Think big: Das Millerntor im Jahre 2050 – Part 3 | OneFootball

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·1. Januar 2025

Think big: Das Millerntor im Jahre 2050 – Part 3

Artikelbild:Think big: Das Millerntor im Jahre 2050 – Part 3

Die Artikel von Raphael zum „New Millerntor“ für das Jahr 2050 (Teil 1 aus Januar 2024 und Teil 2 inklusive Feedback) hatten eine rege Diskussion um das Stadion der Zukunft für den FC St. Pauli ausgelöst. Weiter geht es nun mit Teil 3.Titelfoto: Stefan Groenveld

Gastartikel von RaphaelMoin Leute, da sind wir wieder mit einer neuen Runde „Wir basteln uns ein lustiges Stadion“. Hoffe, Ihr habt die Erstliga-Hinrunde gut überstanden. Es ist nicht verwunderlich, dass es gegen Teams mit x-Mal so hohen Kaderwerten keinen Durchmarsch geben wird. Und doch: Platz 14? Nehmen wir! Wenig überraschend ist auch die noch einmal gestiegene Nachfrage für Tickets, bei gleichbleibend geringem Angebot.


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Inzwischen übersteigt die Anzahl der Mitglieder bei weitem die der Stadionkapazität. Das war mal anders. Eigentlich war es immer anders. Im März 2024 gab der Verein die Marke von 40.000 bekannt. Heute stehen wir kurz davor, die 50.000 zu knacken. 10.000 plus in rund 10 Monaten. Wer lacht jetzt noch, als ich eine Zahl 80.000 prognostiziert hatte? Dabei war ich noch sehr konservativ, denn diese Menge hatte ich für 2040 angepeilt. Wird das derzeitige Tempo beibehalten, schaffen wir´s bereits 2027. Klar, sowas verläuft nicht linear. Auch die Zahl der Fanclubs hat sich auf unvorstellbare 900 gesteigert. Die magische Zahl von 1.000 erscheint keineswegs utopisch. Es wird deutlich, was für ein Potential in und um unseren Verein schlummert. Ein Potential, dass selbst Optimisten wie ich unterschätzt haben.

Der FC St. Pauli wächst also weiter auf allen Ebenen, beschleunigt durch den Aufstieg. Was nicht mitgewachsen ist: Das Stadion. Und solange es für diese Diskrepanz keine Lösung gibt, wird das Problem immer wieder Thema sein. Und zwar eines, das mit Enttäuschung und Verärgerung verbunden ist.

Danke an alle, die den zweiten „Think big“-Artikel kommentiert haben. Ich möchte gern kurz auf den einen oder anderen Gedanken eingehen.

Lärmbelästigung?

Björn schreibt zum Thema Lärmbelästigung:„Es ist eine Frage der Priorisierung. Straßenlärm + Domkrach + Stadionjubel + x andere Lärmquellen dürfen eine Erträglichkeit für die Anwohner nicht überschreiten. Und falls die Erträglichkeit überschritten ist, muss bewertet werden, welche Lärmquellen reduziert werden können bzw. sollen. Und da hat man es als „neue zusätzliche“ Lärmquelle naturgemäß schwerer.“

Da sind wir im Grunde auf der gleichen Welle. Denn mir ist ebenfalls wichtig, dass die Erträglichkeit für die Anwohner im Rahmen bleiben sollte. Lärmschutz hat auf St. Pauli seine Berechtigung, auch wenn sicher niemand hergezogen ist, weil er das Viertel mit einem Sanatorium verwechselt hatte. Der Mensch ist gleichwohl ein Gewohnheitstier und hat Angst vor Veränderungen. So wird im konkreten Fall der bereits bestehende Lärm als gegeben hingenommen – aber jetzt bitte nicht noch mehr. Das mag psychologisch verständlich sein, behindert aber die Chance, den real vorhandenen Lärm zu reduzieren. Der geschädigten Gesundheit ist es egal, ob es den Krach bereits seit 100 Jahren gibt oder seit 20. Es darf keinen „Lärm-Bestandsschutz“ geben. Es sollte geprüft werden, was wie viel Lärm in der Breite und Spitze verursacht. Und dann sollte dieser reduziert werden, und zwar von der Masse der Lautstärke-Emission abwärts – und nicht, wie lange sie schon da war. Das würde uns Anwohnern am meisten helfen. Weiterhin glaube ich, dass ein komplett geschlossenes Stadion weniger laut sein dürfte als das derzeitige Millerntor-Stadion, zumal es an der Glacischaussee stehen würde, also ein Stück weiter entfernt vom bewohnten Gebiet. Zusätzlich kann auch bereits bei der architektonischen Planung darauf geachtet werden, dass so wenig Schall wie möglich das Stadion verlässt.

Finanzierung?

Regnar bereitet die Finanzierung Sorgen:„Selbst wenn man einen Zinssatz von 2,5% ansetzt wären das bei 100 Millionen pro Jahr schon 2.500.000 € nur an Zinsen!“

Ehrlich gesagt macht mir das auch Sorgen. Zumal wir mit 100 Millionen vermutlich nicht auskommen werden. Ob die hochgerechneten 110 Millionen (siehe „Think big“ 2) reichen werden, ist fraglich. Hinter der Finanzierung steht ein großes Fragezeichen. Wir benötigen eine gehörige Portion Mut und Kreativität, um das zu stemmen. Aber haben wir von beidem beim FCSP nicht mehr als genug? Nicht zuletzt die Genossenschaft hat das bewiesen. Hiermit verspreche ich, mir darüber bis zum Erscheinen der vierten „Think big“-Ausgabe ein paar Gedanken zu machen. Ideen und Lösungen statt „Geht nicht“ und „klappt nicht“. Grundsätzlich reden wir hier nicht über eine bemannte Uranus-Landung: Andere, kleinere Vereine/Städte haben das auch hinbekommen. Der „Borussia Park“ in Mönchengladbach (54.000 Plätze) hat 87 Millionen gekostet. Ja, der Bau ist 20 Jahre her. Aber es sind keine Unsummen, mit denen wir hantieren.

Teilnutzung?

Jan NK44 fragt,„…ob es eigentlich wünschenswert oder umgekehrt vielleicht für den Erhalt des Rasens sogar notwendig ist, ein Stadion nur an so wenigen Tagen zu nutzen. (…) Daher wäre es vielleicht eine Überlegung wert, ein solches Stadion so zu planen, dass es für verschiedene Zuschauer:innenzahlen gleich gut funktioniert, also die Zahl nicht durch „Dann machen wir halt nur zwei Tribünen auf“ reduziert wird, sondern harmonisch über alle Tribünen hinweg. Ich denke da z.B. an die Arena am Ostbahnhof in Berlin, bei der bei den meisten Heimspielen von Alba der Oberrang abgehängt ist, während er bei Topspielen und bei Spielen der Eisbären geöffnet wird. So wirkt die Halle auch bei normalen Spielen voll, obwohl nur 5.000 Leute mehr reinpassen würden.“

Das ist eine richtig gute Idee! Auf sowas war ich gar nicht gekommen, weil dies unseren – heiligen! – Rasen über Gebühr strapazieren würde. Aber auch hier gibt es Entwicklungen zu immer strapazierfähigeren Hybridrasen. Mit den gleichen Eigenschaften wie Naturrasen, aber wesentlich belastungsresistenter. Unser „Zweitstadion“ könnte dann wesentlich kleiner ausfallen, was Platz und Geld spart.

Allerdings: Wir reden hier über ein 50.000er Stadion. Wir haben beim FCSP im Moment drei Teams mit einem größeren Zuschauerpotential: Die 1. Frauen, die U23 und – mit Abstrichen – die Rugby-Frauen und Herren. Selbst bei einem Aufstieg der 1. Frauen in die Bundesliga wäre ein Zuschauerschnitt von mehr als 3.000 wenig realistisch. Das gleiche gilt für die U23 bei einem Aufstieg in die 3. Liga. Bei Top-Spielen mit vielen Gästefans sind punktuell sicher 5-10.000 Zuschauer drin, aber zu erwarten sind bei normalen Partien eher so 2-3.000. Da kannst du noch so viel abhängen und versuchen, die Kapazität harmonisch zu reduzieren: Bei einer Belegung von sechs Prozent (im Alltag) bis 20 Prozent (Topspiele) wird es immer recht leer und überdimensioniert wirken. Das funktioniert sicher bei Hallen wie der beispielhaft genannten in Berlin, die rund 15.000 Plätze hat. Wenn da dann „5.000 mehr reinpassen würden“, wäre das eine Auslastung von 2/3. Mir fehlt da ein bisschen die Fantasie, wie das mit einem 50.000er Stadion funktionieren soll.

Nachhaltigkeit?

Carsten schreibt,„…dass die Zeit des schneller, weiter, höher und immer mehr schlicht vorbei ist.“ Er schlägt stattdessen vor, unser aktuelles Stadion mit Photovoltaik, einer Regenwasserauffanganlage und Pfand auf Mehrweggeschirr auszustatten. Das neue Stadion wäre für ihn ein „Konsumtempel in seiner reinsten Form“, das „niemals nachhaltig sein kann.“ Solche Bauvorhaben seien „mittlerweile schlicht Obszön und aus der Zeit gefallen.“ Stattdessen wünscht er sich „moderne Schulen, Sportplätze und Pflegeheime.“

Ja, Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema. Wie nachhaltig das derzeitige Millerntor ist und was es bei einem Neubau für Möglichkeiten gäbe, ist sicher ein interessanter Vergleich. Denn ums „schneller weiter, höher“ als Prinzip soll es auch gar nicht gehen. Aber um eine Anpassung an die Realität unseres stark gewachsenen Vereins. Es sollte darum gehen, besser, moderner und eben nachhaltiger zu werden. Von Klimaneutralität zum Beispiel kann in unserem aktuellen Bau kaum die Rede sein. Photovoltaik haben wir bereits, aber viel zu wenig. Mehrwegbecher auch. Eine Regenauffanganlage am Millerntor wäre sicher auch nett, aber wir haben auch keine Wasserknappheit in Hamburg und ob das baulich möglich wäre, weiß ich nicht, denn dafür braucht es viele Rohre und Speichertanks. In einem neuen Stadion kann man das einplanen. Genau wie weitere Spülmaschinen auch für die Wurstteller. Zum Punkt „Lieber Schulen und Sportplätze…“ – nun ja. Ehrlich gesagt erschließt sich mir nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Soll der FCSP jetzt Schulen und Pflegeheime bauen? Ein weiterer Sportplatz und eine zusätzliche Halle sind in meinen Planungen erhalten. Ebenso Sporträume innerhalb des Stadions, zum Beispiel für Tischtennis oder Schach.

Stehplätze?

Paulibaer fragt sich,„…wie lange es noch Stehplätze in deutschen Stadien geben wird.“Zudem bezweifelt er, dass der HVV mit dem Besucheraufkommen fertig werden wird.

Zu Punkt 1: Da mache ich mir weniger Sorgen, bisher hat meines Wissens nicht mal die „Sensationspresse“ die Stehplätze angegriffen. Punkt 2 ist brisanter. Das ist aktuell tatsächlich ein Problem. Allerdings: Dies ist überall ein Thema. Nennt mir ein großes Stadion weltweit, an dem die Öffis problemlos 50.000 oder mehr Zuschauer*innen ohne Schwierigkeiten abtransportieren können. Hier ist vor allem die U3 gefragt. Es sollte nach Spielen alle 2 Minuten ein Zug fahren. Das ist technisch möglich. Die Digitalisierung des Hochbahn-Schienenverkehrs ist gerade im Gange. Diese ermöglicht eine wesentlich dichtere Taktung. Es ist also machbar, die Kapazitäten zu verdoppeln. Zudem können Zuschauer*innen auch dazu aufgefordert werden, die Haltestellen Reeperbahn oder Messehallen zu benutzen. Oder gern noch länger im und ums Stadion zu verweilen und etwas später zu fahren.

Was machen die anderen?

Erinnert Ihr Euch noch an Jannik („Think big“ 2):„Das Millerntorstadion bleibt stehen und wird fast komplett mit Sitzplätzen ausgestattet und wird damit zu der „mittelgroßen“ Arena mit vielleicht 18-20.000 die sich Ottensen, HSV-Frauen und Sea Devils wünschen. Daneben wird dann deine Stadionvision umgesetzt.“

Passend dazu erschien in der Millernton-Lage vom 07.11.24 folgende Meldung:„Laut einer Umfrage unter 50.000 Fans und Mitgliedern, ist eine Mehrheit der Fans von Manchester United dafür, ein neues Stadion mit einer Kapazität von etwa 100.000 Menschen zu bauen. Sie bevorzugen dies gegenüber der Alternative, das bestehende Stadion umfassend zu modernisieren. 
Das „Theatre of Dreams“, wie das Old Trafford auch genannt wird, könnte dann auf eine Kapazität von 30.000 zurückgebaut werden und Heimat der Frauen sowie der Nachwuchsteams werden.“Lasse ich mal so stehen.

Was gibt’s noch Neues? Paris St. Germain plant ein neues Stadion mit 60.000 Plätzen (L’Equipe (€)). In der Visualisierung sind keine Parkplätze zu sehen, vielmehr ist die Arena sogar auf drei Seiten eng von Wasser umgeben. (Zugegeben, es ist ein KI-Bild (Facebook).) Zum Thema Parken noch was „out of football“: Die neue Vattenfall-Zentrale in der Hafencity wird genau 0 Parkplätze für die 1.500 Angestellten haben. Es gibt nur 95 Stellplätze für Gäste, Schwerbehinderte und den Fuhrpark. Autoarm und autofrei sind also keine fernen Zukunftsvisionen, sondern längst Realität. Wer jetzt immer noch erzählt, dass der Verein am Millerntor bei mehr als 30.000 Plätzen ein Parkhaus bauen muss, der ist wohl in den 60er Jahren hängen geblieben.

Bewegung kommt in unsere Stadion-Sache durch die Genossenschaft. Wie viel Geld am Ende im Topf landet, ist offen. Aber es wird Veränderungen geben. Die Besitzerstruktur der Stadionbetriebsgesellschaft verschiebt sich stark in Richtung der Genossinnen und Genossen. Ob das Geld jetzt für die Rückzahlung des Darlehens oder für bauliche Maßnahmen eingesetzt wird, oder beides: Es passiert was. Die Genossenschaft wird bestimmen, wie die mittel- und langfristige Zukunft des Stadions aussehen wird. Ich wünsche ihr weise und vorausschauende Entscheidungen.// Gastartikel von Raphael

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