MillernTon
·14 January 2025
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·14 January 2025
Grönemeyer, Feuerzeugwurf und Enttäuschung in der Fanszene – vor dem Spiel des FC St. Pauli gegen den VfL Bochum schaut Nina, was beim VfL so los ist.(Titelfoto: Christof Koepsel/Getty Images/via OneFootball)
Der FC St. Pauli reist tief in den Westen zum VfL Bochum. So und jetzt alle: „Bochum, ich komm aus diiiiiir, Bochum, ich häng an diiiiir!!!“ Herbert Grönemeyer, warum verpasst du mir regelmäßig diesen verdammten Ohrwurm? Mittwochabend, Fluchtlicht und wir können endlich diesen Banger live im Stadion hören. Ein Grund, zum VfL Bochum zu fahren. Aber natürlich geht es in erster Linie darum, unseren magischen FC gewinnen zu sehen.
Ich muss wieder ehrlich zugeben: VfL Bochum gehört zu einem der Vereine, mit dem ich mich bisher wenig auseinandergesetzt habe. Außer der Vereinshymne weiß ich kaum etwas über den Verein oder die Fanszene. Umso spannender es jetzt herauszufinden.
VfL Bochum von 1848 entstand am 14. April 1938 aus einer Fusion von SV Germania 06, TV 1848 Bochum und TuS Bochum und startete in der nationalsozialistischen Gauliga. Nach dem zweiten Weltkrieg schaffte es Bochum, aufgrund von starker Konkurrenz vieler Bergarbeitervereine im Westen, erst 1953 in die Oberliga West. 1961 spielten sie nur in der Amateurliga Westfalen mit. Vier Jahre später schafften sie es wieder bis in die Zweitklassigkeit. Wegen Qualifikationsspielen, die insgesamt remis endeten, entschied 1965 ein Münzwurf den Aufstieg in die Regionalliga West. 1971 stieg der VfL Bochum zum ersten Mal in die Bundesliga auf.
In der Bundesliga etablierte man sich, machte sich aber einen Namen als „Graue Maus“. 22 Jahre am Stück war der VfL Bochum in der Bundesliga, schaffte es allerdings nie über den achten Platz hinaus. Trotz regelmäßigem Abstiegskampf setzte man sich durch und bekam den Spitznamen der „Unabsteigbaren“. 1993 verlor der VfL Bochum den Spitznamen, als sie in die 2. Bundesliga abstiegen. Bochum war in den Folgejahren eine Fahrstuhlmannschaft. Zweimal Aufstieg und Abstieg hintereinander.
Im Jahr 1996, wieder in der ersten Bundesliga, qualifizierte sich der VfL Bochum für den UEFA-Pokal. Der bisher größte Erfolg des Vereins. Dort schaffte man es bis ins Achtelfinale. 1999 bis 2002 sollte der VfL Bochum nochmal Fahrstuhl fahren. 2003/04 schaffte man es erneut in den UEFA-Pokal und es gab die erfolgreichste Saison der VfL-Geschichte mit Platz fünf in der Bundesliga. 2005 stieg der VfL Bochum dann aber wieder ab, doch – ihr ahnt es – stieg direkt wieder auf. Bis 2009 sollte die Klasse gehalten werden. 2010 stieg man dann als Tabellenvorletzter erneut ab.
In der Zweiten Bundesliga tat man sich anfangs schwer. 2011/12 landete man auf Platz 14. In der folgenden Saison sogar auf Platz 15. Eine Saison später, 2013/14, schaffte man den Klassenerhalt in der Zweiten Bundesliga nur, weil die Konkurrenten Dynamo Dresden und Arminia Bielefeld patzten. Der VfL wurde ein fester Bestandteil der Zweiten Bundesliga. Aber neben dem Platz änderte sich was: 2017 kam es auf der Jahreshauptversammlung zur Entscheidung, die Profifußball-Abteilung in eine GmbH & Co. KGaA auszugliedern.
Nach insgesamt elf Jahren in der Zweiten Bundesliga sollte es dann 2021 endlich so weit sein: In der Corona-Saison setzte man sich souverän durch und wurde Zweitligameister. Einer der Top-Scorer in dieser Saison war Simon Zoller. Bis heute spielt der VfL Bochum in der Bundesliga. Erwähnenswert sind dabei die Relegationsspiele der vergangenen Saison gegen Düsseldorf. Nachdem Düsseldorf das Hinspiel mit 3:0 für sich entschieden hatt, konnte der VfL Bochum den Rückstand aufholen und gewann schließlich im Elfmeterschießen. Weitere Details zur Historie findet ihr wie immer in der Vereinschronik.
Wahrlich unabsteigbar: Nach einer 0:3-Niederlage im Hinspiel der Bundesliga-Relegation 23/24 gegen Fortuna Düsseldorf, drehte der VfL Bochum im Rückspiel auf und schaffte doch noch den Klassenerhalt. // (Lars Baron/Getty Images/via OneFootball)
Das Spiel VfL Bochum gegen Union Berlin an der Alten Försterei am 14.12.2024 sorgte und sorgt für Diskussionen. Der Bochumer Torwart Patrik Drewes wurde kurz vor dem Schlusspfiff am Kopf von einem geworfenen Feuerzeug getroffen, das aus der Unioner Kurve kam. Es gab eine mehr als 25-minütige Unterbrechung des Spiels, Drewes kam mit Schwindel und Übelkeit ins Krankenhaus. Die letzten Minuten des Spiels wurden dann mit einem „Nichtangriffspakt“ bestritten, indem die Spieler auf dem Platz sich nur noch den Ball hin und her passen, es blieb beim 1:1.
Der Fall kam aufgrund eines Einspruchs durch den VfL Bochum vor das DFB-Sportgericht und das Urteil fiel aus Bochumer Sicht positiv aus: Das Spiel wird mit 2:0 für den VfL gewertet und somit werden ihnen drei Punkte gutgeschrieben. Union hat dagegen Berufung eingelegt, gegen den Fan wurde Anzeige erstattet und ein dreijähriges Stadionverbot ausgesprochen.
Für Diskussionen sorgte, ob der Treffer wirklich so schwerwiegend war, wie es schien. Denn das Feuerzeug streifte „nur“ augenscheinlich den Kopf von Drewes. Das Gericht entschied, dass Torwart Drewes eine „eingeschränkte Spielfähigkeit hatte“ und daraus hätte sich eine „Schwächung der Bochumer Mannschaft ergeben“, so der Vorsitzende des DFB-Gerichts Stephan Osterholz.
Der VfL Bochum zählt seit letztem Jahr über 30.000 Mitglieder und mit einer Kapazität von 26.000 ist das Ruhrstadion bei Heimspielen fast immer voll ausgelastet. In der Ostkurve ist die Bochumer Ultraszene anzufinden. Unter anderem mit Ultras Bochum 1999 und dem Ruhrstadt Kollektiv, das 2023 erstmals als Gruppe auftrat. Zuvor gab es noch die Gruppe Melting Pott, die aber nach der Ausgliederung des VfL nicht mehr in de Ostkurve zurückkehrte. Personen der damaligen Gruppe sollen jetzt Teil des Ruhrstadt Kollektivs sein.
Zu Weihnachten sammelt Ultras Bochum mit der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ Spenden. Letztes Jahr sammelten sie für die ViA Ruhr e.V., die sich für Menschen mit sozialem Unterstützungsbedarf einsetzen, insbesondere sammelte man für Kinder und Jugendliche. Ultras Bochum rief dazu auf, Schuhkartons mit Sachspenden zu füllen und als Geschenk zu verpacken. Freundschaften pflegen die Ultras aus Bochum mit FC Bayern München und FC Bologna. Die Schickeria München beschreibt auf ihrer Webseite, dass die langjährige und traditionelle Freundschaft zwischen Fans beider Vereine insbesondere durch die Ultras wieder auflebte.
Wie bereits erwähnt kam es bei der Mitgliederversammlung des VfL Bochum im Oktober 2017 zur Entscheidung, die Profifußball-Abteilung in eine Kapitalgesellschaft auszugliedern. 80,19% der Mitglieder stimmten für eine Ausgliederung. Die Initiative „echt VfL – nur ohne Ausgliederung“, die auch die Ultras in Bochum unterstützen, konnte die Mehrheit der Mitglieder mithilfe von Demos und Plakaten nicht überzeugen.
Vor der Geschäftsstelle VfL Bochum, wurden nach der Mitgliederversammlung Grablichter aufgestellt, die den Tod des eingetragenen Vereins symbolisieren sollten. Ultras Bochum hatte kurze Zeit später nur noch das Bild der Grablichter auf ihrer Homepage, kurz darauf konnte die Homepage gar nicht mehr aufgerufen werden. Bis heute ist die Seite nicht mehr aufrufbar. (Ein Internetauftritt ist noch auf Facebook anzufinden: „Blick in die Kurve“) Der aktive Support wurde lange Zeit eingestellt und die Ostkurve blieb für fast ein Jahr in großen Teilen leer.
Im September 2018 trat man (auswärts in Kiel) erstmals wieder organisiert auf. Zumindest die Ultras Bochum waren wieder anwesend, die Gruppe Melting Pott kehrte nicht unter diesem Namen in die Kurve zurück. Mit dabei hatten die Ultras eine Fahne mit einem „unbequem, unverkäuflich“ Schriftzug, um weiter ihren Unmut zu äußern.
Ultras Bochum machten bei ihrer Rückkehr in die Ostkurve in einem Statement deutlich, dass sie sich nicht in einem Boykott befanden. Ihre Gefühlslage durch die Ausgliederung beschreiben sie als „ehrliche, aufrichtige und stille Trauer, nachdem für uns im vergangenen Oktober ein magisches Gefühl gestorben ist.“ Den Spielen blieb man nie fern, sondern schaute von der Westkurve und später Haupttribüne zu. Die Ostkurve hatte man verlassen, um Streitigkeiten mit Fans, die für die Ausgliederungen stimmten, nicht eskalieren zu lassen. Nach fast einem Jahr kehrte bei vielen Mitgliedern der Ultras Bochum die Motivation zurück, unter anderem, weil sie „als kritisches Umfeld des VfL weiter wirken müssen, da die verbundenen Gefahren schneller eintreten, wenn es keinen Widerstand mehr gibt.“
So, ich hoffe ihr konntet einen kleinen Überblick zum VfL Bochum bekommen. Eine Kurve, in der mal mehr, mal weniger los zu sein scheint. Ihre Entscheidung, sich nach der Ausgliederung eine zeitlang zurückzuziehen ist verständlich, genauso wie die, wieder zurückzukehren und weiter für ihren Verein zu kämpfen.
Ich freue mich darauf, die Hymne mal live zu hören und bin gespannt auf die Atmosphäre im Ruhrstadion, aber das Spiel müssen wir für uns entscheiden. Wenn wir auf der spielerischen Leistung gegen Frankfurt aufbauen, kann das auch was werden. Was wir aber brauchen sind Tore. Anders kann man ein Spiel nicht gewinnen. Ein Spiel an einem Mittwoch wird ungewohnt und die Englische Woche wird anstrengend, auf uns kommen aber zwei machbare Gegner zu, die in der Tabelle hinter uns stehen. Da sind sechs Punkte möglich, die wir auch ganz dringend brauchen, um dem Ziel Klassenerhalt immer näher zu kommen.
Immer weiter vor!//Nina
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