90PLUS
·22. September 2024
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·22. September 2024
Was macht der bittere Last-Minute-Ausgleich mit Arsenal? Wie schwer wog und wiegt womöglich noch der Rodri-Ausfall für ManCity? 90PLUS liefert die Blitzreaktionen zum turbulenten 2:2 im Spitzenspiel – mit Vorausblick auf den Titelkampf der Premier League.
Die 90PLUS-Redakteure Chris McCarthy und Michael Bojkov haben sich die wichtigsten Themen des Spiels herausgepickt und kommentiert.
Letztes Jahr wählte Mikel Arteta im Etihad eine passive Ausrichtung, ähnliches galt für die letzten zwei Spiele ohne Spielmacher Martin Ödegaard. Wie sah es diesmal aus?
Letzte Saison wirkte es beinahe so, als gingen die Gunners in das Spiel, um nicht zu verlieren und somit den Titelkonkurrenten auf Abstand zu halten. Aufgrund des Ausfalls von Martin Ödegaard, ohne den die Gunners offensiv wie ausgewechselt wirkten, wäre das auch diesmal nicht überraschend gewesen. So jung ist die Saison. Doch siehe da, Arsenal war auf drei Punkte aus.
Zugegeben, die Zahlen (78 Prozent Ballbesitz pro City) erwecken einen anderen Eindruck. Doch ist alleine dem Platzverweis von Leandro Trossard mit Abpfiff der ersten Halbzeit geschuldet. Dieser veranlasste die Gunners dazu, in Unterzahl die Führung zu verwalten. Doch davor war es zwar vor allem ein hektischen, intensives und chaotisches Spiel, aber eines, in dem Arsenal körperlich und proaktiv zu Werke ging. Bester Beleg war das 1:0, als City die aufgerückten Gunners bestrafte. Der Plan war, auf Sieg zu spielen. Die Unterzahl änderte den Plan.
Chris McCarthy
Wie lief das Schlüsselduell Haaland gegen Saliba und Gabriel?
Beim 0:0 im letzten Aufeinandertreffen beider Mannschaften hatten William Saliba und Gabriel Magalhaes es geschafft, Erling Haaland komplett kaltzustellen. Diesmal war es eher andersherum, das Privatduell gegen die Innenverteidiger ging in den entscheidenden Szenen an den Norweger. Die wichtigste davon bereits nach neun Minuten: Bei einem Steilpass von Savinho sprintete Haaland in die von Saliba und Gabriel fahrlässig verteidigte Schnittstelle, hing beide ab und überlistete den chancenlosen David Raya zur frühen Führung für die Skyblues.
Nach 59 Minuten fast erneut: Haaland holte erst die Ecke gegen Gabriel heraus und zwang anschließend Raya zu einer Glanzparade, weil er sich geschickt von Saliba gelöst hatte. Dass Arsenal die Skyblues bis tief in die Nachspielzeit am Rande einer Niederlage hatte, lag auch daran, dass die Gunners stark als Kollektiv verteidigten und Haaland zudem nicht mehr entscheidend von seinen Mitspielern in Szene gesetzt werden konnte. Dem Norweger waren gegen extrem tief verteidigende Gäste die Hände gebunden.
Michael Bojkov
Wie lief das Startdebüt von Riccardo Calafiori?
Nach Eingewöhnungsphase und Verletzungsproblemen, gab der Italiener ausgerechnet gegen Manchester City sein Startdebüt als Linksverteidiger. Defensiv hatte der 22-Jährige Startprobleme, vor allem mit dem flinken Savinho – so gesehen bei der Entstehung des 1:0. Im Ballbesitz dagegen war von Anfangsnervosität oder Anpassungsproblemen keine Spur. Selbst gegen das intensive Pressing der Cityzens behielt Calafiori einen kühlen Kopf und vertraute auf seine starke Technik. Die Kirsche auf der Torte war natürlich sein Ausgleichstreffer, bei dem er – mit seinem ersten Abschluss in der Premier League überhaupt – den Ball mit links und vom linken Strafraumeck gefühlvoll im langen Eck beförderte. Ein Traumtor.
In Unterzahl rührte Arteta Zement an, hier zeigte sich Calafiori zweikampf- und laufstark. Mit Krämpfen musste er nach einem insgesamt sehr vielversprechenden Startdebüt in der 73. Minute ausgewechselt werden.
Chris McCarthy
Riccardo Calafiori führte Arsenal zum zwischenzeitlichen Ausgleich. (Photo by Carl Recine/Getty Images)
Welche Rolle spielte die Standardstärke beider Mannschaften?
Beide Trainer werden im Vorfeld der Partie über Standards gesprochen haben. Warum? Weil Arsenal in dieser Spielzeit die gefährlichste Mannschaft nach ruhenden Bällen ist. ManCity dagegen ist in der Premier League am besten darin, diese zu verteidigen, aber schon Brentford hatte in der vergangenen Woche gezeigt, dass die Raumdeckung der Skyblues durchaus verwundbar ist, wenn man sich als angreifende Mannschaft denn etwas überlegt. Und das tat Arsenal.
Das Ergebnis? Ein Kopfballtreffer durch Gabriel Magalhaes nach Ecke. Und das mit Anlauf – im wahrsten Sinne des Wortes und Bildes. Schon Minuten zuvor hatte der Innenverteidiger die Möglichkeit, nach Ecke zu treffen. Beim entscheidenden Eckball kurz vor der Pause, getreten von Bukayo Saka, nahm der Innenverteidiger aus dem Rückraum Anlauf und wuchtete die Kugel aus der Nahdistanz per Kopf zur Führung in die Maschen. Dabei profitierte der 1,90-Meter-Hüne auch von seinen Teamkollegen, die ihm den Raum freigeblockt hatten. Am Ende sollten sich die Standardstärke der Gunners und Gabriel als abermaliges Kopfballungeheuer beinahe als Matchwinner herausstellen – wäre da nicht die eine Szene mit Mateo Kovacics Last-Minute-Ausgleich gewesen.
Michael Bojkov
Was waren die Schlüsselszenen?
Lange war es der Ausfall von Rodri. Doch dieses Spiel hatte einige Schlüsselszenen parat. Eine – aus ihrer Sicht – negative hatten die Gunners selbst zu verschulden. Leandro Trossard hatte schon für die verzögerte Ausführung eines Freistoßes Gelb gesehen und schoss unmittelbar vor Abpfiff des ersten Durchgangs bei einem Freistoß für City den Ball weg. Für Michael Oliver erneut gelbwürdig, weshalb der Schiedsrichter sich gezwungen sah, Gelb-Rot zu zeigen.
Für Trossard waren beide Gelbe Karten laut Regel konsequent. Was allerdings nicht konsequent ist: Wie die Schiedsrichter der Premier League in solchen Situationen reagieren. Alleine in dieser Partie gab es mehrere Spielverzögerungen, die ungeahndet blieben. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass ein 29-jähriger Spieler, der aus noch gelbvorbelastet ist, sich nicht derartige Disziplinlosigkeiten erlauben darf, wie Trossard es tat.
Zu Erinnerung: Wegen Ballwegschlagens wurde Declan Rice gegen Brighton bereits mit Gelb-Rot des Feldes verwiesen. Trossard stand damals auch suf dem Platz. Er hätte es besser wissen müssen. Die Spieler des FC Arsenal müssen cleverer werden, wenn sie den Titel gewinnen wollen.
Chris McCarthy
Ob ManCity das Spiel in andere Bahnen hätte lenken können, hätte Rodri nicht verletzt ausgewechselt werden müssen, lässt sich natürlich nur spekulieren. Doch klar ist: Mit dem Kapitän auf dem Feld wäre mehr drin gewesen. Schon direkt nach seiner Auswechslung merkte man dem Spiel der Skyblues die fehlende Struktur an, die Ilkay Gündogan und Mateo Kovacic bei aller zweifellos vorhanden Klasse dem City-Spiel nicht in der Form gegen können, wie Rodri es eben kann.
Spätestens aber in der Überzahl wurde das Fehlen des spanischen Strategen deutlich. Fast 90 Prozent (!) Ballbesitz hatte ManCity im zweiten Durchgang. Doch die Skyblues schafften es nicht, den tief stehenden Block der Gunners zu knacken. Weil Tempo im Passspiel und Rodris Geistesblitze fehlten. Und wer weiß, vielleicht hätte der Kapitän den Gästebus auch mit einem Schuss aus der zweiten Reihe überlisten können. Schließlich ist Rodri einer der besten Distanzschützen der Premier League, wenn nicht Europas. So musste City bis in die letzte Minute bangen, ehe Kovacic den erlösenden Ausgleich erzielte.
Michael Bojkov
Rodri musste verletzt ausgewechselt werden. (Photo by Michael Regan/Getty Images)
Was bedeutet das Resultat für den Titelkampf der Premier League?
Es gab wenige, die Arsenal zutrauten, ohne Ödegaard einen Dreier aus dem Etihad zu entführen. Mit der Punkteteilung, so herzzerreißend der späte Ausgleich für die zuvor so aufopferungsvoll verteidigen Gunners auch war, wird Arteta aufgrund der 45-minütigen Unterzahl deutlich besser leben können als Guardiola. Der Vorsprung der Cityzens bleibt bei zwei Punkten.
Signifikanter als das Resultat könnte allerdings der potentiell langwierige Ausfall Rodris sein. Er ist der Kopf und das Herz dieser Mannschaft. Ohne ihn wirkt City mit einem Wort „sterblicher“. In einem Meisterrennen, das noch einige Wendungen verspricht.
Chris McCarthy
Was das Spiel in Bezug auf die Meisterschaft aussagt, wird aus City-Sicht erheblich davon abhängen, wie lange Rodri ausfallen wird. Er ist Kapitän, Dirigent, Initiator und Torschütze in einer Person und damit das Herzstück der Mannschaft. Ein langfristiger Ausfall würde die Citizens zweifelsohne spielerisch schwächen. Tabellarisch lassen sich nach sechs Spieltagen und zwei Punkten Unterschied noch keine Schlüsse ziehen. Für Arsenal bedeutet der Gegentreffer in letzter Minute natürlich einen moralischen Knick. Dass der in den kommenden Spielen gegen Leicester, Southampton und Bournemouth ins Gewicht fällt, ist aber unwahrscheinlich.
Michael Bojkov
(Photo by Michael Regan/Getty Images)