FC Bayern München
·31. Januar 2025
FC Bayern München
·31. Januar 2025
Der frühere FC Bayern-Präsident Kurt Landauer war im Konzentrationslager Dachau 33 Tage in Baracke 8 inhaftiert, ehe er entlassen wurde und letztlich vor dem Terrorregime der Nationalsozialisten aus seiner Heimatstadt München in die Schweiz flüchtete – 80 Jahre später sitzt Herbert Hainer, heute Präsident des FC Bayern, in der Versöhnungskirche Dachau, um auf einer Podiumsdiskussion über die Schrecken von gestern, die Herausforderungen von heute und die Verantwortung für morgen zu diskutieren.
Der Saal ist voll: Vor 70 Gästen, darunter Nachfahren von KZ-Insassen, Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Sport wie der Präsident des Bayerischen Fußballverbands Christoph Kern sowie der Kurt-Landauer-Stiftung und des FCB-Fanclubs „QUEERPASS“, stellt Hainer anlässlich des Gedenkens an den Holocaust klar: „Kurt Landauer ist ein einzigartiges Beispiel für Versöhnung – weil er nach seiner Rückkehr dem FC Bayern und den Deutschen die Hand gereicht hat. Er ist eine Inspiration auch für nachfolgende Generationen, sein Andenken ist heute aktueller denn je. In einer Zeit, in der spaltende Kräfte wie die AfD versuchen, unsere Demokratie zu gefährden, halten wir entgegen: Nicht heute, nicht morgen – und vor allem nicht mit uns.“ Er erntet langen Applaus.
Die Geschichte des FC Bayern belege, so Hainer, „wie wichtig es ist, Haltung zu zeigen, um die Zukunft zu gestalten“. Der Präsident lobte dabei das Engagement der Fans, nicht zuletzt der Kurt-Landauer-Stiftung, und erklärte, dass der deutsche Rekordmeister mit seiner vor fünf Jahren gegründeten Initiative „Rot gegen Rassismus“ regelmäßig Raum für Begegnungen schaffe – unter anderen am Wochenende rund um das Heimspiel gegen Kiel mit einer gemeinsamen Schabbatfeier von FCB-Mitgliedern und der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern um ihre Präsidentin Charlotte Knobloch, die bereits zum dritten Mal durchgeführt werde. „Erinnern allein reicht nicht – wir müssen aktiv sein, Wissen vermitteln, und wir müssen zuhören. Was wir außerdem brauchen, ist ein positives Narrativ bei der Konfrontation mit demokratiefeindlichen Kräften: Unsere Demokratie garantiert uns seit über 70 Jahren eine Freiheit, wie es sie in Europa vorher nie gab, sowie dauerhaften Frieden – es ist wichtig, sich dafür einzusetzen und jeden kritisch zu hinterfragen, der Werte wie Toleranz und Weltoffenheit anzweifelt.“
Am 27. Januar vor 80 Jahren wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit. Wie in der gesamten deutschen Gesellschaft gab es auch im Fußball lange Widerstände, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Heute wird Erinnerungsarbeit im Fußball auf vielfältige Art und Weise praktiziert, seit 2004 nicht zuletzt durch die Initiative „!NieWieder“. Mit einem Netzwerk aus Fangruppen und -projekten, antirassistischen Bündnissen, Amateur- und Profivereinen, der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) sowie zahlreichen Personen und Institutionen aus der Zivilgesellschaft und der politischen Bildungsarbeit möchte man dazu anregen, der verfolgten Mitglieder zu gedenken und alles dafür zu tun, „dass Auschwitz nie mehr sei“.
Nach einleitenden Worten von Frank Schleicher, Diakon der Versöhnungskirche, erörterte Hainer das Thema mit Uwe Dziuballa (Initiator der deutsch-jüdischen Begegnungsstätte „Shalom eV Chemnitz"), Regina Rockinger, Enkelin eines ehemaligen KZ-Häftlings, sowie Eberhard Schulz, Gründungsmitglied von „!NieWieder“. In Videobotschaften erinnerte Eva Szepesi, Überlebende von Auschwitz, an eine Zeit, „die nie wieder passieren soll – da müsst Ihr aufpassen, jeder muss sich für die Demokratie verantwortlich fühlen“, und Zvi Cohen, Überlebender von Theresienstadt, mahnte: „Es sind wieder Nazis in Deutschland – die größte Gefahr für das demokratische Deutschland.“
Der FC Bayern gab zur Aufarbeitung seiner eigenen Vergangenheit vor Jahren beim Institut für Zeitgeschichte (IfZ) eine unabhängige Studie in Auftrag, deren Erkenntnisse im FC Bayern Museum sowie in der Wanderausstellung „verehrt – verfolgt – vergessen“ einflossen. Ihre Premiere feierte sie in der Versöhnungskirche in Dachau, in der unter anderem auch schon weitere Entscheidungsträger des FC Bayern wie der langjährige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge sowie die früheren Präsidenten Willi O. Hoffmann, Fritz Scherer und Karl Hopfner an Gedenkfeiern teilgenommen hatten.