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Simon Schmidt·9. Februar 2025
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Simon Schmidt·9. Februar 2025
Am 21. Juli 2012 klingelt das Handy von Geburtstagskind Vahid Hashemian. Am anderen Ende ist Peter Neururer, seines Zeichens deutsche Trainerikone. Neururer selbst erlitt wenige Wochen zuvor einen Herzinfarkt und lag mehrere Tage im künstlichen Koma. Dass er in dieser schweren Zeit an einen seiner Ex-Spieler denkt und ihm gratuliert, ist bezeichnend. Vor allem für Vahid Hashemian. Denn der Iraner spielte sich einige Jahre zuvor in das Herz seines Trainers und der Bundesliga-Fans.
Denn der „Hubschrauber“, wie Hashemian bei seiner ersten Deutschland-Station in Hamburg von HSV-Trainer Frank Pagelsdorf getauft wurde, setzte in Bochum zu einem echten Höhenflug an. Der Angreifer sollte seinem Spitznamen, den er wegen seiner enormen Sprungkraft bekommen hat, an der Castroper Straße alle Ehre machen.
In seiner Zeit beim VfL Bochum erwischte der Hubschrauber unter Trainer Neururer nämlich eine sagenhafte Thermik und befand sich auf einem echten Höhenflug. Erst hatte der Iraner einen ordentlichen Anteil daran, dass der VfL 2002 wieder in die Bundesliga aufstieg und dann mischte er diese direkt mal auf.
📸 Martin Rose - Bongarts
Hashemian stand praktisch in jedem Spiel auf dem Platz. Er ackerte, flog mit seinen 1,82 Metern durch die Luft und schoss Tore. Und das fast am Fließband. In der Saison 2002/03 waren es zehn Treffer in 34 Spielen, ein Jahr später machte er sich mit seinem Team in der Revierstadt unsterblich. 16 Tore, sechs davon per Kopf, packte Hashemian nochmal drauf und ballerte die Bochumer damit in den Europapokal. Erst das zweite Mal in der Vereinsgeschichte überhaupt.
Doch Hashemian selbst sollte kein Spiel für den VfL in Europa machen. Der FC Bayern wurde auf den Hubschrauber aufmerksam und holte ihn im Sommer an die Seite von Roy Makaay, Claudio Pizarro und Roque Santa Cruz in den Münchner Sturm. Es war ein Kindheitstraum, den sich Hashemian erfüllte, auch wenn es sportlich eher zu einem Albtraum werden sollte.
Die Aussage vom ehemaligen Bochumer Mitspieler Paul Freier, dass Hashemian "bei einer Spitzenmannschaft locker 20 Tore machen würde", sollte sich nicht bewahrheiten. Denn der Hubschrauber befand sich fortan immer mehr im Sinkflug und konnte nie mehr an seine gezeigten Leistungen in Bochum anknüpfen. Nach einer Saison und nur 15 Einsätzen, bei denen Hashemian immerhin ein Tor schoss, war seine Zeit beim FC Bayern vorbei.
"Ich bin sehr stolz, dass ich beim FC Bayern war. Und ich habe dort mit guten Leuten zusammengearbeitet. Ich sage immer: Man muss es probieren. Man gewinnt oder verliert, aber wenn man es nicht probiert, verliert man", war Hashemian im Interview mit 'Goal' trotzdem mit sich im Reinen.
📸 Christian Fischer - Bongarts
Das liegt vielleicht auch daran, dass der Höhenflug des persischen Hubschraubers alles andere als vorgezeichnet und geplant war. Erst spät wurde Hashemian in seiner Heimat im Iran entdeckt, mit „15 oder 16 Jahren“, wie er sich im Interview mit 'Goal' erinnerte. Es war das erste organisierte Fußballturnier in dem der Stürmer mitgespielt hatte. Prompt wurde er von Talentsichtern entdeckt und in einen Verein in seiner Geburtsstadt Teheran geholt.
Von dort aus ging es nach Deutschland, dem Land, dem er früher bei Fußball-Weltmeisterschaften schon immer die Daumen drückte, beziehungsweise nach Hamburg, dem Ort, der ihm seinen einzigartigen Spitznamen geschenkt hat.
Eine Karriere als echter Top-Torjäger, der er in seiner Zeit beim VfL Bochum ohne Zweifel war, blieb dem Hubschrauber allerdings verwehrt. Nach dem missglückten Intermezzo blieb er auch in Hannover und in seiner zweiten Zeit in Bochum glücklos. In 121 Spielen kamen nur noch zwölf Treffer hinzu.
Im Sommer 2012 beendete Hashemian dann seine Karriere beim Heimatverein FC Persepolis in Teheran. Vielleicht sehen wir den Hubschrauber aber sogar nochmal in der Bundesliga. So sagte er im Interview gegenüber '11Freunde': "Ich träume davon, einmal einen meiner Ex-Klubs zu trainieren. Den VfL Bochum, den HSV, Hannover 96..."
Sollte ihm das gelingen, dürfte er sehen, dass ihn in der Bundesliga nicht nur Peter Neururer in guter Erinnerung behalten hat. Seinem Höhenflug als Hubschrauber sei dank.
📸 Andreas Rentz - Bongarts