fussball.news
·6. März 2024
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·6. März 2024
Der deutsche Fußball lechzt nach neuen Talenten der Güteklasse Jamal Musiala oder Florian Wirtz. Der Pool an Nachwuchsfußballern, aus dem anderen Länder wie Belgien, Frankreich, England oder Spanien schöpfen können, ist deutlich größer. DFB-Direktor Hannes Wolf legt den Finger in die Wunde.
Aus Frankfurt berichtet fussball.news-Reporter Christopher Michel
Wenn Hannes Wolf über die Reformen im Jugendfußball referiert, dann steckt er die Zuhörer mit seiner Euphorie förmlich an. Da brennt jemand für seinen Job als DFB-Direktor, er will bei dem Weg, Dinge zu verändern, alle mitnehmen. Bei der Pressekonferenz im DFB-Campus am Mittwochvormittag nahmen auf dem Podium neben ihm noch Sandro Wagner (Co-Trainer der Nationalmannschaft), Hanno Balitsch und Lena Lotzen Platz. Sie zählen zum zehnköpfigen Kompetenzteam.
Sie alle vereint die Lust, etwas zu bewegen. Und sie alle haben einen kritischen Blick auf die aktuelle Entwicklung in der deutschen Nachwuchsförderung. "Es ist nicht das Trainerteam Hannes Wolf", betonte Wolf selbst zu Beginn der Pressekonferenz, die über eine Stunde dauern sollte. Er forderte: "Wir alle müssen uns eingestehen, dass wir es in der Vergangenheit in der Jugendförderung nicht so gut gemacht haben."
Frankreich und England hätten ein ganz anderen Talente-Pool, aus dem sie schöpfen können. Auch Spanien und Belgien sind auf einem anderen Niveau unterwegs. "Wir brauchen die 20- und 21-Jährigen, die in die A-Nationalmannschaft rücken", sagte Wolf. Nur Jamal Musiala und Florian Wirtz sind auf Dauer zu wenig. Dafür werden zur Saison 2024/25 die Weichen gestellt, aus der Bundesliga wird die Nachwuchsliga. Doch auch bei den Bambinis und Kindern in den F- bis D-Jugenden gibt es etliche Neuerungen. Im Mittelpunkt im Jugendfußball stehen deshalb der Ball und drei Schlagworte: Freude, Intensität und Wiederholung.
Trotz aller Widerstände, die es von Funktionären oder Verbänden gibt, halten Wolf und sein Team an ihren Ideen fest. Sie besuchen die Klubs, tragen ihre Pläne vor, gehen in Diskussionen, wägen jederzeit ab. Dem früheren Coach des Hamburger SV oder VfB Stuttgart geht es nicht darum, seine Vorstellungen starr durchzudrücken. Wolf ist offen für Innovationen, Anpassungen und Vorschläge. Ein "weiter so" konnte es nicht mehr geben. Die Prozesse aber sind keine unbeweglichen, sie sollen jederzeit hinterfragt werden.
Denn die Gegner von Fußballmannschaften sind nicht mehr nur die anderen Teams, sondern auch Playstation oder Smartphone. Der Spaß-Faktor wird dadurch immer wichtiger, da es schwieriger wird, Jugendliche und Kinder bei Laune zu halten. Spielformen wie 3-gegen-3, 4-gegen-4 oder gar 2-gegen-2 soll für hohe Nettospielzeiten in den Trainingseinheiten sorgen. Früher haben sich die Kicker schon auf den Bolzplätzen duelliert, heute sind die Herausforderungen komplexer, die Kinder oftmals auf mehreren Ebenen gefordert.
Weniger Taktik, dafür mehr spielen - und am Wochenende bestenfalls keine Jugendlichen und Kinder mehr zuhause lassen. Wagner fasste zusammen: "Wir wollen eine gewisse Einfachheit reinbekommen. Das war immer ein Tabuthema, es wurde stattdessen zu kompliziert." Bei den Profis sei die Arbeit eben eine andere als im Jugendbereich: "Wiederholungen sind deshalb ein großes Thema. Wenn wir das immer wieder machen, dann haben die Kinder auch mehr Spaß an der Sache."
Im Optimalfall steigt dadurch die individuelle Qualität und diese soll auch weiterhin mit Erfolg verknüpft werden. Es wird auch zukünftig in allen Altersklassen darum gehen, Spiele zu gewinnen und sich weiterzuentwickeln. Die Sorge davor, dass es in Deutschland keine Sieger und Verlierer in den Ligen-Systemen mehr geben wird, ist unbegründet. Es gilt aber weiterhin, an vielen Stellschrauben zu drehen.