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Philipp Overhoff·29. November 2024
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Philipp Overhoff·29. November 2024
Nur ein Punkt aus den letzten fünf Pflichtspielen: Nach einem herausragenden Saisonstart befindet sich RB Leipzig derzeit in einer handfesten Ergebniskrise. "Das ist deutlich zu wenig für unsere Ansprüche", machte auch Geschäftsführer Marcel Schäfer im 'Bild'-Interview unmissverständlich klar. "Wir alle wissen, dass wir schleunigst wieder Zählbares mitnehmen müssen."
Das sollte aus Sicht von Marco Rose schon am Samstag geschehen, wenn die Sachsen den VfL Wolfsburg in der Red Bull Arena empfangen. Schäfer wollte seinem Trainer vor der Partie gegen den Ex-Klub kein klares Ultimatum stellen, vermied jedoch ein klares Bekenntnis. "Wir ordnen bei RB alles dem Erfolg unter", so der vielsagend gewählte Wortlaut gegenüber dem 'kicker'.
Steht Rose am Samstag also vor einem absoluten Endspiel? Vieles spricht dafür. Denn es sind nicht nur die ausbleibenden Ergebnisse, die den 48-Jährigen zuletzt in die Bredouille gebracht haben. Es ist vor allem der gebotene Fußball, der den Vereinsbossen missfällt. "Wir wollen eine spielerische Entwicklung sehen", forderte Schäfer eindringlich. "Die letzten Partien waren wenig RB-like."
Und tatsächlich: Von den viel zitierten Grundtugenden der RB-Schule - also Intensität, Risikobereitschaft, hohes Anlaufen und ein schnelles, vertikales Spiel in die Spitze - war in den letzten Wochen nur wenig zu sehen. Oft agierten die Rasenballer ungewohnt passiv, ließen sich das Spiel des Gegners aufdrücken und nicht umgekehrt.
📸 Marco Luzzani - 2024 Getty Images
Das war insbesondere am vergangenen Wochenende zu erkennen, als eine starke TSG Hoffenheim den Leipzigern den Schneid abkaufte und hochverdient mit 4:3 gewann. Hoffenheim agierte mutig, griffig und erdrückte den ostdeutschen Gast phasenweise mit seinem intensiven Pressing. Kurzum: Die TSG spielte so, wie RB eigentlich spielen will. So mancher Beobachter dürfte sich sogar gefragt haben, ob die beiden Mannschaften vor Anpfiff nicht vielleicht die Trikots getauscht haben.
Die dreimalige Führung war alleine auf die herausragenden Momente der sächsischen Einzelkönner zurückzuführen und lag weniger einer übergeordneten Spielidee zugrunde. Es ist ein Muster, das sich wie ein roter Faden durch die RB-Saison zieht: Leipzig dominiert den Gegner so gut wie nie und gewinnt seine Spiele fast ausschließlich aufgrund von individueller Qualität und einer lange Zeit stabilen Defensive.
Als RB zu Saisonbeginn - mit Ausnahme von Leverkusen - noch auf die Leichtgewichte der Bundesliga traf, reichte dieser Ansatz, um zuverlässig zu punkten und sich bis zuletzt als Bayern-Jäger Nummer Eins bezeichnen zu dürfen. Doch mittlerweile lässt die Rose-Elf nicht nur in der Champions League, sondern auch in der deutschen Beletage regelmäßig federn. Aber ist diese Formdelle nur auf einen Fußball zurückzuführen, der nicht "RB-like" ist?
Definitiv nein. Es muss darüber hinaus auch das fast schon beispiellose Verletzungspech des zweimaligen DFB-Pokalsiegers erwähnt werden. Aktuell fehlen Rose ganze acht Kaderspieler, dazu zählen unter anderem Xavi Simons, David Raum, sowie der langzeitverletzte Mittelfeld-Motor Xaver Schlager. Beim 0:1 gegen Inter trat RB mit nur 15 fitten Feldspielern an.
Auch die Champions-League-Misere der Leipziger, die nach fünf Niederlagen aus fünf Spielen auf Tabellenplatz 34 rangieren, kann durchaus in Relation gesetzt werden. Der Bundesligist kassierte seine Pleiten gegen Teams wie Atlético, Juventus, Liverpool und eben Inter, lediglich beim 1:3 in Glasgow enttäuschten die Rose-Schützlinge auf ganzer Linie.
"Ich sehe einfach keinen Grund, warum Leipzig nur Gegner aus dem höchsten Regal bespielen muss", beschwerte sich Ex-Coach und Wölfe-Trainer Ralph Hasenhüttl zuletzt. "Und andere Teams eher so Gegner, wo nur die Frage ist, wie hoch du gewinnst.“ Oft war RB sogar nah an einem Punktgewinn, es fehlte nur das entscheidende Quäntchen Glück.
Jetzt kann man all das mal zusammenrechnen: In der Liga steht man trotz langer Verletztenliste auf Platz drei, in der CL hatte man sowohl mit den Gegnern als auch den Spielverläufen viel Pech und die spielerische Qualität wird wahrscheinlich mit jedem Rückkehrer aus dem Lazarett auch ein bisschen besser werden. Dass das K-Wort in Leipzig trotzdem Hochkonjunktur hat, liegt allein an der Erwartungshaltung. Beziehungsweise: Mindestens die Hälfte aller Bundesliga-Teams würde sich eine solche Krise wahrscheinlich wünschen.
📸 ODD ANDERSEN - AFP or licensors
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