Österreichische Fußball-Bundesliga
·10. Mai 2023
Österreichische Fußball-Bundesliga
·10. Mai 2023
10. Mai 2023 in ADMIRAL Bundesliga
Erstmaliger Aufstieg ins Oberhaus, ÖFB-Cup-Finale, neues Stadion, Europacup und furiose Siegesserien: Der SKN St. Pölten sorgte in den 2010er-Jahren für Furore im heimischen Fußball.
„Der Charme spiegelt sich in der Verbundenheit mit der Stadt und der Region wider.“ So beschreibt Martin Scherb, der von 2007 bis 2013 Trainer in der niederösterreichischen Landeshauptstadt war, die Faszination des SKN St. Pölten. Fristete man in der ersten Hälfte des neuen Jahrzehnts nach der im Jahr 2000 erfolgten Neugründung des Klubs ein eher bescheidenes Dasein, so ging es ab der zweiten Hälfte stetig bergauf. Das Geheimnis des Erfolgs lag in der Förderung des eigenen Nachwuchses. In der Saison 2009/10 etwa wurden neun Spieler der Akademie in den Profikader übernommen. „Gemeinsam haben wir in den Bereichen Profis, Betreuerteam und Nachwuchs professionelle Strukturen geschaffen“, erzählt Scherb. Sportlich konnte man sich dadurch in der 2. Liga stetig nach vorne arbeiten.
Brandneue NV-Arena
Erfreulicherweise konnten die St. Pöltner Wölfe auch in Sachen Infrastruktur mit den sportlichen Erfolgen Schritt halten. Das Land Niederösterreich, mit dem damaligen Landeshauptmann Erwin Pröll an der Spitze, war an einem starken Verein in der Landeshauptstadt interessiert. Bereits im Juni 2007 kündigte Landesrätin Petra Bohuslav (ÖVP) die Errichtung eines neuen, 8.000 Zuschauer fassenden Stadions an. Die NV Arena wurde mit Baukosten von insgesamt 26 Millionen Euro Anfang Juli 2012 – Baubeginn war im März 2011 – mit einem Turnier gegen Rapid Wien und Sparta Prag eröffnet und löste den legendären Voithplatz als Heimstätte der St. Pöltener ab. Die Niederösterreichische Versicherung fungiert als Namenssponsor des Stadions, in dem nicht nur die Spiele des SKN ausgetragen werden, sondern auch Partien der österreichischen U21 und des Frauennationalteams stattfinden. Den nächsten Meilenstein setzte der Klub in der Saison 2013/2014 unter Trainer Gerald Baumgartner, als man nach Siegen über Ried (Viertelfinale, 2:1) und Sturm Graz (Halbfinale, 1:0 n.V.) in das Finale des ÖFB-Cups einzog und dort Red Bull Salzburg mit 2:4 unterlag.
Das Dabeisein im Endspiel reichte aber zur Teilnahme an der Qualifikation für die Europa League in der Folgesaison, in der man als erster österreichischer Zweitligist – unter dem neuen Trainer Herbert Gager – eine Qualifikationsrunde überstand. Gegen Botev Plovdiv aus Bulgarien setzte man sich nach zwei Spielen mit einem Gesamtscore von 3:2 durch und musste erst in der Folgerunde gegen PSV Eindhoven mit einem Ergebnis von 2:4 die Segel streichen. „Es war faszinierend, wie unser Team diese internationale Topmannschaft fordern konnte“, erinnert sich Präsident Helmut Schwarzl.
Furiose Aufstiegssaison
Mit Rückkehrer Karl Daxbacher als Trainer und Frenkie Schinkels als Sportlichem Leiter gelang in der Folgesaison 2015/16 der langersehnte Aufstieg in die höchste österreichische Spielklasse. Dieser wurde mit einem Punkterekord von 86 Zählern eingefahren. Überragend: Nach dem 0:2 beim LASK (25. Runde) gab es in zehn Spielen neun Siege und nur eine Niederlage. Alle fünf Auswärtspartien in diesem Zeitraum wurden zu Null gewonnen. Zum Drüberstreuen rückte man in der gleichen Saison bis ins ÖFB-Cup-Semifinale vor, wo man gegen die Admira denkbar knapp ausschied. In der Bundesliga-Premierensaison taten sich die Niederösterreicher schwer, die Aufstiegseuphorie war spätestens mit dem 1:5 daheim gegen Salzburg in Runde 12 verflogen. Der Verein trennte sich von Daxbacher, Jochen Fallmann übernahm die Mannschaft als Vorletzter. Dieser Platz konnte auch am Saisonende gehalten werden, mit zwei Punkten Vorsprung rettete man sich vor Absteiger Ried.
Schinkels crashte Pressekonferenz
Legendär war hingegen Schinkels Auftritt nach dem letzten Saisonspiel (1:2 bei Rapid) abseits des Rasens. Der Sportchef schummelte sich in die Pressekonferenz und gab sich als Journalist einer „kleinen Zeitung“ aus. Der damals 54-jährige Austro- Niederländer feierte den Klassenerhalt, lobte den Trainer für das Geleistete und machte dem verdutzten Fallmann ein Angebot, das dieser wohl nicht ausschlagen könne: Eine Vertragsverlängerung als Chefcoach für die kommende Saison. Das Gelächter war groß, doch die scheinbar gute Stimmung hielt nicht lange. Nach sieben Runden lag St. Pölten mit nur einem Punkt am Tabellenende. Fallmann musste gehen, Oliver Lederer kam. Doch auch er konnte das Ruder nicht entsprechend herumreißen. Nach einem 1:5- Heimdebakel gegen Sturm wurde Lederer am 1. April 2018 durch Dietmar Kühbauer ersetzt. Unter ihm konnten die letzten drei Spiele der Bundesliga siegreich gestaltet werden. Dennoch beendete man die Liga nach 36 Runden abgeschlagen am Tabellenende. Die Rettung hieß – bedingt durch die Aufstockung auf zwölf Teams in der neuen Saison – Relegation. In dieser behielt man gegen den Dritten der Ersten Liga, SC Wiener Neustadt, mit einem Gesamtscore von 3:1 (2:0, 1:1) die Oberhand. Der SKN hielt somit die Klasse.
Sensationeller Lauf unter Kühbauer
Im Sommer krempelte Kühbauer den SKN Schritt für Schritt nach seinen Vorstellungen um. Mit Erfolg: Der knappe 4:3-Heimerfolg gegen Wolfsberg mit dem Siegestor in der Nachspielzeit war DIE Initialzündung für einen bemerkenswerten Erfolgslauf. Aus den ersten drei Heimspielen wurden sieben Punkte geholt. Die erste Saisonniederlage gab es überhaupt erst in Runde 7. Torjäger Rene Gartler, Abwehrchef Daniel Drescher und der Grieche Taxiarchis Fountas waren nur drei Beispiele für die gute Transferarbeit. Am 9. Spieltag putzte man Rapid auswärts mit 2:0, der SKN lag zu diesem Zeitpunkt sensationell auf Platz 2. Klar, dass sich Kühbauer damit auf die Notizblöcke anderer Vereine schrieb und so kam es, wie es kommen musste: „Don Didi“ wechselte mit sofortiger Wirkung zu seinem Herzensklub Rapid. Ein schwerer Schlag für die Wölfe. Marcel Ketelaer übernahm interimistisch, zwei Wochen später konnte mit Ranko Popovic der neue Cheftrainer präsentiert werden. Der Erfolgslauf riss spürbar ab. Dennoch konnte man sich nach 22 Runden als Sechster für die Meistergruppe qualifizieren. Diesen Platz behielt man auch am Saisonende – es war die bis dato beste Platzierung St. Pöltens in der Klubgeschichte. In der Saison 2019/20 mussten in St. Pölten wieder kleinere Brötchen gebacken werden. Am Ende wurde die Liga aber mit Platz drei in der Qualifikationsgruppe erneut gehalten.
Fotos: GEPA pictures
Redakteur: Franz Hollauf
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