90min
·13. Dezember 2024
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·13. Dezember 2024
Nach der überfälligen Entlassung von Erik ten Hag, der zu Beginn der Saison 2022/23 zu den Red Devils stieß, konnte Ruud van Nistelrooy interimsweise mit drei Siegen aus vier Spielen erfolgreich übernehmen. Seit dem 11. November ist nun Ruben Amorim, der Wunschtrainer von Miteigentümer Sir Jim Ratcliffe, im Old Trafford angekommen.
Der 39-jährige Portugiese gilt nun schon seit einiger Zeit als eines der heißesten Trainertalente im Weltfußball, obwohl er vor United ausschließlich in Portugal tätig war. Seine bisherigen Stationen als Trainer waren Casa Pia, der SC Braga und Sporting. Durch seine hervorragende Arbeit bei Sporting machte sich Amorim schnell einen Namen im europäischen Fußball. Er gewann zweimal die portugiesische Meisterschaft, zweimal den portugiesischen Pokal und einmal den portugiesischen Superpokal. Er schaffte es, die abgelaufene Saison in Portugal zu dominieren und überzeugte mit einem beeindruckenden Start in die neue Saison sowohl in der Liga als auch in der Champions League, sodass United zehn Millionen Euro zahlte, um ihn während der laufenden Saison aus Portugal auf die Insel zu holen.
Amorim stand bei der WM 2014 noch gemeinsam mit Cristiano Ronaldo auf dem Platz. Da er auch als Spieler hauptsächlich in seinem Heimatland für Braga und Benfica aktiv war, ist der Wechsel in die Premier League ein enormer Schritt für ihn.
Seit seiner Ankunft in Manchester betont Amorim, dass das Team Zeit braucht und United nicht innerhalb weniger Wochen wieder um die Champions-League-Plätze in der Premier League kämpfen wird. Es sollte nicht nur dem Team, sondern auch Amorim selbst die Zeit eingeräumt werden, um die Mannschaft auf sein System einzustellen, neue Abläufe zu etablieren und sich intensiv mit jedem einzelnen Spieler auseinanderzusetzen. Dass Amorim noch experimentierfreudig ist und viel umstellt, zeigt sich in den unterschiedlichen Aufstellungen: In seinen ersten vier Partien nahm er insgesamt 22 Veränderungen in der Startelf vor.
Die ersten taktischen Veränderungen unter Amorim sind bereits deutlich erkennbar: Während sein Vorgänger ten Hag stark auf Umschaltsituationen und Konter setzte, legt Amorim nun einen klaren Fokus auf Spielkontrolle und Ballbesitz. Mit durchschnittlich über 60 Prozent Ballbesitz möchte er, dass seine Mannschaft die Spiele dominiert und geduldig von hinten heraus aufbaut. Dieser Ansatz ist in der Premier League besonders anspruchsvoll, da die letzte Kette des Gegners mit hoher spielerischer Qualität überwunden werden muss - eine Herausforderung, die United bislang schwerfällt. Zwar konnte Amorim durch sein System die Passqualität und das Passvolumen steigern, jedoch befindet sich das Team meist mit dem Ball in der eigenen Hälfte, was natürlich wenig Gefahr für den Gegner erzeugt. Zudem mangelt es an Kreativität im letzten Drittel, und in der Offensive scheinen die Zahnräder noch nicht ineinanderzugreifen. So verzeichnet United die fünftwenigsten Ballkontakte im gegnerischen Strafraum aller Premier-League-Klubs und den drittniedrigsten xG-Wert seit Amorims Amtsantritt.
Es lässt sich also festhalten, dass die Offensive noch deutlich verbessert werden muss, was mit Spielern wie Højlund, Zirkzee, Rashford und Garnacho in den eigenen Reihen durchaus gelingen kann. Aber wie steht es um die Defensive? United kassierte zwar in den sechs Spielen unter Amorim sieben Gegentore - eine Zahl, die angesichts der bisherigen Gegner definitiv zu hoch ist -, doch auch individuelle Fehler, insbesondere von Torwart André Onana im letzten Europa-League-Spiel, trugen dazu bei. Mit der Zeit dürften sich diese Fehler jedoch verringern.
Amorim stellte die Abwehr direkt von einer Viererkette auf eine Dreierkette um, was dann meistens ein 3-4-2-1 ergibt. Für dieses System benötigt Amorim Flügelverteidiger und Halbraumspieler hinter dem klaren Stürmer. Diese Positionen waren unter ten Hag so nicht vertreten. Dadurch zeichnen sich jetzt schon Spieler als Gewinner unter Amorim ab, wie die ehemaligen Bayern-Spieler Noussair Mazraoui und Matthijs de Ligt, die zusammen in der Dreierkette gesetzt sind. Mazraoui übernimmt dabei eine offensivere Rolle und schiebt immer wieder ins Mittelfeld. Außerdem macht der junge Amad Diallo einen sehr guten Eindruck auf der rechten Flügelverteidiger-Position, wo er mit seinem Tempo punkten kann. Mason Mount war unter ten Hag immer wieder außen vor und konnte wenig Spielminuten sammeln. Nun stand er in den sechs Spielen unter Amorim in jeder Partie auf dem Platz. Durch die Halbraum-Postionen fügt sich Mount deutlich besser ins System ein, das er bereits aus seiner Zeit bei Chelsea unter Thomas Tuchel kennt. Auch Kapitän und United-Starspieler Bruno Fernandes scheint sich bestens mit Landsmann Amorim zu verstehen. Fernandes kann sowohl den Halbraum besetzen als auch als Achter im Mittelfeld agieren, was er bereits in einer defensiveren Rolle, zum Beispiel gegen Arsenal unter Beweis gestellt hat.
Amorims System und Spielweise werden bereits deutlich, müssen jedoch noch weiter verfeinert werden, wofür sowohl der Mannschaft als auch dem Trainer noch Zeit gegeben werden sollte. Nach Jahren schlechter wirtschaftlicher Entscheidungen und zahlreicher Probleme abseits des Platzes wird es noch eine Weile dauern, bis United wieder ganz oben in der Premier League mitspielt. Doch mit Amorim an der Seitenlinie hat der Verein einen Trainer gefunden, der zumindest eine klare Strategie verfolgt - eine, die vielversprechender erscheint, als die von ten Hag und das Projekt Manchester United zurück auf den richtigen Kurs bringen kann.
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