FC Bayern München
·10 février 2025
FC Bayern München
·10 février 2025
Die Gründung des FC Bayern im Jahr 1900 passte perfekt zum damaligen Zeitgeist in München: Die Stadt war ein Zentrum des Jugendstils. Kreativität und Innovation prägten das Leben, und vieles Neue entstand – darunter auch ein Fußballclub, der ganze Epochen maßgeblich beeinflussen sollte. Unser Vorstand Michael Diederich ergründete gemeinsam mit Talenten vom FC Bayern Campus, wie Geschichte entsteht, die zu Großem inspiriert. Das Mitgliedermagazin „51“ war mit dabei.
Am Eingang im ersten Stock der Ausstellung „Jugendstil“ in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung im Münchner Stadtzentrum steht in großen Buchstaben „Made in Munich“ zu lesen. Es ist der Untertitel der Sammlung an Kunstwerken, mit über 450 Objekten die größte weltweit – und gleichzeitig eine Steilvorlage für den Besuch des FC Bayern. Vorstand Michael Diederich und Dr. Eva Zier, Teamleiterin Pädagogik Nachwuchsfußball am FC Bayern Campus, versammeln ihre Gruppe mit Jugendlichen für ein Foto mit doppelter Symbolkraft: Die Mädchen und Jungs sind Talente des deutschen Rekordmeisters, auch sie sind „made in Munich“, und auch sie stehen – im übertragenen Sinn – für Jugendstil. Eines Tages sollen sie den FC Bayern gestalten.
Die Campus-Talente Luzie Zähringer, Xaver Pucci, Yll Gashi, Erblin Osmani, Said Attalai, Baran Özmen, Juliane Schmid, Tim Ebert, Eszter Reszler, Tim Schreyer und Raphael Pavlic (v. l.).
Auf der gut einstündigen Führung steckt Diederich immer wieder die Köpfe mit den Talenten vom Campus zusammen; er möchte wissen, was sie bewegt, was sie mitnehmen von diesem ungewöhnlichen Ausflug, weit weg vom Fußball. „Natürlich haben sie sich gewundert“, erzählt der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende des deutschen Rekordmeisters. „Warum sollen wir jetzt so eine Ausstellung besuchen? Wir wollen doch einfach nur Fußball spielen.“
So eine Haltung sei verständlich, meint Diederich, als junger Mensch hat man nun einmal seine eigenen Prioritäten. „Wir wollten mit ihnen aber mal einen Ausflug aus ihrer Welt heraus machen, ein bisschen ausbrechen – und es war schon zu spüren, dass die Skepsis mehr und mehr gewichen ist.“ Nicht alle werden auf den Schlag zum Kunstliebhaber und Jugendstilexperten, ergänzt Eva Zier. „Aber solche Ausflüge sind von Bedeutung, da sie den Jugendlichen ermöglichen, über den Tellerrand hinauszuschauen. Wir fördern damit soziale Kontakte und erweitern das Verständnis für Bereiche jenseits des Fußballplatzes.“
In der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung im Münchner Stadtzentrum ist noch bis zum 23. März die Ausstellung „Jugendstil“ zu sehen.
Nachdem die letzten Objekte besichtigt worden sind, steht Yll Gashi, seit zwei Jahren beim FC Bayern und aktuell Stürmer der U17-Junioren, mit ein paar anderen Campus-Jugendlichen zusammen. „Ein guter Pass oder ein Dribbling hat auch etwas mit Kreativität zu tun“, sagt er über Parallelen zwischen dem Fußball und der Ausstellung. Said Attalai, Stürmer in der U16, nickt: „Ich fand diesen Besuch inspirierend. Und ich finde cool, dass der FC Bayern genau in dieser Zeit gegründet wurde. Damals entstand viel Neues, man musste bestimmt mutig sein, Widerstände überwinden, durfte sich nicht abbringen lassen. Das alles müssen wir auch beherzigen, wenn wir unsere Träume erfüllen wollen.“ Diederich ist überzeugt: „Auch wenn die Jugendlichen vielleicht im ersten Moment etwas irritiert gewesen sind, wird dieser Besuch sicher nachwirken.“
Immer wieder löst die Gruppe auf der Führung Alarm aus – das passiert, wenn einem die Laufwege in so einer Ausstellung weniger vertraut sind. Und es ist auch ein Beleg dafür, dass der eine oder andere schon genau hinschauen wollte bei den unterschiedlichen Objekten. Neugierig zu sein, sei eine Notwendigkeit, wenn man sich entwickeln möchte, sagt Eva Zier mit einem Schmunzeln, als die Sirene zum wiederholten Mal zu hören ist. „Solche Besuche können das persönliche Interesse an verschiedenen Themen wecken“, erklärt sie, „sie eröffnen neue Perspektiven, regen die Kreativität an und laden zum Nachdenken ein.“ Darüber hinaus sei so eine Veranstaltung mit einem Vorstand des FC Bayern etwas ganz Besonderes für die Mädchen und Jungs, die am Campus ihrem großen Traum vom Durchbruch nachgehen: „Diese Erfahrung trägt dazu bei, Berührungsängste abzubauen, und fördert den Austausch zwischen den Verantwortlichen und den Jugendlichen.“ Der FC Bayern als Familie.
Immer offen für neue Wege: FCBVorstand Michael Diederich begleitete die Mädchen und Jungen.
An einer Vitrine verharrt Diederich mit einigen Talenten besonders lange. Sie zeigt Schmuckstücke wie Broschen und Gürtelschnallen, die Fred Dunn hergestellt hat. Dunn führte seit den 1900er Jahren ein Atelier für kunstgewerbliche Metallarbeiten, in den 20er Jahren war er Direktor des Bayerischen Kunstgewerbevereins – und, hier verschmilzt die Ausstellung „Jugendstil“ dann greifbar mit dem FC Bayern: Er war ab 1913 tatsächlich auch Präsident der „Roten“. Das ist kein Zufall, wie ein Blick in die Vereinschronik unterstreicht, in der schon 1901 geschrieben wurde, dass der Club „stets das Künstlerische und Vornehme betont“ habe. Dunn wurde 1872 als Amerikaner in New York geboren, mit sechs Jahren kam er nach München, wo er letztlich die deutsche Staatsbürgerschaft erhielt. Zunächst spielte er auf der Theresienwiese Baseball, ehe er zum Fußball kam – und zum 1900 gegründeten FC Bayern.
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Juliane Schmid hat sich die Kunstgegenstände der Ausstellung interessiert angeschaut, auch die von Fred Dunn. „Es ist außergewöhnlich, für einen Verein wie den FC Bayern zu spielen, der so eine lange Geschichte hat“, sagt die 20 Jahre alte Torfrau, die vor fünf Jahren zum FCB stieß, „und wie in dieser Ausstellung entsteht beim FC Bayern vieles, was bleibt.“ Die Jugendlichen könnten viele Parallelen zwischen Jugendstil und ihrem Verein erkennen, regt die Pädagogin Eva Zier an: „Beide Bereiche erfordern Hingabe und die Fähigkeit, seine Talente zu zeigen und auszudrücken. Insbesondere beim Jugendstil liegt wie beim Fußball viel Kreativität im Ausdruck – Jugendstil ist oft geprägt von dynamischen Bewegungen und Innovation, ähnlich wie der Fußball, bei dem Bewegung, Kreativität und innovatives Spielverständnis eine entscheidende Rolle spielen.“ Said Attalai findet die Farben, die die Künstler benutzt haben, interessant, Tim Ebert aus der U15 gefällt hingegen die Architektur, wie der Mittelfeldspieler erzählt. „Ich denke, ich werde zu Hause auch mal versuchen, etwas zu malen“, meint Said. „Ein Buch lesen oder mal in die Berge gehen erweitert auch den Horizont“, ergänzt Tim.
Ein Plakat zeigt Werbung für das Restaurant „Ethos“ – ein vegetarisches, wie auf dem Bild vermerkt ist. „Ziemlich cool, schon zu dieser Zeit“, lautet der Kommentar der Campus-Jugendlichen. Auch Diederich nimmt bei solchen Ausflügen etwas mit nach Hause, erzählt der FCB-Vorstand: „Da geht es mir doch nicht anders als den Mädchen und Jungs hier – man lernt im Leben nie aus.“ Er versuche, Inspiration und neue Perspektiven für sich zu entdecken. Eva Zier führt den pädagogischen Sinn weiter aus: „Man hinterfragt seine eigenen Ansichten und denkt darüber nach, wie wir verschiedene Lebenswelten weiter in die Ausbildung unserer Mädchen und Jungs integrieren können. Eine umfassende Allgemeinbildung sorgt für einen breiten Horizont und fördert das eigenständige Denken. Das sind die wichtigsten Werkzeuge in meinen Augen, die unsere Talente am FC Bayern Campus neben den sportlichen Fähigkeiten entwickeln sollten.“
Vom Campus in die Welt der Kunst: Talente des FC Bayern zu Besuch in der Münchner Kunsthalle.
Der FC Bayern ist seit seiner Gründung stets eine Heimat für Menschen gewesen, die Dinge entwickelt haben, offen waren, etwas voranbringen wollten. Fred Dunn ist nur einer dieser kreativen FCB-Protagonisten der damaligen Zeit, auch Franz John, der erste Präsident, verwirklichte sich als Fotograf, zudem listen die Chroniken in den Gründungsjahren weitere Kreativköpfe auf, die von sich reden machten: Der Torhüter Otto Ludwig Naegele studierte an der Münchner Kunstakademie, Gründungsmitglied Arthur Ringler wurde später als Stadtbaumeister von Innsbruck bekannt, der langjährige Kapitän Paul Francke war nicht nur einer der Wortführer am Gründungstag, sondern verewigte sich auch als Postkartenmaler; eines dieser Exemplare vom 17. Juni 1900 ist bis heute das zweitälteste Exponat im FC Bayern Museum.
Zur Geschichte des FC Bayern gehört dabei auch, sich mit allen Facetten der Personen ihrer Zeit auseinanderzusetzen. Arthur Ringler, Otto Naegele und Fred Dunn traten später der NSDAP bei – Letzterer beschrieb die Kunst des Jugendstils in einem Aufsatz im Jahr 1936 sogar als „entartet“ und fällte damit ein vernichtendes Urteil über sein eigenes Schaffen. Vor diesen Entwicklungen verschließt der FC Bayern keinesfalls die Augen; trotz der beispiellosen Geschichte der Versöhnung durch den jüdischen Präsidenten Kurt Landauer gab es im Club Opfer wie Täter, was durch die unabhängige Studie des Instituts für Zeitgeschichte aufgearbeitet wurde. Die Erkenntnisse ließ der Verein nicht zuletzt in seinem Museum in der Allianz Arena einfließen. Der Schriftsteller Hans Carossa schrieb einst ein Fazit zum Jugendstil: „Jenes vorurteilslose, weitherzige München, das so viele Begabungen sprießen und blühen ließ, war mir immer als ein Anfang erschienen, als das erste Stadium eines geistbestimmten Zeitalters, und es dauerte lange, bis mir begreiflich wurde, dass diese Epoche der freien Entfaltung nur ein Ausnahmezustand gewesen war, der nie wiederkehren sollte.“
(Spiel-)Raum für Austausch: Dr. Eva Zier (r.) im Gespräch mit den Campus- Jugendlichen.
Umso mehr ist gerade in der heutigen Zeit der Geist des Jugendstils zu schätzen, der aktuell in der Ausstellung der Münchner Kunsthalle weht. Der FC Bayern wurde 1900 bewusst als FC gegründet, mit einem englischen „C“ für Club, um die Weltoffenheit der Gründungsmitglieder zu spiegeln. „Ich bin froh, dass wir diesen Ausflug gemacht haben“, zieht Diederich ein Fazit. „Was wir hier heute gesehen haben, was alles dahintersteckt, eröffnet neue Perspektiven und regt zum Nachdenken an.“ Jugendstil bedeute, so der FCB-Vorstand, „dass man nicht nur etwas abbildet oder reproduziert, was ohnehin schon da ist – sondern dass man etwas gestaltet, erschafft, dass man nicht immer auf die alten Muster baut. Das passt zu unseren Jugendlichen am FC Bayern Campus – und das passt auch in die heutige Zeit: über den Fußball hinaus.“
Dieser Text erschien im FC Bayern-Mitgliedermagazin „51“: