feverpitch.de
·20. November 2024
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Fever Pit'ch-Kolumnist Alex Steudel jubelt: Endlich ist die Gruppenphase der komplett belanglosen Nations League abgeschlossen. Doch es hätte schlimmer kommen können ...
Ich bin froh, dass die Gruppenphase der Nations League endlich vorbei ist. Wir werden unseren Enkeln später sicherlich von anderen Dingen erzählen. Die Gruppenphase ist für mich nach der WM im „Ehefrau-Tragen“ (kein Scherz, gibt’s wirklich) das zweitunwichtigste Ereignis im Weltsport. Was man besonders deutlich am Debakel der Polen gegen Portugal ablesen konnte, als nach Abpfiff ein paar polnische Spieler Cristiano Ronaldo um Selfies anbettelten, also jenen Profi, der sie gerade noch in die Einzelteile zerlegt hatte – die Begegnung war 1:5 ausgegangen, Polen steigt ab.
Und zwar in die Liga B der Nations League. Ich frage mich: Wie demütigend muss es für eine Fußballnation sein, die einen Weltfußballer hervorgebracht hat, wenn sie sich nicht mal in der völlig unwichtigen Liga A der komplett belanglosen Nations League halten kann? Das ist, als würde ich mit einem Golf, Baujahr 2021, zum Tüv fahren, und der Prüfer winkt mich kommentarlos zur Schrottpresse durch.
Wobei die weltfußballer-besitzenden Polen es ungefähr so erwischt haben wie die weltfußballer-erwartenden Norweger. Das Team um Erling Haaland hat zwar seine Gruppe gewonnen, es war aber eine in der sehr entbehrlichen Liga B. Hinter Norwegen, das ja im Sommer nicht mal für die EM qualifiziert war (so viel zur Wichtigkeit von Weltstars), wurde EM-Achtelfinalist Österreich nur Liga-B-Zweiter, womit Trainer Ralf Rangnick ein bisschen unter Druck gerät. Angeblich hat er zu seinem eigenen Verbandschef schon jetzt in etwa so viel Kontakt wie der HSV zum Organisationskomitee der Fifa-Klub-WM.
Ich weiß leider nicht ganz genau, was man als Zweitplatzierter der sehr entbehrlichen Liga B der komplett belanglosen Nations League als Prämie bekommt. Verdient wäre ein Essensgutschein bei Lieferando.
Überhaupt fällt auf, wie viele sonst eher dem Erfolg zugewandten Teams in der Nations League straucheln. Vize-Europameister England zum Beispiel durfte ebenfalls nur in der Liga B antreten. Das muss für das Mutterland des Fußballs noch demütigender sein, als einen deutschen Nationaltrainer zu bekommen. Liga B fühlt sich an wie früher die Urlaubsfahrt, bei der das Geld nicht für die Autobahnmaut reichte und wir über parallel verlaufende Feldwege rattern mussten.
England hat jetzt trotzdem – aber nur wegen des besseren Torverhältnisses gegenüber Griechenland – den Aufstieg in Liga A geschafft, und das arme Finnland, immerhin Erfinder der obengenannten WM im „Ehefrau-Tragen“, muss aus der England-Gruppe runter in Liga C. Das ist die Vorhölle des Grandplatzes. Niemand versteht, was die Finnen da zu suchen haben, ihre Frauen jedenfalls nicht. Aber um diese Frage sollen sich andere kümmern.
Ein kleiner Trost für gelangweilte Europäer: Parallel zur komplett belanglosen Nations League, die ihre Wichtigkeit hierzulande eigentlich nur aus der Tatsache bezieht, dass Deutschland so gut spielt, findet in Südamerika ein noch viel kurioserer Wettbewerb statt: die WM-Qualifikation.
Zehn Mannschaften treten an, und nach insgesamt 90 Spielen qualifizieren sich sechs (!) für die WM, die siebte (!!) darf in die Relegation, nur drei (!!!) bleiben auf der Strecke. Das ist, als wären in der Bundesliga am Saisonende alle, die nicht abgestiegen sind, für die Champions League qualifiziert.
Grund für diesen spektakulär langweiligen Modus: Zur nächsten Fußball-WM dürfen zasterbedingt 48 Nationen fahren. Die Fifa, oberste Verwaltungsbehörde des Zasters, hat das so entschieden, dabei aber nicht bedacht, dass Christoph Kolumbus bereits verstorben ist und deshalb nicht losgeschickt werden kann, um neue Kontinente zu entdecken, die so ein Turniermonster befüllen.
Ja, im Vergleich zur südamerikanischen Witz-WM-Qualifikation wirkt sogar die komplett belanglose Nations League wie Super Bowl LIX.
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