90min
·24. September 2024
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·24. September 2024
In letzter Zeit bot sich in den Kommentarspalten unter den Kader-Bekanntgaben der deutschen Frauennationalmannschaft immerzu dasselbe Bild: Fans beschweren sich, dass gewisse Namen nicht mehr zu lesen sind - Linda Dallmann und Lina Magull. In einer Medienrunde zeigt auch der Bayern-Coach Alexander Straus sein Unverständnis über die Nicht-Nominierung von Linda Dallmann. Das wirft die Frage auf, wie wahrscheinlich eine Rückkehr der beiden einstigen Leistungsträgerinnen in die Kreise der DFB-Frauen ist.
Bundestrainer Christian Wück ist ein oft gesehener Gast am FC Bayern Campus, hat beide bisherigen Heimspiele gegen Leipzig und Hoffenheim beobachtet. Linda Dallmann ist in beiden Begegnungen von Beginn an auf dem Rasen gestanden, konnte gegen Leipzig sogar ein sehenswertes Tor erzielen. Bayern-Cheftrainer Alexander Straus hatte schon vor dem Spiel gegen Hoffenheim eine klare Botschaft an den neuen Bundestrainer ausgesprochen:
"Sie ist anders. Ich denke nicht, dass wir in ganz Deutschland eine Spielerin haben, die ihr ähnelt. Ich werde nicht den Job des Bundestrainers übernehmen, ich habe genug mit meinem zu tun. Aber wenn ich Bundestrainer wäre, dann sollte für eine Spielerin wie sie ein Kaderplatz da sein."- Alexander Straus über Linda Dallmann
Tatsächlich hat Straus in gewisser Art und Weise recht: Linda Dallmann ist eine einzigartige Spielerin, die ein Spiel durchaus mit ihren Qualitäten noch mal beleben kann. Die Mittelfeldspielerin des FC Bayern kann das Spielgeschehen lesen und findet oft die richtigen Räume. Dabei hilft ihr auch der dazu notwendige Mut. Im Mittelfeld kann sie als Spielmacherin agieren, durch kreative und schlaue Pässe ihre Mitspielerinnen in Szene setzen.
Unter Straus wurde Dallmann zuletzt auch viel über den Flügel eingesetzt. Hier überzeugte Dallmann die Fans vor allem durch ihre aufopfernde Spielweise und den ungebrochenen Willen, für Veränderung zu sorgen. Auch wenn sie es nicht schlecht macht, kommen ihre Stärken dann doch eher im zentralen Raum besser zur Geltung.
Linda Dallmann im Duell mit Gia Corley. / Sebastian Widmann/GettyImages
In der vergangenen Saison suchte Dallmann nach ihrem Startelfplatz, bekam auch vielleicht nicht die Spielzeit, die notwendig war, um Host Hrubesch von ihrem Können zu überzeugen. Das letzte Mal wurde Dallmann im Februar für die Nationalelf nominiert, wobei sich Deutschland das Olympia-Ticket sicherte. Danach folgten Nominierungen auf Abruf. Dennoch sammelte die 30-Jährige sieben Tore und vier Assists in 21 Bundesliga-Spielen - ein Wert, der sich durchaus sehen lassen kann.
Eine ähnliche Schwebesituation in Sachen Nationalmannschaft erlebt Lina Magull. Lange Zeit prägte die 30-Jährige das Mittelfeld der DFB-Frauen und stand 76-Mal für die deutsche Auswahl auf dem Rasen. Doch auch Magull wurde von Horst Hrubesch für die großen Aufgaben aussortiert. Zuletzt stand sie im April beim Nations-League-Spiel gegen Island mit dem Trikot des Deutschen Fußball-Bundes auf dem Platz, wurde danach nur auf Abruf nominiert.
Einerseits litt Lina Magull unter der geringen Spielzeit beim FC Bayern, aber auch nach ihrem Wechsel zu Inter Mailand im Winter wurde anderen Spielerinnen der Vorzug gegeben. In Italien avancierte die ehemalige Bayern-Kapitänin zu einem Zugpferd, konnte in sechs Spielen der Serie A fünf Treffer und einen Assist erzielen. Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch, dass die italienische Liga nicht das Niveau der Bundesliga hat.
Lina Magull am Ball für Inter Mailand. / Gabriele Maltinti/GettyImages
Dennoch wäre Magull im Kreise der Nationalmannschaft alles andere als eine Schwäche. Die Mittelfeldspielerin bringt viel Kreativität ins Spiel, genau das, was der deutschen Frauennationalmannschaft in letzter Zeit eher gefehlt hat. Auch außerhalb des Platzes war Magull stets ein Gesicht der Nationalelf und - zumindest in der Außenwirkung - wichtig für das Teamgefüge.
Was beiden Spielerinnen zum Verhängnis werden könnte, ist der angestrebte Umbruch der Kaderstruktur bei der deutschen Nationalelf. "Ich glaube schon, dass wir das eine oder andere Talent haben. Wir haben es bei der U20-Weltmeisterschaft gesehen, die über kurz oder lang auch bei der A-Nationalmannschaft anklopfen werden", sagte Christian Wück erst kürzlich im Gespräch mit Sky.
Sollte der neue Bundestrainerinnen jungen Spielerinnen wie Vanessa Fudalla oder Natasha Kowalski eine Chance geben wollen, dann wird es für Dallmann und Magull im Rennen um einen Kaderplatz extrem eng.
Andererseits braucht es auch während eines Umbruchs erfahrene Spielerinnen, die die jungen Wilden an die Hand nehmen. Mit den Rücktritten von Marina Hegering und Merle Frohms und dem Fragezeichen über der Zukunft von Alexandra Popp könnten der Nationalelf wichtige Führungsspielerinnen fehlen. Ein Türöffner für Magull und Dallmann? Aus persönlicher Sicht wäre es sowohl Magull als auch Dallmann aber zu wünschen, dass sie nochmals für die Nationalmannschaft auflaufen dürfen.
Eine Sache wäre da allerdings noch: Durch ihre ähnliche Spielanlage konkurrieren Dallmann und Magull wahrscheinlich um denselben Kaderplatz. Wenn Christian Wück also eine der beiden zurückholen will, dann wird die andere höchstwahrscheinlich leer ausgehen. Aktuell könnte eher Dallmann die Nase vorn haben. Allzu viele Hoffnungen sollten sich die Fans der DFB-Frauen allerdings nicht machen: Es ist zu bezweifeln, dass Wück viele Änderungen im Kader durchführen wird.
Außerdem gibt es in Deutschland einen Pool an talentierten Mittelfeldspielerinnen, die auch schon eine gewisse internationale Erfahrung an den Tag legen, wie beispielsweise Elisa Senß, Sjoeke Nüsken, Sydney Lohmann oder auch Sara Däbritz, die Olympia aufgrund einer Knöchel-Operation verpasste. Die Tür zur Nationalmannschaft dürfte für Lina Magull und Linda Dallmann nicht komplett verschlossen sein, doch es braucht eine große Anstrengung, um sie einen Spalt zu öffnen.
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