MillernTon
·28. März 2025
„Wir rechnen uns schon was aus“

MillernTon
·28. März 2025
Der FC Bayern München ist ein übermächtiger Gegner, doch chancenlos ist der FC St. Pauli nicht. Denn der Rekordmeister ist geschwächt und der FCSP zeigte im Hinspiel, wie man den FCB knacken kann.(Titelfoto: Stuart Franklin/Getty Images/via OneFootball)
Im „Vor dem Spiel“-Gespräch hat sich Michael mit Andreas von MiaSanRot unterhalten, der bereits beim Hinspiel auf sehr angenehme Weise die Situation beim FCB dargestellt hat.Einen kurzen Überblick zur Geschichte des FCB und einen schönen Einblick in die dortige Ultra-Szene hat Nina in ihrem Artikel „FC Bayern München: Verein und Fanszene“ gegeben.Wer sich mit der Historie der Duelle des FC St. Pauli und des FCB befassen möchte, der/dem sei der „The Story So Far“-Artikel von Maik ans Herz gelegt.
Da die Personal-Situationen bei beiden Clubs doch relativ umfangreicher Ausführungen bedarf, da das ja nun auch kein gewöhnliches Spiel ist und die Vorberichte sowieso immer üppig bepackt sind, haben wir dieses Mal etwas ausprobiert: Es gibt einen eigenen Artikel zur Personal-Situation. Ob wir das nun dauerhaft so machen, mal schauen. Auf jeden Fall gibt es nun die Möglichkeit, sich in diesem Vorbericht noch etwas mehr dem taktischen Geschehen zu widmen.
Sechs Punkte Vorsprung hat das Team von Vincent Kompany aktuell auf Bayer Leverkusen. Die Bayern dominieren die Bundesliga in eigentlich allen Belangen (Tore, Gegentore, Schüsse, xG-Werte, Ballbesitz etc.). So dürfte in wenigen Wochen mal wieder die Deutsche Meisterschaft gefeiert werden. Alles andere wäre ein mittel- bis riesengroßes Fußballwunder. Doch der FC St. Pauli kann daran mitwirken, dass es dieses Wunder gibt. Denn unbesiegbar ist dieser FC Bayern München nicht, das haben zum Beispiel die letzten beiden Ligaspiele (1:1 bei Union, 2:3 gegen Bochum) gezeigt. Dazu muss aber natürlich einiges zusammenlaufen, unter anderem nennt Alexander Blessin als Grundvoraussetzungen „Matchglück und einen guten Tag.“
Dieser „gute Tag“ dürfte beinhalten, dass es gelingt, dem FC Bayern München so lange wie möglich wenige Torchancen zu geben (Belssin: „Je länger das Spiel 0:0 steht, umso mehr Energie und Luft gibt uns das.“). Der FCSP-Cheftrainer möchte den FCB „an den Rand bringen“, sodass „sie ein bisschen ins Verzweifeln kommen.“ Das kann nur gelingen, wenn der Gegner das Gefühl bekommt, er findet keine Lösungen.Im Hinspiel ist es eigentlich auch gelungen, dem FC Bayern München keine Lösungen zu geben. Blöd allerdings, dass eine Unachtsamkeit des FC St. Pauli von Jamal Musiala zur FCB-Führung per Traumtor genutzt wurde. Genau dieses Matchglück darf es nicht geben, wenn der FC St. Pauli etwas Zählbares in München holen möchte.
Wie der FC Bayern München zu Toren kommen möchte, ist eigentlich ziemlich klar: Das Team agiert zumeist in einem 4-2-3-1 und verändert sich dann im Spielaufbau in ein 2-4-4. Diese Formation bewirkt eine doppelte Besetzung der offensiven Außenbahnen und das ist auch genau das, was der FCB möchte. Die Breite ist bei den Bayern wirklich immer vorhanden, meist sogar mit mehr als einem Spieler. Die Gegner müssen andauernd mit Gefahren durch Diagonalpässe und allgemein Seitenwechseln rechnen. Blessin: „Sie wollen die Außenposition gerne immer doppelt besetzen und in viele 1-gegen-1-Situationen kommen. Da wissen wir um die Qualität und die Geschwindigkeit. Das müssen wir kontrollieren. Da müssen wir den Mut bewahren, wie wir Rausstechen und nach vorne verteidigen.“
Dieser Fokus auf die Außenbahnen ist nicht neu, war er doch bereits im Hinspiel ein klares Stilmittel des FCB und wurde damals vom FC St. Pauli, zumeist im tiefen 5-4-1, insgesamt gut verteidigt. Damit das wieder gelingt, ist eine gute Abstimmung notwendig. Wann kommt ein äußerer Innenverteidiger dem Schienenspieler zu Hilfe? Wann kann ein Spieler aus der Offensive diese Hilfestellung leisten? Denn die Innenverteidiger werden in Spielen gegen Bayern München auch andauernd vor andere Herausforderungen gestellt.
Vincent Kompany hat dem FC Bayern München einen neuen, aggressiven Spielstil verpasst und ist damit bisher erfolgreich. // (c) Stefan Groenveld
Für viele ist Harry Kane einfach „nur“ ein Torjäger. Doch er ist deutlich mehr als das, interpretiert er seine Rolle ganz vorne in der Offensive doch extrem flexibel. Nicht selten lässt er sich ins Mittelfeld fallen, dient da als Anspielstation für Torhüter und Innenverteidiger. In diesen Momenten zeigt der FCB oft gegenläufige Bewegungen – der ohnehin stets umtriebige Musiala besetzt dann die freie Position ganz vorne, die offensiven Außen bieten auch gerne mal Tiefenläufe an (sofern der Gegner nicht bereits extrem tief steht). Zudem zeigt sich aktuell Leon Goretzka besonders gerne in den offensiven Halbräumen. Der FC Bayern München bietet mit seinen Positionierungen, Abläufen und Rotationen also quasi das gesamte Portofolio an, um einen tief stehenden Gegner zu knacken.
Eine besondere Rolle im Spiel des FCB nimmt Joshua Kimmich ein. Gegen den FC St. Pauli vermutlich sogar eine noch viel wichtigere als ohnehin schon. Denn eine gelungene initiale Spieleröffnung des FC Bayern München ist in dieser Saison eigentlich immer von drei Spielern abhängig gewesen: Joshua Kimmich, Manuel Neuer und Dayot Upamecano. Das Problem: Zwei dieser drei Spieler fallen am Samstag aus, nur Kimmich wird auf dem Feld stehen. Entsprechend dürfte auf ihm ein besonders Augenmerk liegen und man darf gespannt sein, wie der FC St. Pauli insbesondere auf die Bewegungen von Kimmich (lässt sich im Aufbau gerne zwischen oder rechts neben die Innenverteidiger fallen) reagieren wird.
Eine in dieser Saison recht vielversprechende Herangehensweise in Spielen gegen den FC Bayern München war eine mannorientierte Defensive. Teilweise haben das die Teams über den gesamten Platz gemacht (wie zum Beispiel Bayer Leverkusen), teilweise hat man den FCB-Innenverteidigern etwas Raum gelassen, alle anderen Feldspieler aber an die Kette gelegt (wie zum Beispiel der VfL Wolfsburg). Vom FC St. Pauli ist das „Wolfsburger Modell“ zu erwarten. Alexander Blessin erklärte, dass es wichtig sei, den FCB-Spielern „in bestimmten Räumen eben nicht den Platz und die Zeit zu geben,“ was im Umkehrschluss bedeutet, dass es an anderer Stelle sein dürfte, wie zum Beispiel in der Innenverteidigung, mehr Platz für den Gegner gibt.
Ok, das waren jetzt einige Absätze in denen es nur darum ging, wie man die Offensive des FC Bayern München stoppen kann. Aber wie kann man ihre Defensive eigentlich knacken? Nicht oft, so viel ist angesichts von nur 24 Gegentreffern sicher. Ein Merkmal des FCB unter der Leitung von Kompany ist das zumeist sehr hohe Pressing und die komplett mannorientierte Spielweise. Die sorgt oft dafür, dass gegnerische Teams nach dem Gewinn des Balls diesen auch relativ schnell wieder los sind. Im besten Fall für den Rekordmeister ist das noch im gegnerischen Drittel der Fall. Gefährlicher wird es für das Bayern-Tor, wenn es dem Team nicht gelingt, den Ball sofort nach Verlust und noch in der gegnerischen Hälfte zu erobern
Denn wenn es Teams gelang, gegen den FC Bayern München Torgefahr zu erzeugen, dann nicht selten über Umschaltmomente. Blessin sprach von „guten Ballgewinnen“, die der FC St. Pauli im Hinspiel hatte, bei denen man „freie Räume“ gehabt habe. Genauer wollte er nicht darauf eingehen, erklärte aber, dass es dabei um „Umschaltmomente“ gehe. Und diese könnten am Samstag sogar noch etwas vielversprechender sein. Denn mit Davies und Upamecano werden die beiden schnellsten Spieler der FCB-Viererkette ausfallen, was der eigenen Rückverteidigung sicher nicht zuträglich sein dürfte.
Als Ersatz für diese beiden Spieler düften Min-Jae Kim und Raphael Guerreiro bereitstehen. Sie werden dann wohl zusammen mit Konrad Laimer und Eric Dier die Viererkette bilden. Auch Josip Stanisic anstelle von Kim ist in der Innenverteidigung denkbar, ebenso wie Hiroki Ito anstelle von Guerreiro links hinten. Ansonsten stellt sich nur noch die Frage, ob es Manos Saliakas mit Leory Sane oder Serge Gnabry zu tun bekommt. Die restlichen Positionen scheinen aktuell klar vergeben zu sein und es ist (leider) davon auszugehen, dass der FC Bayern München mit seiner besten Elf gegen den FC St. Pauli antreten wird.
Erwartete Aufstellung beim Spiel FC Bayern München gegen FC St. Pauli FCB: Urbig – Laimer, Dier, Kim, Guerreiro – Kimmich, Goretzka – Olise, Musiala, Sane – Kane FCSP: Vasilj – Nemeth, Wahl, Van der Heyden – Saliakas, Irvine, Smith, Treu – Sinani – Weißhaupt, Saad
Sollte Siebe Van der Heyden tatsächlich keinen Rückfall erleiden (wovon Alexander Blessin ausgeht), dann dürfte es beim FC St. Pauli zu keinen personellen Wechseln kommen. Das bedeutet auch, dass Danel Sinani weiterhin die „Eggestein-Position“ einnehmen (die er aber etwas anders interpretiert) und Eric Smith auch in München auf der Sechs agieren wird. Never change a winning team und so.
Sollte Van der Heyden doch nicht fit sein, dann sind etliche Varianten denkbar: Entweder rückt Adam Dzwigala in die Startelf und verdrängt David Nemeth von rechts nach links in der Innenverteidigung. Oder Lars Ritzka übernimmt die Position links hinten. Oder Eric Smith rückt wieder in die Innenverteidigung, Hauke Wahl dann nach rechts und Nemeth nach links. Dann dürfte entweder Connor Metcalfe oder Robert Wagner den Platz neben Jackson Irvine einnehmen.
Mit welcher personellen Aufstellung der FC St. Pauli auch immer antritt, die wichtigste Eigenschaft im Spiel gegen den FC Bayern München ist Mut. Denn es ist das typische Duell zwischen David und Goliath, bei dem nur ein Team wirklich etwas verlieren kann. Das ist auch eine Chance. Blessin: „Als krasser Außenseiter suchen wir mit Mut unsere Chancen. Wir haben nichts zu verlieren. Jeder von außen rechnet mit einer Niederlage, aber wir rechnen uns schon was aus, wenn wir mutig auftreten.“Forza!// Tim
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