90min
·19. September 2023
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·19. September 2023
Ärger im Schweizer Nationalteam der Frauen: Die Führungsspielerinnen sind mit Trainerin Inka Grings wohl nicht zufrieden. Lia Wälti, Ramona Bachmann und Ana-Maria Crnogorčević haben sich der Berner Zeitung zufolge kritisch über Grings geäußert. Ana-Maria Crnogorčević wurde daraufhin nicht mehr zum Nationalteam eingeladen - offiziell, um ihr zu helfen, einen neuen Klub zu finden, aber das scheint nicht der einzige Grund gewesen zu sein.
Am lautesten und emotionalsten soll bei der Kritik Crnogorčević gewesen sein - nun steht sie für die Länderspielpause nicht im Kader. "Ich hätte mir mehr Unterstützung von meinen Trainern gewünscht", sagte sie. Es scheint naheliegend, dass ihre Nicht-Berufung in den Kader mit dieser Kritik zusammenhängt. Crnogorčević wechselte im Sommer von Barcelona zu Atlético Madrid, aber der Transfer ist inzwischen längst offiziell, sodass wenig gegen eine Nominierung gesprochen hätte.
Grings wurde zum Jahresanfang zur Schweizer Nationaltrainerin ernannt. Sie löste damit Nils Nielsen ab, der im Team wohl beliebt war, aber bei der EM mit der Schweiz in einer schweren Gruppe ausschied. Grings hatte zuvor zwei Jahre lang die Frauen des FC Zürich trainiert, ihre Berufung als Nationaltrainerin kam etwas überraschend.
Bei der WM schnitt die Schweiz auf dem Papier nicht schlecht ab: Die Nati zog in das Achtelfinale ein, wo sie vom späteren Weltmeister Spanien geschlagen wurden. Jedoch war der Berner Zeitung nach die Stimmung schon in der Gruppenphase schlecht. Die Schweiz hatte mit Neuseeland, Norwegen und den Philippinen die wohl leichteste Gruppe erwischt und zog ohne Gegentor und als Erster in die K.o.-Phase ein. Allerdings waren die Leistungen auch nicht immer überzeugend.
Grings setzte vor allem auf Vorsicht und die Schweiz spielte oft mit angezogener Handbremse, was die Spielerinnen verwundert haben soll. Zum Beispiel waren viele Spielerinnen überrascht, dass Offensivspielerin Géraldine Reuteler, bis dahin eine der besten Spielerinnen der Schweiz, im entscheidenden Gruppenspiel gegen Neuseeland zur Halbzeit ausgewechselt wurde. Ein Punkt reichte der Schweiz für das sichere Weiterkommen, und so spielte Grings nicht auf Sieg - zum Missfallen der Spielerinnen.
Für das Achtelfinale gegen Spanien hatten die Spielerinnen sich der Berner Zeitung zufolge an Grings gewandt: Sie warnten, dass Spanien vor allem über die Flügel gefährlich sei, und dass Aitana Bonmatí - später zur Spielerin des Turniers gekürt - eine der gefährlichsten Akteurinnen sei. Stattdessen wurde den Spielerinnen aber geraten, sich auf Alexia Putellas zu konzentrieren, die letztendlich auf der Bank saß.
Für Verwunderung sorgten auch personelle Entscheidungen - zum Beispiel, dass Viola Calligaris, die in der spanischen Liga gespielt hatte und den Gegner daher gut kannte, wie auch schon in der Vorrunde nur Ergänzungsspielerin war. Dabei gilt Calligaris, die im Sommer zu PSG wechselte, als eine starke Verteidigerin.
Innerhalb des Teams soll es auch schon vor der WM Zweifel an Grings und ihrem Trainerteam gegeben haben, vor allem an der Kommunikation. Kapitänin Lia Wälti, Ramona Bachmann und Ana-Maria Crnogorčević, die drei erfahrensten und wohl wichtigsten Spielerinnen, haben dies anscheinend alle kritisiert.
Vor allem der Kontrast zu Ex-Trainer Nielsen soll groß sein. Wälti sagte etwa nach dem Ausscheiden bei der EM, die Zusammenarbeit mit Nielsen sei "sehr angenehm". Der Druck auf den Schweizer Verband ist nun groß: 2025 findet die Heim-EM statt, dort will die Schweiz gut aufspielen. Wenn das gelingen soll, muss eine große Steigerung im Vergleich zur WM her - ob mit Grings oder ohne, das ist noch offen.