Nach 1:5 in Cottbus: Ultras schicken Mannschaft weg | OneFootball

Die Stimmung war ohnehin schon aufgeheizt. Bereits während der 1:5-Pleite in Cottbus drehten die Ultras im Gästebereich der Mannschaft demonstrativ den Rücken zu. Als sich dann Kapitän Jesper Verlaat & Co. nach dem Abpfiff in Richtung Kurve aufmachten, um sich dem mitgereisten Anhang zu stellen, winkten einige Ultras ab, schickten sie zurück. Die Spieler diskutierten kurz - und schlichen dann unter den Pfiffen der eigenen Fans wie begossene Pudel in die Kabine.

Es ist ein neuer Tiefpunkt beim TSV 1860: Nicht nur, dass die Löwen nach dieser Rekordpleite im Osten wieder gefährlich nah an die Abstiegsplätze der Dritten Liga rutschen, sondern auch die aktive Fanszene die Nase voll hat. Über 1.000 Anhänger waren am Sonntagmittag nach Cottbus gereist, um die Löwen zu unterstützen. Was sie jedoch zu sehen bekamen, wirkte in großen Teilen wie Arbeitsverweigerung - da zählte auch nicht, dass die Mannschaft von Trainer Agis Giannikis offensiv unzählige Chancen hatte. Nur eine konnte Morris Schröter zum zwischenzeitlichen 1:2 nutzen.

Wer ist verantwortlich für diesen gravierenden Löwen-Absturz? Die Ultras sangen während der 93 Minuten auch “Scheiß Investor” - in Anspielung auf Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik, der jedoch aufgrund der 50+1-Keule keinen großen Einfluss auf das operative Geschäft beim TSV 1860 München hat und sich sowieso seit 2017 raushält. Und auch die Cottbuser Fans konnten nicht wirklich was für den maladen Gäste-Auftritt - und trotzdem sangen die Löwen-Fans: “Ossi-Schweine!”

Vielmehr sollte der eigene Anhang (Mitglieder!) vor der eigenen Haustür kehren: Die letzten weitreichenden Entscheidungen wurde allesamt im Mutterverein getroffen. Nicht nur die Einstellung des bereits geschassten Finanz-Geschäftsführers Oliver Mueller (nach nur 215 Tagen!), sondern auch die Inthronisierung des völlig unerfahrenen Dr. Christian Werner als Geschäftsführer Sport, der zuvor dreimal als Sportdirektor abgelehnt worden war. Auch Erfolglos-Trainer Agis Giannikis konnte nur mit der Zustimmung des Präsidiums eingestellt werden. Die Fans bzw. Mitglieder haben sich am 16. Juni 2024 auf der Mitgliederversammlung für diesen wenig glorreichen Weg entschieden - und sich damit gegen das prominente Bündnis um Klaus Lutz, Martin Gräfer & Co. und ein konstruktives Miteinander gestellt.

Die Frage ist: Wie kommt man aus diesem Dilemma wieder heraus? Hinzu kommt, dass Hauptsponsor “Die Bayerische” höchst unzufrieden ist mit der Gesamt-Performance des Klubs. Dass der Versicherer das Sonderkündigungsrecht zieht, ist möglich. Präsident Robert Reisinger war gestern mit seinem Vize Norbert Steppe in Cottbus. Nur der erfolgreiche Unternehmensberater kann jetzt entsprechende Antworten geben, wie er das damals wirklich gemeint hat mit: “Der e.V. hat geliefert.”