Eintracht Frankfurt: Verein und Fanszene | OneFootball

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·7 January 2025

Eintracht Frankfurt: Verein und Fanszene

Article image:Eintracht Frankfurt: Verein und Fanszene

Der FC St. Pauli empfängt Eintracht Frankfurt. Nina blickt auf einen erfolgreichen Club, dessen Fanszene mit Choreos beeindruckt, aber auch mit Auseinandersetzungen auf sich aufmerksam macht.(Titelfoto: Stefan Groenveld)

So, die „Winterpause“ ist um. Ich hoffe ihr alle hattet weitestgehend entspannte Feiertage und seid nun wieder mit vollem Elan dabei, unsere Mannschaft im kommenden Heimspiel zu unterstützen. Denn es kommt wieder ein großer Gegner auf uns zu. Tabellenplatz drei, Omar Marmoush schießt ein Tor nach dem anderen… bei Frankfurt läuft es nicht schlecht, auch wenn sie im Dezember ein kleines Tief hatten, mit Niederlagen in der Bundesliga gegen Leipzig und Mainz. Umso mehr sollten wir hoffen, dass dieses Tief gegen uns noch bestehen bleibt.


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„Fabulous Sankt Pauli Hamburg“

Ach, ich weiß auch nicht, ich werde nervös bei diesem Gegner. Nicht nur auf dem Platz wird es schwer, sondern auch auf den Rängen. Denn es kommt eine große Szene ans Millerntor, die absolut nicht zu unterschätzen ist, sondern sehr prägend für die deutsche Ultrakultur war und ist.

Die letzte Begegnung zwischen unserem FC St. Pauli und Eintracht Frankfurt war am 30. Oktober 2019 im DFB-Pokal, leider gab es eine 1:2 Niederlage für uns. Aber trotzdem war es ein Spiel, an das ich mich oft erinnere. Denn als ich von der Gegengrade rüber auf die Süd guckte, erstrahlte eine goldene Choreo „Welcome to Fabulous Sankt Pauli Hamburg“ mit Lichteffekten das Millerntor. Genug Gelaber… gucken wir mal rein, in den Verein Eintracht Frankfurt und dessen Fanszene.

Eintracht Frankfurt – Historie

Die Anfänge

Nachdem es Unstimmigkeiten der Spieler beim ersten Frankfurter Fußballklub Germania gab, kam es 1899 zu einer Neugründung, der die ersten Spuren von Eintracht Frankfurt bildet. Damals wurde der Frankfurter Fußball-Klub Victoria gegründet. Gleichzeitig kam es zu mehreren Neugründungen von Fußballklubs in Frankfurt, nachdem der Fußballsport an Beliebtheit gewann und vor allem der Fußball-Club 1899-Kickers war der größte Rivale der Victoria. 1911 kam es dann aber zur Fusion dieser beiden Clubs zum Frankfurter Fußballverein (FFV). Bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde man serienmäßig Nordkreismeister. Aufgrund des ersten Weltkrieges wurden viele Spieler eingezogen und der Spielbetrieb wurde vorübergehend ausgesetzt.

Nach dem ersten Weltkrieg hatte der FFV mit Geldsorgen zu kämpfen, wie auch die Frankfurter Turngemeinde. So kam es 1920 also zu einer Fusion beider Vereine und man trat ab sofort unter dem Namen „Frankfurter Turn- und Sportgemeinde Eintracht (F.F.V) von 1861“ an. Die Eintracht wurde zum größten Sportverein Frankfurts, denn auch das Sportangebot wurde stark erweitert. Neben Fußball und Turnen wurden unter anderem Boxen, Leichtathletik, Handball, Tennis und Hockey angeboten. 1932 erreichte das Fußballteam das Finale der deutschen Meisterschaft, unterlag jedoch Bayern München mit 0:2.

Eintracht Frankfurt im Nationalsozialismus

Eintracht Frankfurt hatte enge Beziehungen zur Firma J. & C.A. Schneider, deren Inhaber jüdischen Glaubens war. Viele Spieler hatten dort Arbeit gefunden, als der Fußball noch nicht professionalisiert war, und auch viele Mitglieder bei der Eintracht waren jüdischen Glaubens. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam es aber zur Gleichschaltung des Vereins. Ursprünglich hatte man in der Satzung verankert, der Verein stehe „gesellschaftlich und konfessionell auf streng neutralem Boden“. Doch das änderte sich, denn im Frühjahr 1933 mussten „Personen, die jüdischen Glaubens oder in der marxistischen Bewegung aktiv waren“, ihre Posten in Führungspositionen innerhalb des Vereins räumen.

Der Verein übernahm das „Führerprinzip“, Jugendliche wurden aufgefordert, der HJ beizutreten und ab 1937 wurde der gesamte Jugendsport von der HJ organisiert. Auch Trainer und Abteilungsleiter mussten Mitglieder in der Jugendorganisation der NSDAP sein. Im selben Jahr wurde bei der Eintracht nach „Arischer Abstammung“ gefragt und der „Arierparagraph“ wurde in die Satzung aufgenommen.

Sportlich versanken die Fußballer zur NS-Zeit im Mittelmaß. Allerdings holte in der Leichtathletik Tilly Fleischer die Goldmedaille im Speerwurf bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin und die Frankfurter Handball-Frauen gewannen 1943 die Deutsche Meisterschaft.Das Vereinsgelände am Ratsweg wurde bei Luftangriffen auf Frankfurt 1943 zerstört und der Verein wurde heimatlos.Wer mehr wissen möchte: Mit dem Projekt „50 Eintrachtler“, dokumentiert das Museum Eintracht Frankfurts die Lebensläufe verfolgter Mitglieder.

Neugründung und der langsame Weg zu Erfolgen

Im Zuge der Entnazifizierung wurde der Verein aufgelöst. Eine Neugründung Eintracht Frankfurts erfolgte am 23.10.1945. Der Neuanfang verlief sportlich allerdings einige Jahre eher unspektakulär in der Süddeutschen Liga. Ab den 50er Jahren ging es dann langsam bergauf. 1952/53 holte man sich die Süddeutsche Meisterschaft und erlangte den Ruf einer „launischen Diva“, da nach Siegen gegen große Mannschaften meist eine Niederlage gegen vermeintlich schwache Gegner folgte.

Im Jahr 1959 wurde Eintracht Frankfurt erstmals Deutscher Meister und spielte sich international bis ins Finale des Europapokals. Nach diesen Erfolgen etablierte man sich in den hohen Ligen und 1963 folgte die Qualifikation für die neu gegründete Bundesliga.Auch in den Anfangsjahren der Bundesliga gehörte man zu den Top-Teams, doch ein weiterer Titelgewinn gelang vorerst nicht. Erfolgreicher war man stattdessen im Pokal: 1974,1975 und 1981 sowie 1988 gewann Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal. Zudem gewann man erstmals einen Europapokal, den UEFA-Cup 1980. In der Bundesliga waren die 80er geprägt durch Misserfolge, Frankfurt spielte oft gegen den Abstieg. Ursächlich dafür waren finanzielle Probleme, weswege viele wichtige Spieler verkauft werden mussten. Nachdem man sich in den frühen 90ern eigentlich wieder gefangen hatte, gelangte die Eintracht wieder in eine Abwärtsspirale. 1996 stieg der Verein dann erstmals in die 2. Bundesliga ab.

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Bereits fünfmal konnte Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal gewinnen. Zuletzt gelang das 2018 im Finale gegen den FC Bayern München. // (Alex Grimm/Bongarts/Getty Images/via OneFootball)

Die Eintracht war bis weit in die 2000er Jahre eine Fahrstuhlmannschaft, erst nach 2012 festigte man sich wieder in der Bundesliga. Um die finanzielle Situation zu verbessern, kam es 1999 zur Ausgliederung des Profifußballs in die „Eintracht Frankfurt Fußball AG“. In der Saison 2013/2014 spielte man endlich wieder international und nach 30 Jahren ohne Titel kam es 2018 zum erneuten DFB-Pokalsieg, als man im Finale gegen Bayern München gewann. Den letzten großen Titel holte die Eintracht 2022 im Finale der Europa League, welches in Sevilla gegen die Glasgow Rangers im Elfmeterschießen gewonnen wurde.Mehr Details zur Geschichte von Eintracht Frankfurt findet ihr in der Vereinschronik.

Fans und Fanszene

Nordwestkurve Eintracht Frankfurt

Eintracht Frankfurt ist mit über 140.000 Mitgliedern der sechstgrößte Sportverein Deutschlands. Der Verein zählt über 1.100 Fanclubs und bei einer Kapazität von 58.000 liegt die Auslastung des Waldstadions bei 99%.Der lauteste Teil des Waldstadions ist in der Nordwestkurve anzutreffen. Dort steht auch eine der bekanntesten und größten Ultragruppen Deutschlands: Ultras Frankfurt 97. Auch ältere Gruppen wie Brigade Nassau, Binding-Szene oder Inferno Schwalbach sind bis heute in der Nordwestkurve anzutreffen. Zu Anfangszeiten, so geht es aus einem Interview von 2000 in „Fan geht vor“ hervor, wollte Ultras Frankfurt „eine übergeordnete Gruppe ins Leben rufen, die nicht unbedingt die Fanclub-Schiene fährt, sondern die ein Auffangbecken für alle ist, die der Ultra-Idee anhängen und die diese Idee unterstützen wollen, die beispielsweise an den Choreografien mitarbeiten oder sie sogar mitfinanzieren. Die Leute müssen aber nicht unbedingt aus ihren Fanclubs austreten, um Mitglied bei den Ultras zu sein.“

Politisch ist Ultras Frankfurt wohl ziemlich gemischt, beziehungsweise setzen sie sich wie viele andere Ultragruppen kein Label. Im gleichen (oben verlinkten) Interview sagten sie: „Wenn irgendwelche rechte Tendenzen da sein sollten, dann sind die von irgendwelchen einzelnen Leuten da, sind aber überhaupt nicht für die gesamte Gruppe aussagefähig. Bei uns sind Rechte dabei, bei uns sind Linke dabei, Deutsche und Nicht-Deutsche und trotzdem verstehen wir uns untereinander“

Eine Untergruppe der Ultras Frankfurt sorgt in der Kurve für einen kleinen orangenen Farbklecks: Droogs 99. Diese positioniert sich klar gegen menschenfeindliche und -verachtende Parolen und setzt sich für Antirassismus ein (Klickt euch doch mal durch ihre Webseite, da gibt es viel zu entdecken, z. B. warum sie orange als Farbe wählten. Die Seite ist ein bisschen komisch aufgebaut, das haben Webseiten von Ultragruppen aber wohl so an sich). Gegen Union Berlin feierten die Droogs 99 mit einer Choreo ihr 25-jähriges Bestehen.Freundschaften der Ultras Frankfurt werden gepflegt mit Atalanta Bergamo, Waldhof Mannheim und BSG Chemie Leipzig.

Eindrucksvolle Choreografien

Besonders für eindrucksvolle Choreos ist die Fanszene Frankfurts sehr bekannt. Ich muss dabei oft an die Choreo im Europapokal-Finale 2022 denken, in der sie eine Blockfahne mit dem Spruch „Heilige Diva vom Main – Bitte für uns“ präsentierten. Zuvor ärgerten sie sich mit der UEFA, die Teile der Choreo, die UEFA-Werbebanden überdeckten, durch Polizei und Ordnungsdienst entfernen ließen. Die Ultras rächten sich, indem sie die Werbebanden der UEFA entfernten und so kurz die rot-weiße Werbung vom FC Sevilla (in dessen Stadion sie spielten) zu sehen war. Zu Beginn der Choreo, war der zuvor entfernte Teil wieder dran.Aber auch im Waldstadion werden ansehnliche Choreos präsentiert: In der Saison 2018/2019 gab es im Europacup zum Beispiel eine Ganzstadions-Choreo, in der mit Fahnen das Eintracht und das UF-Logo über die ganze Nordwestkurve präsentiert wurden.

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Sevilla, 18. Mai 2022 – Choreo der Fans von Eintracht Frankfurt vor dem EuropaLeague-Finale gegen Glasgow Rangers. // (David Ramos/Getty Images/via Onefootball)

Auseinandersetzungen mit der Polizei und Stadionverbote

Ultras Frankfurt gelangt häufig in die Schlagzeilen mit Berichten über Auseinandersetzungen mit der Polizei oder anderen Fanszenen.Im November 2023 kam es beim Heimspiel gegen Stuttgart im Waldstadion zu heftigen Ausschreitungen mit der Polizei. Daraufhin verließen Ultras Frankfurt die Nordwestkurve und der Block blieb bis Mitte der ersten Halbzeit leer, der Support wurde eingestellt. Auslöser sollen nach Polizeiangaben Angriffe auf Ordner*innen gewesen sein. Es wurden Schlagstocke und Pfefferspray gegen SGE-Fans eingesetzt. Polizisten wurden mit Gegenständen beworfen. Laut der Frankfurter Fanhilfe „Der 13. Mann“ wurden über 100 Fans durch das gewalttätige Einschreiten der Polizei verletzt. Zudem bestreitet die Fanhilfe Gewalt gegen Ordern*innen und Rettungskräfte und kritisiert den Einsatz der Polizei scharf. Der Auslöser, so die Fanhilfe, war ein Angriff auf einen in zivil gekleideten Mitarbeiter der Eintracht Frankfurt Unternehmenssicherheit. Diese Situation soll vor dem starken Einschreiten der Polizei aber schon beendet gewesen sein und rechtfertige das harte Einschreiten nicht.

Auch international gerieten Eintracht-Fans in Auseinandersetzungen mit der Polizei und heimischen Fans. So kam es zum Beispiel im März 2023 in Neapel zu Auseinandersetzungen mit Ultras von SSC Neapel, welche in Ausschreitungen mit der Polizei eskalierten. Eintracht-Fans waren trotz Ticket-Verkaufsverbotes an Gästefans nach Neapel gereist. Nach den Ausschreitungen folgte eine Vielzahl an Stadionverboten für SGE-Fans. Die Ultras erklärten am Ende der Saison 2023/2024, dass durch die vielen Aufenthalts- und Stadionverbote das Auftreten von UF in der aktuellen Saison runtergefahren wird. Viele Ultras, die einen großen Einfluss in der Frankfurter Fanszene haben, seien von Stadionverboten betroffen. Somit sei ein strukturiertes Auftreten kaum möglich. Man wolle den Fokus weg von größeren Aktionen und zurück auf die Gruppe verlagern. Auf Fotos auf der Webseite von UF ist vor allem in der laufenden Saison immer wieder ein großes Banner mit der Aufschrift „Ehre der Gruppe Stadionverbot“ zu sehen.

Herausforderung – Auf dem Rasen und auf den Rängen

Wie schon erwähnt, kommt mit Eintracht Frankfurt auf dem Rasen und auf den Rängen ein großer Gegner auf uns zu. Ich kann gar nicht richtig einschätzen, wie unsere Mannschaft aus der Pause kommen wird, wer weiß, vielleicht kommen auch schon die Neuzugänge zum Einsatz. Ich hoffe natürlich, dass uns die Pause guttat und sowohl die Mannschaft als auch wir als Fans mit voller Power in dieses Spiel starten. Mit Frankfurt als Gegner wird das aber natürlich nicht leicht. Ich bin sehr gespannt auf das Auftreten der Frankfurter Ultras und wie stark der Support auf deren Seite sein wird. Mit Omar Marmoush und Igor Matanovic könnten wir auch wieder zwei ehemalige St. Pauli-Spieler am Millerntor begrüßen, hoffentlich aber ohne Tore gegen uns, das fände ich jetzt nicht so nett. Egal, die Winterpause ist endlich um, wir haben uns alle hoffentlich gut erholt und am Samstag ist endlich wieder Spieltag.

Immer weiter vor!//Nina

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