90min
·28. Februar 2022
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·28. Februar 2022
Als Teil des großen Schalker Kaderumbruchs im vergangenen Sommer zog es Suat Serdar und Bastian Oczipka nach Berlin. Den einen zur Hertha, den anderen zu Union. Doch wie läuft es dort eigentlich für sie?
Im vergangenen Sommer musste Schalke aufgrund des Abstiegs nahezu die komplette Mannschaft austauschen. Bei manchen Spielern liefen die Verträge aus oder sie hatten keine Gültigkeit mehr, andere wiederum brachten noch ein wenig Geld ein.
Suat Serdar und Bastian Oczipka landeten schlussendlich beide in Berlin. Der eine wechselte für acht Millionen Euro zu Hertha BSC, der andere schloss sich später ablösefrei Union Berlin an. Bei S04 waren beide auch in der Abstiegssaison noch Stammspieler, wenngleich alles andere als unumstritten seitens der Fans.
Dass Serdar zwischenzeitlich noch verlauten ließ, er wolle langfristig "möglichst dauerhaft Champions League spielen und Titel gewinnen", sorgte bei seinem Hertha-Wechsel natürlich noch für zusätzliche Häme. Seine Realität heißt bitterer Abstiegskampf. Oczipka hingegen hat bei den Eisernen nichts mit diesem Szenario am Hut. Er musste sich regelmäßige Einsätze aber erst erkämpfen.
Dennoch ist ein genauerer Blick notwendig, um die derzeitige Situation der beiden Ex-Schalker besser einschätzen zu können. Till Oppermann beschäftigt sich für den RBB intensiv mit den beiden Hauptstadt-Klubs und meint gegenüber 90min: "Seit dem Wechsel zu Korkut läuft es schlechter für Serdar."
Grundsätzlich habe der 24-Jährige aber ein gutes Standing im Team: "Wenn er fit ist, dann spielt er auch. Viele im Vereinsumfeld halten ihn neben Stevan Jovetic für den besten Fußballer im Kader."
"Allerdings wäre es falsch zu sagen, dass er auch vom Einfluss auf das Spiel der große Lichtblick in der schwachen Mannschaft ist", so seine Einschätzung weiter. Dahingehend passe er sich zu oft dem Niveau seiner Mitspieler an, wobei er aber auch das Pech habe, "dass seinem Spiel eine ballsichere Mannschaft, in der er nicht als Führungsspieler voran gehen muss und besser abgesichert wäre, eher entgegenkommen würde".
Unter Pal Dardai wurde Serdar noch weitestgehend als Achter eingesetzt, war dort entsprechend gesetzt. Mit dem Trainerwechsel hat sich diese Ausgangslage aber verändert - und für ihn verschlechtert. Oppermann: "In Korkuts 4-2-2-2 mit zwei Sechsern musste Serdar teilweise wieder auf den Flügel ausweichen. Außerdem fehlte er mehrmals krank oder verletzt und konnte seit November höchstens drei Spiele am Stück spielen."
Auf Schalke war er in der letzten Saison, trotz der auch persönlichen Formschwäche, einer der Spieler, die am ehesten Führung übernahmen. Bei Berlin ist eine solche Hierarchie-Einteilung schwer, "weil Hertha generell die Hierarchie und die mannschaftliche Geschlossenheit fehlt".
Zu seinem Wirken im Spiel berichtet Oppermann: "Auf dem Platz wäre er einer der Spieler, die mit Dribblings und Steckpässen für Verbindungen ins letzte Drittel sorgen könnten. Das gelingt aber zu selten." So zeichnet sich eine grob-ähnliche Situation für den vierfachen Nationalspieler ab, wie zum S04-Abschied: Eine Mannschaft ohne Struktur, in der er sein eigentlich größeres Potenzial kaum abrufen kann - und das aus verschiedenen Gründen.
Seine größeren, sportlichen Ziele wird er bei Hertha nicht erreichen können. "Falls Hertha die Klasse hält, steht es in den Sternen, ob es positiver verlaufen wird. Viel hängt davon ab, wer der nächste Trainer wird", so die Beobachtung aus der Nähe. Sollte es tatsächlich noch zum Abstieg kommen, scheint ein frühzeitiger Verkauf trotz längerer Vertragslaufzeit alles andere aus ausgeschlossen zu sein.
Bei Oczipka zeichnet sich eine gänzliche andere Situation ab. So kam er zum einen natürlich nicht als junger und noch entwicklungsfähiger Spieler zu Union, während Abstiegssorgen zum anderen überhaupt kein Thema sind. Im Gegenteil: Die Eisernen sind von den internationalen Rängen weiterhin nur wenige Punkte entfernt.
Nach seinem Wechsel spielte er aber erst einmal keine Rolle. Oppermann erklärt: "Mit Nico Gießelmann stand vor ihm einer der besten Unioner der laufenden Saison. Außerdem kam Oczipka erst sehr spät dazu, musste sich also erstmal im Training an die Rolle der Außenverteidiger gewöhnen, die für Union enorm wichtig sind."
Nach zwei Einsätzen zuvor steht er aber seit dem 17. Spieltag regelmäßig auf dem Platz. "Als durch die Dreifachbelastung mehr rotiert wurde und sich Gießelmann verletzte, war Oczipka da. Seitdem hat er mehrere sehr gute Spiele gezeigt - sowohl offensiv als auch defensiv - und einige Vorlagen gegeben", so die Beobachtungen.
Auf Schalke war vor allem die fehlende Geschwindigkeit ein häufiger Kritikpunkt am heute 33-Jährigen. In seinem neuen Team ist das aber keine große Sorge, wie Oppermann weiß: "Der Schnellste ist er nicht, aber weil Union gut organisiert ist und die Positionen der Flügelverteidiger von den breiten Halbverteidigern der Dreierkette geschlossen werden, wenn sie nach vorne marschieren, ist das kein Problem."
"Andererseits profitiert Union defensiv von seiner Erfahrung, weil er gut antizipiert. Im Spiel nach vorne schlägt er starke Flanken und Standards", so die rundum positive Einschätzung.
Ob Oczipka über den Sommer hinaus bleibt, ist dennoch ungewiss. Zunächst hat er nur einen Einjahresvertrag bekommen. Zwar würden "seine letzten Leistungen für eine Verlängerung sprechen", allerdings gilt das auch für Gießelmann (bis 2023). Zudem dürfte Tymo Puchacz ab dem Sommer eine größere Rolle einnehmen. Der polnische Nationalspieler kehrt von seiner Leihe beim türkischen Tabellenführer Trabzonspor zurück, wo er seit seiner Leihe im Winter Stammspieler ist.