90PLUS
·28. April 2020
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·28. April 2020
Spotlight | Unter Simone Inzaghi mischt Lazio Rom die Serie A auf. Ein Punkt trennt sie von Tabellenführer Juventus, die erste Meisterschaft seit 2000 winkt. Damals holte Lazio mit Inzaghi im Sturm und Sven-Göran Eriksson an der Seitenlinie sogar das Double. Der Schwede sagt noch heute, dieses Lazio sei die beste Vereinsmannschaft, die er jemals trainiert hat.
Es war der 8. Juli 1990, als Teamchef Franz Beckenbauer auf der Pressekonferenz nach dem WM-Sieg gegen Argentinien einen bis heute legendären Satz zum Besten gab: “Wir sind jetzt die Nummer eins in der Welt, wir sind schon lange die Nummer eins in Europa. Jetzt kommen die Spieler aus Ostdeutschland noch dazu. Ich glaube, dass die deutsche Mannschaft über Jahre hinaus nicht zu besiegen sein wird. Das tut mir leid für den Rest der Welt, aber wir werden für die nächsten Jahre nicht zu besiegen sein.”
Das mit der jahrelangen Dominanz funktionierte eher mittelprächtig. Nur eine Dekade später war die deutsche Nationalmannschaft europäisch schon unter “ferner liefen”. Den vorläufigen Tiefpunkt gab es am 1. September 2001, Deutschland empfing England im Münchener Olympiastadion. Nach der Führung durch Carsten Jancker verteilte die Völler-Elf fleißig Gastgeschenke. Dreimal Michael Owen, sowie Steven Gerrard mit seinem ersten Länderspieltor und Emile Heskey sorgten für einen krachenden 5:1-Sieg der Three Lions.
Verantwortlich dafür war neben Dreifachtorschütze Owen auch Sven-Göran Eriksson an der Seitenlinie. Der Schwede führte England bei drei aufeinanderfolgenden Turnieren zwischen 2002 und 2006 jeweils bis ins Viertelfinale. Dort zog Eriksson dreimal in Folge gegen Luiz Felipe Scolari den Kürzeren. 2002 unterlag er Brasilien 1:2, 2004 und 2006 gegen Portugal jeweils im Elfmeterschießen. Die Absurdität, bei drei aufeinanderfolgenden Turnieren jeweils am gleichen Trainer zu scheitern, beschreibt große Teile von Erikssons Karriere ziemlich treffend. Bei vielen seiner Stationen war er erfolgreich, aber nachdem er Schweden verließ, fehlte ihm meistens das entscheidende Bisschen zum ganz großen Wurf.
1982 schlug Erikssons IFK Göteborg den HSV im UEFA Cup-Finale in zwei Spielen 4-0. Der Klub gewann zudem auch noch Liga und Pokal und war somit der erste Verein, der das “kleine” Triple holte. Das rief seinerzeit Benfica auf den Plan. Dort gewann Eriksson zwei von drei möglichen Titeln, unterlag im UEFA Cup-Finale 1983 allerdings dem RSC Anderlecht. Auch Eriksson musste sich damit dem Fluch von Benficas legendärem Ex-Trainer Béla Guttmann beugen, der dem Verein 1962 prophezeite “in Europa 100 Jahre keine Titel mehr zu gewinnen”. Auslöser waren eine Gehaltserhöhung und Prämien, die Guttmann zugesprochen wurden, die er aber trotz eines 5-3 gegen Real Madrid im Landesmeisterfinale 1962 und der erfolgreichen Titelverteidigung nicht erhielt.
Nach einem weiteren Meistertitel mit Benfica zog es Eriksson 1984 in die Serie A nach Rom und zwar in den gelb-roten Teil der Stadt. Der hatte schon bei seiner Ankunft ein Mittelfeld bestehend aus Carlo Ancelotti, Zbigniew Boniek oder Guiseppe Giannini vorzuweisen. Am Zenit war die Mannschaft 1985/86 angekommen. Je länger die Saison dauerte, desto mehr sah es danach aus, als könnte Eriksson alle seine bisherigen Erfolge krönen und sowohl den Scudetto als auch die Coppa Italia ins Olimpico holen. Meisterschaftskonkurrent Juventus schickte die Roma am 25. Spieltag mit einem 3-0 zurück in den Piemont.
Am vorletzten Spieltag musste die Roma nur noch den entscheidenden Schritt machen, um die Meisterschaft sicher ins Ziel zu bringen. Die Aufgabe war auch mehr als lösbar: Zuhause empfingen sie den Tabellensechzehnten Lecce. Lange Rede, kurzer Sinn: Sie versagten. 3-2 gewann Lecce im Olimpico, mit demselben Ergebnis sicherte sich Juventus eine Woche später in Lecce die Meisterschaft. Roma verlor parallel 0:1 bei Como. Die anschließende Coppa Italia war für Eriksson und seine Mannschaft nur ein schwacher Trost. Da der Titel in der darauffolgenden Saison auch nicht in die Hauptstadt, sondern nach Neapel ging, wurde Eriksson 1987 erstmals in seiner Karriere entlassen.
Spätestens hier schien es, als würde dem Schweden einfach das gewisse Etwas fehlen, das einen sehr guten von einem Weltklassetrainer unterscheidet. Nach einer erfolglosen Periode in Florenz zog es Eriksson zurück zu Benfica. Erneut erreichte er mit den Portugiesen ein europäisches Finale, im Europapokal der Landesmeister 1990. Der Gegner: Arrigo Sacchis Milan.
Allerdings hatten die Benfiquista noch immer ein ungutes Gefühl ob des Fluches, den ihnen ihr Ex-Trainer Béla Guttmann auferlegt hat. Vereinslegende Eusébio besuchte vor dem Spiel Guttmanns Grab im neuen jüdischen Friedhof auf dem Wiener Zentralfriedhof und bat ihn, den Fluch zurückzunehmen. Wenngleich nicht mehr lebendig, so erwies sich der Ungar trotzdem als äußerst renitent – Milan gewann dank eines Treffers von Frank Rijkaard in der Schlussviertelstunde 1:0 und verteidigte den Titel. Und um zu demonstrieren, wie ernst es Guttmann mit seinem Fluch meint: Bis zum heutigen Tag hat Benfica alle europäischen Finals verloren. Selbst in der Youth League setzte es 2014 und 2017 zwei Niederlagen.
Was bleibt, ist, dass Eriksson und seine Mannschaft einmal mehr den entscheidenden Schritt verpasst haben. Oder haben sie – wie Göteborg 1982 – überperformt? Wie auch immer. Zehn Jahre nach dem “kleinen Triple” eröffnete sich für Eriksson die nächste Möglichkeit in der Serie A – bei Sampdoria Genua. Dort blieb er fünf Jahre und gewann ein weiteres Mal die Coppa Italia. Trotzdem war da noch diese offene Wunde, den Titel 1986 auf den letzten Metern hergeschenkt zu haben. Und tatsächlich bekam er noch eine Chance, sich zu beweisen. Wieder in Rom, doch diesmal auf der himmelblauen Seite der Stadt.
Bei seiner Ankunft hatte Lazio schon ein Toptalent von Sparta Prag, einen gewissen Pavel Nedved, verpflichtet. Die Anfangszeit konnte sich – wie bei vielen seiner früheren Trainerstationen auch – sehen lassen. 1998 gewann Lazio die Coppa Italia und den italienischen Supercup. In der darauffolgenden Saison erreichten sie das Finale der letzten Ausgabe des Europapokals der Pokalsieger. Während Erikssons Benfica seine Gegner aber mit erstaunlicher Souveränität besiegte, tat sich Lazio schwerer. Allein dank der Auswärtstorregel setzten sie sich gegen Lausanne durch. Was darauf folgte, waren ein 0-0 und ein 3-2 bei Partizan Belgrad. Panionios Athen stellte sich als keine allzu große Hürde heraus, Lazio gewann das Hinspiel 3-0 und das Rückspiel in Griechenland 4-0. Im Halbfinale brachte sie erneut die Auswärtstorregel eine Runde weiter. Alen Boksic erzielte den Ausgleich in einem 1-1 bei Lokomotive Moskau. Das Rückspiel im Olimpico blieb torlos.
Im Finale sahen sie sich Real Mallorca gegenüber. Auf Christian Vieris Treffer aus der 7. Minute antwortete Dani Garcia vier Minuten später. Neun Minuten vor Schluss entschied Pavel Nedved die Partie. Es war alles in allem kein glanzvolles Turnier von Lazio, aber sie wussten, dass sie nun das entscheidende Etwas haben, um auch die engen Spiele zu gewinnen. Eigentlich.
Nun müssen sie ihr Können nur noch in die Liga mitnehmen. Erst einmal zuvor, 1974, gewann Lazio den Scudetto. 1999 führte die Fiorentina lange Zeit die Tabelle an. Lazio, Parma und Milan blieben aber immer in Schlagdistanz. Am 21. Spieltag übernahm Lazio erstmals die Tabellenführung. Wieder einmal sah es so aus, als könnte Erikssons Mannschaft den Titel gewinnen, wieder einmal scheiterte sie, wieder einmal am vorletzten Spieltag. Diesmal war ein 1-1 gegen die Fiorentina ausschlaggebend, Milan gewann parallel 4-0 gegen Empoli und gab die Tabellenführung am letzten Spieltag auch nicht mehr her. Ein 2-1 Milans in Perugia – diese Mannschaft sollte später noch wichtig werden – bedeutete auch die rechnerische Entscheidung. Sven-Göran Eriksson musste sich spätestens jetzt wie in einer schlechten Komödie vorkommen.
Aber Lazio rüstete den Kader Stück für Stück auf. Schon zur Saison 1997/98 wechselte der heutige italienische Nationaltrainer Roberto Mancini zu Lazio. Ein Jahr später fanden Namen wie Christian Vieri, für umgerechnet 28 Millionen Euro, Sérgio Conceição, Marcelo Salas, Sinisa Mihajlovic oder Dejan Stankovic den Weg ins Olimpico.
Vieri hielt es nie wirklich lange bei ein und demselben Klub aus, deshalb wurde er zur Saison 1999/2000 für umgerechnet 46 Millionen Euro an Inter verkauft. Dieses Geld reinvestierte Lazio unter anderem in Diego Simeone, der von Inter kam, Juan Sebastian Verón oder Lazios heutigem Trainer und damaligen Stürmer Simone Inzaghi.
Lazio hatte nun die Spieler, es lag an Eriksson aus ihnen eine Mannschaft zu formen. Und das tat er. Noch heute lobt er in einem Gespräch mit dem Internetportal “The Coaches’ Voice” ihre Einstellung: “Diese Spieler gehörten zu den besten der Welt. Sie waren alle Gewinner. Jeder von ihnen. Sie wollten gewinnen, sie hassten es zu verlieren. Und sie waren brillant. Nicht nur in Rom oder Italien, Weltklassespieler.”
Lazios Musterschüler kam damals aus der eigenen Jugend: Alessandro Nesta. Eriksson sagte über den Innenverteidiger: “Er hatte alles. Er war groß, er war stark, er war schnell. Heutzutage würde er in jeder Mannschaft spielen.”
Sinisa Mihajlovic und Eriksson kannten sich schon aus der gemeinsamen Zeit bei Sampdoria. Wenngleich der Schwede zugibt, dass es einiges an Überredungskunst bedurfte, bis er sich erweichen ließ in der Innenverteidigung zu spielen: “Ich sagte immer zu ihm: Sinisa, du bist kein Flügelspieler, du bist ein Verteidiger. Und er sagte: Nein, nein, nein, ich bin ein Flügelspieler. Oder eine hängende Spitze.” Erikssons Mühen haben sich gelohnt, mit seinem starken linken Fuß, den Eriksson als “den besten der Welt” bezeichnete, glänzte Mihajlovic in der Innenverteidigung sowie als Passgeber für die Offensive.
Auf den defensiven Außenbahnen wechselten sich Giuseppe Pancaro, Paolo Negro und Giuseppe Favalli ab. Alle drei konnten sowohl links, als auch rechts spielen.
Einer der wichtigsten Spieler auf der linken Außenbahn war Pavel Nedved. Eriksson attestierte ihm eine hohe Professionalität, extreme Spielstärke und ein sehr gutes Spielverständnis. Er sei überrascht, dass Nedved heute kein Trainer sei. Gut, Vizepräsident von Juventus hört sich jetzt auch nicht so schlecht an.
Lazios zweite Konstante im Mittelfeld hieß Diego Simeone. Atléticos heutiger Trainer spielte damals schon genau so, wie man ihn heute an der Seitenlinie erlebt. Alternativ gab es noch mit Matías Almeyda oder Néstor Sensini zwei weitere argentinische Mittelfeldspieler.
Die mussten sich aber in ihren Einsatzzeiten abwechseln, weil ein anderer zu den Stammspielern gehörte: Juan Sebastian Verón. Der Argentinier spielte meistens im Mittelfeldzentrum, konnte aber auch ab und zu auf die rechte Seite ausweichen. Eriksson: “Er hatte die Übersicht, er hatte die Technik, taktisch war er sehr gut, ein Gewinner.”
Der Kopf des Lazio-Spiels war aber ein anderer: Roberto Mancini. “Er konnte sich überall auf dem Feld aufhalten.” Er konnte entweder als klassischer Zehner agieren oder sich die Bälle auch tief abholen: “Und wenn er Zeit hatte sich mit dem Ball zu drehen, dann wird der Ball auch kommen. Er sagte zu den Spielern: Wenn ihr seht, dass ich mich in einer tiefen Position mit dem Ball drehen kann, rennt! Rennen, einfach nur rennen! Nicht nachdenken, einfach nur rennen – und der Ball wird kommen.”
“Viele Male ist das auch genauso passiert. Die Stärke dieses Teams war, dass nicht nur Mancini diese Pässe spielen konnte. Spiel den Ball zu Mihajlovic, er sagte zu jedem: Rennt! Mit meinem starken linken Fuß werde ich euch locker finden. Dieses Team war gut in Ballbesitz, aber im Konter waren wir außergewöhnlich gut. Nicht zuletzt dank diesen beiden (Mancini und Mihajlovic, Anm. d. Red.). Auch Nedved war extrem stark darin, sich in den Rücken der Gegenspieler zu schleichen. Ein gutes Team – und die Spieler wollten auch verteidigen.”
Es muss sich für alle Laziali wie eine Erlösung angehört haben, was Sir Alex Ferguson sagte, nachdem er Erikssons Mannschaft im europäischen Supercup 0-1 unterlag: “Ich glaube, sie werden dieses Jahr die Serie A gewinnen.”. Die Saisonouvertüre war damit gelungen. Auch in die Liga startete Lazio erfolgreich. Aus den ersten vier Spielen holten sie drei Siege und ein Unentschieden. Nun stand das Duell mit Titelverteidiger Milan an. Soviel sei gesagt: Es war mehr eine Wildwest-Veranstaltung, als ein normales Fußballspiel.
Verón eröffnete das muntere Treiben mit einem anspruchsvollen Volley, bevor George Weah auf Vorlage von Serginho ausglich. Diego Simeone nach einer Mihajlovic-Ecke und Marcelo Salas per Kopf erhöhten zwar auf 3-1. Aber noch vor der Pause verkürzte Andriy Shevchenko auf 3-2. In der zweiten Halbzeit entglitt Lazio das Spiel. Nachdem Torhüter Luca Marchegiani Weah im Strafraum von den Beinen holte, stellte Shevchenko vom Punkt auf 3-3. Und der Ukrainer hatte noch nicht genug: In Minute 68 schnürte er den Hattrick und brachte Milan erstmals in Führung. Marcelo Salas rette Lazio vier Minuten nach dem Rückstand immerhin noch den Punkt. Das 4-4 war gleichzeitig auch der Endstand.
Sportlich lief es für Lazio. Die Tabellenspitze mussten sie zwar einige Male hergeben, aber sie waren immer in Schlagdistanz. Ärgerliche Szenen spielten sich derweil abseits des Spiels ab, auf den Rängen um genau zu sein. Lazios Fangemeinde wird eine Tendenz zum Rechtsextremismus nachgesagt. Beim Heimspiel gegen Bari wurden Banner hochgehalten auf denen “Onore Alla Tigre Arkan” (“Ehre dem Tiger Arkan”) stand. Bei besagtem “Tiger” handelt es sich um Željko Ražnatović, ein Kriegsverbrecher und einer der führenden Köpfe in den Jugoslawienkriegen.
Darüber hinaus wurden die Parma-Spieler Lilian Thuram, Ousmane Dabo and Saliou Lassissi beim Auswärtsspiel im Olimpico rassistisch beleidigt. Lazios Inhaber Sergio Cragnotti distanzierte sich zwar von den Vorfällen und rechnete öffentlich mit den Tätern ab, aber der Schaden war schon angerichtet.
In der Liga begann Lazio sich zu mühen. Ende März leistete sich Erikssons Mannschaft, die inzwischen vier Punkte hinter Carlo Ancelottis Juventus stand, zwei sieglose Spiele in Folge. Nach einem 0-1 in Verona wuchs der Rückstand gar auf neun Punkte an. Lazio blieben noch acht Spieltage, um das Malheur wieder geradezubiegen. Eriksson betonte schon, dass seine Mannschaft eine außerordentliche Gewinnermentalität habe. Deshalb wollten sie es nochmal wissen.
An Spieltag 27 reichte es zum Derbysieg. Das Hinspiel hatte Lazio noch 1-4 verloren, jetzt besiegten sie die Roma 2-1. Und siehe da: Milan tat ihnen den Gefallen, Juventus im Topspiel zu schlagen. Andriy Shevchenko, der die Laziali noch mit drei Toren geärgert hatte, war diesmal der Retter. Per Doppelpack besiegelte er Milans Heimsieg.
Nun lag es an Lazio selbst, mit einem Auswärtssieg im Delle Alpi wieder am Meisterschaftsrennen teilzunehmen. Beide Trainer, sowohl Carlo Ancelotti, als auch Sven-Göran Eriksson wirkten nachdenklich. Man sah ihnen an, was alles an diesem Spiel hing. Juventus war zu Beginn die aktivere Mannschaft, doch weder Edgar Davids, noch Alessandro del Piero oder Zinedine Zidane konnten ihren Namen auf die Anzeigetafel bringen – Lazios Hintermannschaft hielt dem Druck stand. Dann kam es, wie es eigentlich kommen musste: Juves Innenverteidiger Ciro Ferrara wurde des Feldes verwiesen und Diego Simeone verkürzte Lazios Rückstand per Kopf auf nur noch drei Punkte. Es blieb beim 1-0 für Lazio.
Die nächsten beiden Partien gestalteten sowohl Juventus als auch Lazio erfolgreich. Allerdings musste Erikssons Team am 30. Spieltag den nächsten Rückschlag hinnehmen. Nachdem alles aussah, als würde Lazio in Florenz 3-2 gewinnen, schockte Gabriel Batistuta sie mit einem last-minute-Freistoß. Juventus gewann das Derby della Italia bei Inter 2-1 und hatte nunmehr fünf Punkte Vorsprung.
In ganz Italien war damit besiegelt, dass der neue Meister Juventus und nicht Lazio heißen wird. Es galt als so gut wie ausgeschlossen, dass die Mannschaft von Carlo Ancelotti in den letzten vier Spielen fünf Punkte verspielt. Allerdings hat die Allgemeinheit dabei eine Sache nicht miteinbezogen: Dass Erikssons Karriere bis hierhin alles war, nur nicht logisch. So gab es zwei Spieltage vor Schluss eine dicke Überraschung, als Hellas Verona dem 1-0 gegen Lazio ein 2-0 gegen Juventus folgen ließ. Auf einmal waren es nur noch zwei Punkte – und auch noch zwei Spiele.
Das erste gewann Lazio in Bologna 3-2. Parallel spielte Juventus gegen Parma und führte 1-0. Dann jedoch köpfte ein junger Verteidiger Parmas namens Fabio Cannavaro den Ausgleich. Schiedsrichter Massimo De Santis verwehrte dem Treffer aber aus höchst nebulösen Gründen die Anerkennung – es blieb beim 1-0. Schon damals bestand der Verdacht, dass die Schiedsrichter für Juventus vielleicht ein klein wenig mehr Sympathien hegen, als für die 17 anderen Klubs. Dieser Verdacht bestätigte sich 2006 und Juventus durfte eine Ehrenrunde im italienischen Unterhaus drehen. Hier blieb es aber bei drei Punkten für beide. Der letzte Spieltag stand an.
Lazio spielte zuhause gegen Reggina und gewann 3-0. Soweit, so gut. Nun musste Juventus lediglich seine Hausaufgaben in Perugia machen, um den Meistertitel zu sichern. Wohlgemerkt, dasselbe Perugia, das ein Jahr zuvor noch Milan zum 100-jährigen Vereinsjubiläum den Weg zum Meistertitel ebnete. Perugia war eine Mannschaft, die gegen den Abstieg kämpfte, diesmal den Klassenerhalt aber schon sicher hatte. Was also sollte dafür sprechen, dass sie Juventus schlagen?
Im Olimpico war derweil die Spannung greifbar. Lazio selbst war machtlos, hoffte und betete, dass Perugia die wie auch immer geartete Führung gelingt. Juventus‘ Spiel startete aufgrund von Regenfällen 80 Minuten später, sodass sich alle Blicke auf das Stadio Renato Curi richten konnten. Perugia musste gewinnen, damit Lazio Meister wird. Zur Pause waren keine Tore gefallen. Kurz nach Wiederbeginn konnten die Bianconeri einen Ball nicht richtig klären, sodass dieser vor den Füßen des 33-jährigen Innenverteidigers Alessandro Calori landete – Tor! Calori nahm den Ball mit der Brust an und beförderte ihn volley ins linke, untere Eck. Auf einmal führte das kleine Perugia gegen den großen Favoriten. Juventus versuchte alles, um auszugleichen, aber sie scheiterten tatsächlich und der Scudetto gehörte Lazio und Eriksson. Als Bonus gab es noch die Coppa obendrauf. Zum ersten Mal gewann Lazio das nationale Double.
Es ist bis heute das letzte Mal. Denn 2001 sagte Eriksson den Three Lions zu, Musterschüler Alessandro Nesta zog es zu Milan und Verón startete eine Odyssee durch die Premier League. Und zu guter letzt schloss sich Pavel Nedved Juventus an.
Der Trainer aber hatte mit diesem – durchaus unerwarteten – Meistertitel bewiesen, dass er sehr wohl zu den Großen im Business zählt. Der Fußballgott hat es ihm bei Weitem nicht leicht gemacht. Als alles dachte, dass er gewinnt, fehlte ihm das entscheidende Bisschen. Aber als alle Lazio schon abgeschrieben hatten, gab es letztlich doch den großen Erfolg. Da war das souveräne 5-1 der Engländer in München folgerichtig und für Eriksson selbst sicher eine willkommene Abwechslung.
Victor Catalina
Photo: Mandatory Credit: Clive Brunskill/ALLSPORT
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