Strittige Szenen am 29. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati | OneFootball

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liga3-online.de

·17 mars 2025

Strittige Szenen am 29. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

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Die nicht gegebenen Elfmeter für Sandhausen und Saarbrücken (2), die Strafstöße für Cottbus und Verl, der direkte Freistoß für Essen, das Tor von Dresden, die Platzverweise gegen Wolfram und Müller sowie Foulspiele von Stiefler, Sontheimer und Fröde. Am 29. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de zwölf strittige Szenen genauer angeschaut.

Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga- & FIFA-Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 54-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf arbeitet Rafati heute als Mentalcoach für Profifußballer und Manager und ist ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, unter anderem bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation. Mehr Infos unter babak-rafati.de.


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Szene 1: Emmanuel Iwe (Sandhausen) dringt in den Strafraum ein und geht gegen Dominik Pelivan (Cottbus) zu Fall, das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 1:37:30]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf von Pelivan gegen Iwe ist im Fußbereich alles regelgerecht, auch wenn es zu einem Kontakt kommt. Allerdings spielt Pelivan klar den Ball, und erst danach kommt es naturgemäß durch seine Ausholbewegung zum Ball zu einem Fußkontakt. Somit ist die Aktion nur ballorientiert. Ursächlich für den Faller ist der Oberkörpereinsatz beziehungsweise der Kontakt im Hüftbereich, der allerdings auch regelgerecht ist. Nicht jedes Zufallbringen ist ein Foulspiel. Dadurch, dass Iwe den halben Schritt zum Ball macht, hat er keine Spannung mehr im Körper und deshalb fällt er so leicht, was aber kein Verschulden des Verteidigers ist, denn dieser verhält sich im Zweikampf korrekt. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen und keinen Elfmeter zu geben.

Szene 2: An der Strafraumkante geht Lucas Copado (Cottbus) gegen Jonas Weik (Sandhausen) zu Fall, es gibt Elfmeter für Cottbus. [TV-Bilder – ab Minute 2:05]

Babak Rafati: Bei diesem Laufduell sieht man in der Entstehung, dass der Schiedsrichter weiter mittig und zentral läuft und nicht nach außen auf die rechte Seite einrückt, um sich dem Zweikampf zu nähern. Dadurch entgeht ihm das Foulspiel von Weik an Gegenspieler Copado. Das wird ihm dann aber vom Assistenten angezeigt, was richtig ist. Anschließend geht es um die Frage, ob das Vergehen innerhalb oder außerhalb des Strafraumes stattfindet. Anhand der TV-Bilder kann man sehr gut erkennen, dass das Foulspiel knapp außerhalb des Strafraumes passiert, sodass es lediglich einen Freistoß hätte geben dürfen und keinen Elfmeter. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor, was durch ein richtiges Positionsspiel des Schiedsrichters, wie oben beschrieben, vermeidbar wäre. Hinweis: Auch, wenn der Angreifer mit dem linken Fuß auf der Strafraumlinie steht und diese zum Strafraum gehört, ist es aber relevant, wo der Kontakt beziehungsweise das Foulspiel passiert. Und das ist am rechten Fuß des Verteidigers, der eben knapp außerhalb des Strafraumes positioniert ist. Dass sich der Angreifer an den linken Fuß fasst, liegt womöglich daran, dass er dort wegrutscht und sich womöglich dort ein wenig weh tut.

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Szene 3: Bei einem Abstoß im Strafraum berührt Dynamo-Keeper Tim Schreiber den Ball zweimal, Schiedsrichter Timon Schulz gibt indirekten Freistoß für Essen. Anschließend moniert RWE ein Handspiel im Strafraum und fordert Elfmeter, den es jedoch nicht gibt. [TV-Bilder – ab Minute 2:30]

Babak Rafati: Keeper Schreiber legt sich den Ball zum Abstoß hin und berührt den Ball zweimal, wenn auch unbeabsichtigt. Das ist regeltechnisch ein zweimaliges Ballspielen, was einen indirekten Freistoß nach sich zieht. Somit liegt eine richtige Entscheidung vor, auf indirekten Freistoß zu entscheiden. Der Ball ruht beim Abstoß für einen Moment, sodass er zuvor richtig ins Spiel gebracht worden und keine Wiederholung möglich ist. Auch ist der Sachverhalt, dass sich ein Essener Spieler noch im Strafraum befindet, ist kein Argument für eine mögliche Wiederholung des Abstoßes. Dadurch, dass dieser Essener Spieler nicht ins Spielgeschehen eingreift, ist es unerheblich, dass er sich bei der Abstoßausführung noch im Strafraum befindet. Auch, wenn der Ball anschließend bei diesem scharfen Schuss an den Arm eines Verteidigers gegangen sein sollte, ist ein strafbares Handspiel nicht zu sehen. Somit liegt eine richtige Entscheidung vor, weiterspielen zu lassen und keinen Elfmeter zu geben.

Szene 4: Im eigenen Strafraum geht Mustafa Kourouma (Essen) gegen Dominik Kother (Dresden) zu Fall, das Spiel läuft weiter. Direkt danach fällt das 1:1. [TV-Bilder – ab Minute 3:20]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf spielt Kother im Duell mit Kourouma den Ball. Dass es dabei auch zu einem möglichen Kontakt gekommen sein könnte, ist nicht auszuschließen. Im Fußbereich ist alles okay, im Oberkörperbereich scheint sich der Verteidiger bedrängt zu fühlen und deshalb einen Freistoß haben zu wollen. Das erkennt man daran, dass er sich nicht an den Fuß fasst, was immer signalisieren soll, am Fuß getroffen worden zu sein, sondern die Arme hochreißt, um eben zu signalisieren, geschubst worden zu sein. Allerdings ist kein Foulspiel auszumachen beziehungsweise ist der Einsatz zu wenig für ein Foulspiel. Da muss ein Verteidiger konzentrierter und nicht so nachlässig zu Werke gehen. Solch ein Zweikampf würde man auf der anderen Seite für einen Stürmer auch nicht pfeifen. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen und den anschließenden Treffer anzuerkennen.

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Szene 5: Im Mittelfeld begeht Maximilian Wolfram (1860) ein Foulspiel an Maximilian Hennig (Unterhaching) und trifft ihn dabei am Knöchel. Schiedsrichter Assad Nouhoum zückt glatt Rot. [TV-Bilder – ab Minute 3:50]

Babak Rafati: Das Foulspiel von Wolfram an Gegenspieler Hennig sieht für den Schiedsrichter auf den ersten Blick vielleicht schlimmer aus, als es tatsächlich ist, deshalb entscheidet er sich für die rote Karte. Das liegt womöglich daran, dass das Trefferbild minimal über dem Knöchel passiert. Aber dadurch, dass Wolfram keine große Intensität in seiner Aktion hat und fast aus dem Stand den Fuß dort hinhält, reicht eine gelbe Karte vollkommen aus für dieses rücksichtslose Vergehen. Somit wäre eine gelbe Karte die richtige Entscheidung, sodass die rote Karte eine Fehlentscheidung ist. Solche Foulspiele sieht man oft, und diese sind sicherlich grenzwertig, aber reichen für eine rote Karte nicht aus. Die Akteure sind auch über die Entscheidung des Schiedsrichters sichtlich überrascht.

Szene 6: Manuel Stiefler (Unterhaching) geht rüde in einen Zweikampf mit Dickson Abiama (1860), sieht aber nur Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 2:00:10]

Babak Rafati: Bei Stieflers Einsatz wird der Ball leicht gespielt, auch Gegenspieler Abiama wird getroffen. Allerdings ist das kein brutales Foulspiel, vielmehr ein rücksichtsloses Foulspiel, das eine gelbe Karte nach sich zieht. Auch, wenn der Einsatz von Stiefler energisch ist. Ein Trefferbild für eine rote Karte ist aber nicht gegeben. Daher liegt eine richtige Entscheidung vor, lediglich die gelbe Karte zu zeigen. In dieser Situation hat der Schiedsrichter ein richtiges Maß.

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Szene 7: Patrick Sontheimer (Saarbrücken) geht rustikal in einen Zweikampf mit Benjamin Boakye (Stuttgart II), kommt bei Schiedsrichter Felix Weller aber mit Gelb davon. [TV-Bilder – ab Minute 1:40:10]

Babak Rafati: Die Entstehung dieser Szene beginnt kurz zuvor. Ein Saarbrücker wird gefoult, und der Schiedsrichter lässt weiterspielen, was zunächst einmal in der Folge Hektik ins Spiel bringt. Hier hätte es einen Freistoß geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt. Anschließend springt Sontheimer rustikal in den Zweikampf, trifft aber zum Glück nicht mit offener Sohle seinen Gegenspieler Boakye, sondern räumt ihn vielmehr ab, sodass ein rücksichtsloses Spielen vorliegt. Dafür die gelbe Karte zu zeigen, ist die richtige Entscheidung, weil kein Trefferbild für eine rote Karte zustande kommt. Diese gelbe Karte wäre aber vermeidbar gewesen, wenn wie bereits erwähnt, das Foulspiel zuvor abgepfiffen worden wäre und sich die Szene nicht hochgeschaukelt hätte.

Szene 8: Nach einem Schuss von Kasim Rabihic (Saarbrücken) bekommt Alexander Groiß (Stuttgart II) den Ball im Strafraum an den Arm, das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 2:10:15]

Babak Rafati: Bei diesem Schuss von Rabihic aus kurzer Distanz verhält sich Gegenspieler Groiß vorbildlich, indem er den Arm an den Körper anlegt, um zu vermeiden, dass er den Ball an den Arm bekommt. Dass dies trotzdem passiert, ist naturgemäß, da er den Arm nicht weiter zurückziehen kann. Mehr zurückziehen geht nicht, sodass kein strafbares Handspiel vorliegt und der Schiedsrichter absolut richtig entscheidet, weiterspielen zu lassen und keinen Elfmeter zu pfeifen.

Szene 9: Im Strafraum geht Stefan Feiertag (Saarbrücken) im Duell mit Luca Mack (Stuttgart II) zu Fall und fordert einen Elfmeter, den Weller jedoch nicht gibt. [TV-Bilder – ab Minute 2:12:10]

Babak Rafati: Feiertag stellt das Bein geschickt zwischen Ball und Gegenspieler, sodass automatisch ein Kontakt mit Gegenspieler Mack zustande kommt, den der Angreifer auch dankend annimmt und plötzlich zu Boden geht. Dieser Kontakt ist aber nur durch den Angreifer ausgelöst, und gleichzeitig macht der Abwehrspieler keine Anstalten, regelwidrig in den Zweikampf gehen zu wollen. In dieser Szene ist alles im grünen Bereich, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt, weiterspielen zu lassen.

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Szene 10: Im Strafraum geht Timur Gayret (Verl) gegen Lukas Fröde (Ingolstadt) zu Fall, Schiedsrichter Kevin Behrens gibt Elfmeter für Verl. [TV-Bilder – ab Minute 25:00]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf wird Gayret womöglich ein wenig berührt, wobei er diesen Kontakt auch sehr dankend annimmt und schnell zu Fall geht. In dieser Szene weiterspielen zu lassen, ist die bessere und richtigere Entscheidung, da der Kontakt sowohl im Fußbereich als auch im Hüftbereich einfach nicht ausreicht und nicht ursächlich für den Faller ist. Somit eine Fehlentscheidung, auf Foulspiel zu entscheiden und folglich einen Elfmeter zu geben.

Szene 11: Der bereits verwarnte Lukas Fröde (Ingolstadt) trifft Yari Otto (Verl) im Bauchbereich, kommt aber mit einer Ermahnung davon. [TV-Bilder – ab Minute 53:20]

Babak Rafati: Eine Szene, bei der jeder akzeptiert, dass es keine Karte gibt. Aber dadurch, dass Fröde in Kauf nimmt, Gegenspieler Otto im Bauchbereich treffen zu können, liegt regeltechnisch rücksichtsloses Spielen vor, und dafür muss es für den bereits gelb-verwarnten Fröde die gelb-rote Karte geben. Eine Fehlentscheidung, diese Karte nicht zu zeigen, auch wenn überhaupt keine Absicht von Fröde vorliegt und dieser sicherlich nur den Ball spielen wollte.

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Szene 12: Für zwei Foulspiele gegen Marius Wörl und Christopher Lannert sieht Marcus Müller (Osnabrück) von Schiedsrichter Eric Weisbach jeweils Gelb und muss vom Platz. [TV-Bilder – ab Minute 1:49:45 & TV-Bilder – ab Minute 4:20]

Babak Rafati: Natürlich trifft Müller bei der ersten Aktion Gegenspieler Wörl auf dem Fuß, aber das ist kein klassisches „Stempeln“, vielmehr geschieht es im Kampf um den Ball. Zudem ist die Aktion am gegnerischen Strafraum und es liegt überhaupt keine Angriffssituation für Wörl vor, sodass das Foulspiel lediglich mit einem Pfiff geahndet werden sollte. Eine gelbe Karte ist einfach zu viel des Guten. Somit eine Fehlentscheidung. Bei der zweiten Aktion spielt womöglich auch Frust eine Rolle, denn Müller geht an der Seitenlinie viel zu ungestüm in den Zweikampf gegen Lannert und trifft ihn am Fuß. Er trifft dabei seinen Gegenspieler nicht mit dem rechten Fuß durch einen Ausfallschritt, sondern mit dem linken Fuß, dem Nachziehbein und trifft Lannert rücksichtslos in die Füße. Dafür eine gelbe Karte zu zeigen, ist eine richtige Entscheidung. Dass es insgesamt zu einem Platzverweis kommt, hätte aber aufgrund der ersten Fehlentscheidung und der gezeigten gelben Karte nicht passieren dürfen, sodass insgesamt eine Fehlentscheidung vorliegt.

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