Miasanrot
·5 Januari 2025
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·5 Januari 2025
Der FC Bayern München hatte in der Hinrunde große Personalprobleme. Statt Panikkäufe im Wintertransferfenster zu tätigen, wird man nun wohl auf drei Rückkehrer bauen, die wie Neuzugänge sein können.
Für Max Eberl und Christoph Freund hat ein richtungsweisendes Jahr begonnen. Beide werden sich bereits im kommenden Sommer daran messen lassen müssen, was sie in ihrer noch jungen Zeit beim FC Bayern München geschafft haben.
Der größte Diskussionspunkt wird dabei sein, was mit den dieses Jahr auslaufenden Verträgen geschieht. Joshua Kimmich, Leroy Sané, Alphonso Davies, Manuel Neuer, Thomas Müller, Sven Ulreich, Eric Dier – sie alle können den FCB ablösefrei verlassen. Hinzu kommt die Frage, ob Jamal Musiala zeitnah einen neuen Arbeitsvertrag unterschreibt.
Fehlentscheidungen oder gar Absagen von wichtigen Spielern können sich Eberl und Freund nicht erlauben, wollen sie lange beim Rekordmeister arbeiten. Entsprechend ist trotz der Personalnot in den vergangenen Wochen nicht damit zu rechnen, dass der FC Bayern diesen Winter zahlreiche Neuzugänge präsentieren wird.
Im Gegenteil wird man sich daran klammern, dass die Dauer- oder Teilzeitverletzten aus der Hinrunde nun fit werden und auch fit bleiben. Drei von ihnen werden besonders im Fokus stehen – weil sie dem FCB helfen können, als wären sie frische Neuzugänge.
Bei Hiroki Ito muss man dabei nicht mal im Konjunktiv verweilen. Der Japaner kam im vergangenen Sommer vom VfB Stuttgart, brach sich den Mittelfuß und fiel dann lange aus. Ein Pflichtspiel absolvierte er für seinen neuen Club noch nicht. Und genau deshalb wäre er nicht nur ein Neuzugang, er ist es.
In der öffentlichen Diskussion spielte seine Verletzung keine übergeordnete Rolle. Ito ist mit 25 Jahren weder alt noch jung, kam von keinem Topclub, sondern von einem Überraschungsteam aus der Bundesliga und kostete vergleichsweise schmale 23,5 Millionen Euro. Ein Transfer, der keine öffentliche Euphorie und deshalb auch keine ewigen Debatten während des Ausfalls ausgelöst hat.
Doch genau in dieser fehlenden Euphorie liegt die große Chance. Ito hat sich beim VfB nicht nur zu einem der zweikampfstärksten Innenverteidiger der Liga gemausert, sondern ist darüber hinaus auch sehr spielstark. Sein Aufbauspiel zählt zu den großen Stärken. Als Linksfuß bringt er zudem nochmal andere Passwinkel mit. So banal dieser Fakt sich lesen mag, so wichtig kann es für eine Viererkette sein, jemanden zu haben, der mit dem linken Fuß aufbaut.
Auch seine Flexibilität zählt zu seinen großen Stärken. Ito kann innen und als Linksverteidiger eingesetzt werden. Das Gesamtpaket macht ihn zu einem der interessantesten Spieler des Kaders – gerade weil unbekannt ist, ob er den Sprung auf das hohe Niveau packen wird. Das Potenzial dafür hat er aber. Mit einem Spieler wie ihm hätte Vincent Kompany endlich einen dritten verlässlichen Innenverteidiger, der regelmäßig mit dem Stammduo rotieren kann. Hier sind die Münchner eindeutig zu schlecht aufgestellt.
Der Knackpunkt ist allerdings, dass niemand so genau weiß, wann Ito zurückkehren wird. Immerhin: Seine Verletzungshistorie ist überschaubar. Es gibt berechtigte Hoffnung darauf, dass er nach seiner Rückkehr fit bleibt.
Ein weiterer Hoffnungsträger für die Defensive ist Josip Stanišić. In der vergangenen Saison an Bayer Leverkusen ausgeliehen, verpasste er in dieser Spielzeit nahezu die komplette Hinrunde verletzt. Nun aber steht seine Rückkehr bevor – und der 24-Jährige könnte womöglich erneut so einige in München überraschen.
Seine große Chance liegt darin, dass die Bayern hinten rechts zwar viele Spieler haben, die die Position ganz gut spielen können, aber niemanden, der absoluter Spezialist ist – und gleichzeitig fit. Sacha Boey ist ständig verletzt, Konrad Laimer eigentlich im Mittelfeld und Raphaël Guerreiro eigentlich links hinten zu Hause.
In München schätzt man Stanišić als zuverlässigen Backup. Den ganz großen Durchbruch zum Stammspieler mit 40 Einsätzen pro Saison trauen ihm indes nur wenige an der Säbener Straße zu. Das ist auch realistisch. Der kroatische Nationalspieler kann vieles solide bis gut, aber wenig sehr gut oder gar auf Weltklasse-Niveau. Dennoch ist er bekannt dafür die Rolle als Rechtsverteidiger souverän auszuführen – ohne Auffälligkeiten in beide Seiten.
Benjamin Pavard war einst ein ähnlicher Spielertyp und womöglich sogar die beste Lösung, die die Bayern auf dieser Position in den letzten Jahren hatten. Kaum Fehler, gutes Aufbauspiel, defensive Absicherung für das sonst sehr offensiv eingestellte Team – so brillierte Pavard in München, bis er keine Lust mehr auf die Rolle hatte.
Stanišić ist bisher nur weit von diesem Niveau entfernt, das Pavard an den Tag gelegt hat. Kann er es erreichen? Zu seiner bisherigen Laufbahn zählt auch die Skepsis, die ihn während seiner Zeit als Jugendspieler begleitete. Am Campus haben nicht sehr viele daran geglaubt, dass er den Sprung auf sein jetziges Niveau schaffen würde. Vielleicht überrascht er erneut? Die Rückrunde könnte seine bisher größte Chance beim FCB werden.
Besonders interessant wird das Jahr 2025 für João Palhinha. Der Portugiese kam als Wunschspieler von Ex-Trainer Thomas Tuchel, als „Holding Six“, die den Laden endlich defensiv sauber hält. Und dann sah er dabei zu, wie Joshua Kimmich und Aleksandar Pavlović Spiel um Spiel auf der Doppelsechs absolvierten.
Für Palhinha war die Hinrunde nicht einfach: Neues Land, neue Stadt, neue Sprache und Kultur – aber auch ein neues Niveau und eine neue Spielweise. Und dann begleiteten den 29-Jährigen auch noch private Themen rund um seine Frau und seinen Sohn, die im Boulevard für alle sichtbar ausgeschlachtet wurden.
Trotzdem verhielt sich Palhinha professionell, wartete geduldig auf seine Chance und bekam diese, als Pavlović ausfiel. Gerade als sich der Neuzugang vom FC Fulham einzugrooven schien, verletzte er sich ebenfalls. Ein Halbjahr zum Vergessen. Vielerorts wurde der Sechser bereits abgestempelt. Passt nicht ins System von Kompany, war zu teuer – die üblichen Geschichten eben.
2025 muss sich Palhinha dem nun mit Leistung entgegenstellen. Und auch wenn er nicht der Spielgestalter ist, den man im aktuellen System vielleicht eher verortet sehen würde, kann er dem Team mit seinen Qualitäten viel geben. Schafft es Kompany, ihn gut einzubinden, verfügt er am Ball über die Basics, die es im Aufbau benötigt und kann gegen den Ball das machen, was er am liebsten macht: Abräumen.
Die Dichte an Spielen wird je nach Erfolg in der Champions League hoch bleiben. Das bietet Chancen für Palhinha – aber auch für den FC Bayern. Denn wenn der Portugiese tatsächlich noch zünden sollte, könnte das dem Team einen gewaltigen Schub geben.