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·21 de setembro de 2024

Gegen das Stress-System

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Der FC St. Pauli agierte in Berlin und Augsburg zeitweise mutlos. Alexander Blessin erklärt, wie es dazu kam und gab damit Hinweise darauf, warum der neue Spielansatz noch nicht fruchtet.(Titelbild: Stefan Groenveld)

Nein, eine Frage zum System wollte Alexander Blessin nicht gestellt bekommen auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen RaBa Leipzig. Zumindest sagte der Cheftrainer des FC St. Pauli das während der PK, als ich das Mikro für eine weitere Frage in die Hand gedrückt bekam. Die inzwischen doch recht lange währende Diskussion, ob das Team besser im von Blessin eingeführten 3-5-2 oder im 3-4-3 der Vorsaison zurechtkommt, hatte der FCSP-Cheftrainer in den Vorwochen bereits oft genug beantworten müssen.


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(K)eine Systemfrage

Eine Frage zum System stellte ich dann tatsächlich nicht. Zumindest nicht explizit. Denn Alexander Blessin hatte mit seiner vorherigen Antwort große Neugier bei mir geweckt. Weil diese Antwort vielleicht der Grund ist, warum er sich seit Wochen mit „Systemfragen“ herumplagen muss. Entsprechend erklärte er zuvor auch: „Ich bin überrascht, dass bisher noch keine Systemfrage kam.“ Denn die Kritik am bisher praktizierten 3-5-2 ist durch die drei Auftaktniederlagen nicht leiser geworden.

Dabei liegt die Systemfrage eigentlich auf der Hand. Sowohl gegen Augsburg als auch gegen Union hatte der FC St. Pauli seine beste Phase, als das 3-5-2 dem 3-4-3 weichen musste. Für Blessin ist der Leistungssprung aber eher keine Frage des Systems, sondern des fehlenden Muts. Diesen Mut zählt er zu „den Basics, wie wir auftreten wollen“ und diesen solle sein Team nicht erst zeigen, „wenn wir 0:2 zurückliegen und dann mehr oder weniger befreit aufspielen.“

Ein riesengroßer Unterschied

Alexander Blessin möchte mit dem FC St. Pauli mutig spielen, viel schneller den Ball nach vorne bringen als noch in der Vorsaison. Doch genau das hat gegen Augsburg (und auch gegen Union) in der ersten Halbzeit gefehlt. Das spricht auch Blessin klar an und erklärte, dass sein Team in Augsburg „in alte Strukturen“ zurückgefallen sei. Dadurch, so Blessin, habe man den Gegner erst stark gemacht. Beim tieferen Blick auf die Spielideen wird deutlich, dass die „alten Strukturen“ tatsächlich mit den neuen überhaupt nicht zusammenpassen.

Denn der Unterschied der Spielideen von Fabian Hürzeler und Alexander Blessin könnte an dieser Stelle kaum größer sein. Fabian („Wenn wir den Ball haben, kann der Gegner kein Tor schießen“) Hürzeler hat seinem Team einen Spielstil eingeimpft, der den Gegner aus seiner defensiven Formation herauslocken sollte. Das wurde durch extrem aufreizendes und langsames Passspiel in der Innenverteidigung versucht. Zusammen mit der Maßgabe, dass Ballbesitz der beste Weg der Torverteidigung ist, ergab sich ein sehr sicherer, aber auch risikoarmer Ansatz im Aufbauspiel. Pässe nach vorne wurden oft erst dann gespielt, wenn die Wahrscheinlichkeit anzukommen sehr, sehr hoch war.

Dem gegenüber möchte Alexander Blessin, dass die Spieler des FC St. Pauli den Ball viel schneller nach vorne passen. Er möchte nicht abwarten, bis sich der Gegner herauslocken lässt, möchte risikoreichere Pässe sehen und insgesamt in der Offensive mehr Dynamik und Tiefenläufe – und das möglichst zeitnah, am besten, bevor sich ein Gegner sortiert hat. Wenn also Spieler in „alte Strukturen“ zurückfallen, dann beißt sich das massiv mit dem, was Blessin für einen Fußball spielen lassen möchte.

Blessin kritisiert Spielweise und nimmt Spieler in Schutz

Das Vorhaben des FC St. Pauli unter der Leitung von Alexander Blessin verlangt also Mut. Und vollen Einsatz, sogar etwas mehr als noch in der Vorsaison. Genau das hat dem FCSP in Augsburg gefehlt. Blessin erklärte auf der PK, dass er das klar angesprochen hat und das Team „sehr einsichtig“ gewesen sei. Aber er nahm seine Spieler auch in Schutz: „Was Jacko bei der Nationalmannschaft abgeliefert hat in den zwei Spielen und mit den Reisestrapazen und genau das gleiche mit Karol. Da ist es doch was anderes als letztes Jahr. Da haben vielleicht 80 Prozent gereicht. Hier müssen wir an die 100 Prozent in jedem Spiel reinkommen. Sonst haben wir keine Chance.“

Das Aufbrechen der „alten Strukturen“ scheint aber eine sehr komplexe Angelegenheit zu sein, die womöglich länger dauert, als man hätte annehmen können. Da spielt dann vielleicht auch beides zusammen, die fehlenden Prozentpunkte und die höhere Qualität der Bundesliga. Denn der zunehmende Raum-, Zeit- und Gegnerdruck führt zu Stress. Was wiederum dazu führen kann, dass man auf Bewährtes zurückgreifen möchte. Für Blessin ist das Zurückfallen in die Muster der Vorsaison eine normale Reaktion: „Sobald ich in eine Stresssituation komme, was rufe ich dann ab? Das ist nachvollziehbar.“ Allerdings ist es eine, die er unbedingt verändern möchte: „Wir wollen das durchbrechen. In der Summe will ich mehr Mut in diesen Pässen nach vorne haben, mehr Bewegung in den Räumen, wo wir uns aufhalten. Dadurch werden wir auch wieder zu mehr Torchancen kommen, da bin ich mir sicher.“

Mut machen!

Stress wird es für den FC St. Pauli ganz sicher auch im Spiel gegen RaBa Leipzig geben (hier der ausführliche Vorbericht). Vielleicht sogar mehr als noch in den drei Spielen zuvor. Droht also ein erneuter Rückfall in die Muster der Vorsaison? Blessin vermutet, dass der Druck dieses Mal vor allem im Kopf etwas anders sein wird, als in den ersten drei Spielen: „Sprechen wir es doch ehrlich an: Es traut uns niemand zu, was Zählbares gegen Leipzig zu holen. Da glaube ich schon, dass ein bisschen Druck weggeht. Damit müssen wir aber auch richtig umgehen.“

Mit dem „Wir“ meinte Alexander Blessin natürlich seine Spieler. Ich möchte das aber gerne erweitern. Um alle im Stadion und sonstwo, die es mit dem FC St. Pauli halten. Fehler passieren und werden auch weiterhin passieren. In der Bundesliga noch mehr als in der zweiten Liga. Wir sollten uns daher auch von alten Strukturen und Ansprüchen lösen – und in Stresssituation nicht darauf zurückgreifen. Was nicht passieren darf: Das wir den Mut verlieren, schlimmstenfalls resignieren. Den Spielern auf dem Platz Mut machen, das ist auch unsere Aufgabe.Forza St. Pauli!// Tim

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