuen Klub abliefert, wird von „steal“ gesprochen und der abgebende Verein wurde „beraubt“.
Bei Martin Ødegaard war vor zwei Jahren eher das Gegenteil der Fall. Als Arsenal den Norweger von Real Madrid auslieh, empfand manch einer nach den ersten Spielen für die Gunners schon die Leihgebühr von zwei Millionen Euro als zu teuer.
Das einstige Supertalent, das mit 16 Jahren und von ganz Europa gejagt zu Real gewechselt war, lieferte nicht annähernd das, was man sich in Nordlondon erhofft hatte. Ein Tor und zwei Vorlagen waren die magere Ausbeute der halben Saison, nach der Arsenal Ødegaard trotzdem für 35 Millionen Euro fest verpflichtete.
Doch auch am Ende der ersten kompletten Saison in England standen nach 36 Einsätzen nur elf Torbeteiligungen zu Buche. Eine ganz okaye Quote, aber eben auch nicht ansatzweise so gut, dass man zwingend auf die Idee käme, Arsenal eines Raubes an Real Madrid zu bezichtigen. 35 Millionen sind gerade für einen Premier-League-Klub heutzutage zwar nicht mehr viel, aber bei nur sieben Toren und vier Assists in 36 Spielen kam Martin Ødegaard keineswegs als Geschenk oder gar als gestohlen daher.
Wieder ein halbes Jahr weiter sieht Arsenal sich nun allerdings massiven Anschuldigungen ausgesetzt.
Offenbar hat man Real also doch bestohlen. Die aktuellen Zahlen Ødegaards dienen dabei als erstes Beweismittel für den Raub. Die elf Torbeteiligungen aus dem Vorjahr hatte der 24-Jährige in der laufenden Saison schon nach 15 Spielen auf dem Konto.
Dabei sind es nicht allein die Zahlen, die den Transfer von Martin Ødegaard zum Kriminalfall machen. Es geht auch darum, wie die Zahlen zustande kommen. Und das tun sie mitunter so:
Mittlerweile liefert Ødegaard nicht nur die Statistiken, die der Klub von ihm sehen will, sondern auch das, was die Fans verlangen: Magie. Denn nicht weniger als Zauberei wird bei Arsenal von einem Spielmacher erwartet. Besonders, wenn er Linksfuß ist und von Real Madrid kommt.
Die Fans der Gunners wollen, dass Martin Ødegaard ihr neuer Özil ist. Und was das angeht, ist er inzwischen auf einem ziemlich guten Weg. Genau wie Özil hat Ødegaard scheinbar die Kontrolle über Raum und Zeit im Fußgelenk, lässt die komplizierten Dinge lächerlich einfach aussehen und liefert Vorlagen am laufenden Band. Was die Fans wiederum veranlasst, über ihn genau die gleichen liebevollen Witze auf ‚Twitter‘ zu machen, wie sie es einst über Özil taten.
Dass es mit Özil, der vor seinem unrühmlichen Abgang eigentlich im Begriff war, zur endgültigen Vereinslegende zu werden, so bitter endete, tat vielen Fanseelen in Nordlondon weh. Die aktuellen Leistungen seines Nachfolgers versöhnen die Arsenal-Unterstützer insofern ein wenig mit linksfüßigen Ex-Real-Spielmachern. Doch nicht nur in dieser Hinsicht wird Martin Ødegaard gerade zu einem klubgeschichtlichen Happy End.
Denn Ødegaard hätte eigentlich schon viel früher da sein sollen. Wie der langjährige Trainer, Arsène Wenger, jüngst enthüllte, habe er den Skandinavier schon vor Jahren nach London holen wollen: „Als er 15 war, habe ich mit ihm darüber gesprochen, zu Arsenal zu wechseln“, gab der Franzose gegenüber dem norwegischen Sender ‚TV2‘ zu.
Ødegaard aber entschied sich bekanntlich für Real Madrid und reihte sich damit zunächst bei all den späteren Weltstars ein, die Arsenal im Jugendalter holen wollte, aber nicht überzeugen konnte. Ronaldo, Messi, Ibrahimović und so weiter. Zu so vielen großen Spielern gibt es ein Geschichte, die davon erzählt, wie Wenger sich vergeblich um sie bemühte. Dass wenigstens einer von ihnen nun doch bei Arsenal spielt, freut Wenger: „Zum Glück ist er jetzt da. Er hat sich sehr gut entwickelt. Seine Entscheidungen, er ist auch ein Anführer im Team.“
Dass Ødegaard in England nun endlich sein Talent abruft und dazu noch zum Führungsspieler gereift ist, dürfte auch in Madrid nicht unbemerkt geblieben sein. Entsprechend panisch wurden einige Arsenal Fans, als zuletzt Gerüchte um eine Rückkaufoption die Runde machten. Der sonst für das Einheizen in der Gerüchteküche verantwortliche Fabrizio Romano konnte in diesem Fall für Beruhigung sorgen.
Laut dem in aller Regel richtig liegenden Transferexperten, soll Real keine Rückkaufoption haben. Und auch deshalb ist Martin Ødegaard ein Glücksfall, ein Happy End und ein absoluter „steal“: Weil man ihn nicht zurück stehlen kann.