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Justus Pludra·12. Mai 2025
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Justus Pludra·12. Mai 2025
Stell dir vor dein Trainer stellt sich kurz nach Beginn der Rückrunde vor eure Truppe und sagt: "Wir müssen uns bewusst machen, dass wir dabei sind, jeden Negativrekord zu brechen." Was ist das Letzte, was du Mitte Mai über dich lesen willst? Richtig, dass es noch schlimmer geworden ist. Und damit willkommen in der Welt von Manchester United.
Als Sir Alex Ferguson im Sommer 2013 bei den Red Devils abdankte, zählte der stolze Verein zur Weltspitze. Englischer Rekordmeister, amtierender PL-Champion, immer im Rennen um den Henkelpott. Selbst in seinen schlimmsten Albträumen hätte "Fergie" damals wohl nicht erahnt, wie schlimm es zwölf Jahre später um seinen geliebten Klub steht.
Klar, in der Zwischenzeit ist auf vielen Ebenen einiges schief gelaufen. Aber so ungerne Fußball-Romantiker das auch hören: Geld schießt Tore - und davon hat United nach wie vor genug. Fast 250 Millionen Euro wurden alleine vor oder in der laufenden Saison für neue Spieler ausgegeben. Ein neues Stadion mit geschätzten Baukosten von 2,4 Milliarden Euro ist in Planung.
Das Zwischenergebnis zwei Liga-Spieltage vor Schluss: 39 Punkte, Platz 16! Der jüngste Tiefpunkt war die blutleere 0:2-Pleite gegen den Tabellennachbarn West Ham am Sonntag. Nach dem "peinlichen" (O-Ton Ruben Amorim) Auftritt seiner Mannschaft wurde der Coach grundsätzlich: "Ich hab das Gefühl, dass uns der unbedingte Wille, in allem was wir tun, fehlt. Das ist ein großes Problem."
Seit Monaten redet der Portugiese sich den Mund fusselig. Das einleitende Zitat stammt aus dem Januar. Da hatte United schon den miesesten Saisonstart seit 131 Jahren hingelegt. Das ist so verdammt lange her, damals hieß der Verein noch anders. Unter dem ursprünglichen Namen Newton Heath stieg der Klub am Ende sogar ab.
So weit wird es dieses Mal nicht kommen. Trotzdem ist es dem dreimaligen CL-Sieger irgendwie gelungen noch tiefer zu sinken. Die gestrige Niederlage gegen die Hammers brachte gleich zwei unschöne Rekorde mit sich. Es war die 17 PL-Nullnummer der einst so gefürchteten roten Teufel in dieser Spielzeit.
Dazu ist die ehemalige Festung Old Trafford momentan ein Erlebnispark für Auswärtsmannschaften. Neun Mal hat United 2024/25 in der Liga schon vor heimischem Publikum verloren. Nie waren es in 145 Jahren Vereinsgeschichte mehr.
Doch Bruno Fernandes & Co. haben sich selbst einen Rettungsring aus der historisch schlechten Lage geworfen. Absurd nervenstark spielte sich das Star-Ensemble ins Finale der Europa League vor. Werden dort die chronischen Verlierer Tottenham Hotspurs besiegt, ist der rote Teil Manchesters 2025/26 in der Champions League vertreten. Fußball, du bist so herrlich bekloppt.
Amorim hat momentan aber anderes im Kopf. "Das Finale macht mir keine Sorgen", beteuerte er am Sonntag. "Es ist mit Abstand das kleinste Problem in unserem Verein." Der Ex-Profi sei auf der Suche nach "etwas Tieferem", dass geändert werden müsse. Wenn am 21. Mai die Spurs erstmals seit 1984 eine europäische Trophäe in die Höhe recken dürfen, könnte die Suche von Amorim unfreiwillig beendet werden. Gedankenspiele. Fest steht, dass Manchester United sich dann erneut selbst überbieten würde im Schlechtsein.
📸 OLI SCARFF - AFP or licensors