Rund um den Brustring
·1. Februar 2025
Rund um den Brustring
·1. Februar 2025
Gegen Gladbach verliert der VfB auch das dritte Spiel der englischen Woche. Während die Niederlage gegen Paris auch bei einer besseren Leistung hätte passieren können, verschenkt die Mannschaft mit einem fahrigen Auftritt in der Liga die nächsten drei Punkte und eine bessere Position.
Kurz vor Ende hatte der VfB nochmal die dritte oder vierte Luft, wie er sie so häufig hat. Die Gäste aus Mönchengladbach führten 2:1 und die Spieler im Brustring ließen das endlose Hin- und Hergeschiebe und Getrickse endlich sein und verlegt sich auf die Devise “hoch und weit”. Der Ball kam nach einem erfolgreichen Zweikampf nach links auf Maxi Mittelstädt, der setzte zur Flanke an — und schlug diese VfL-Keeper Nicolas direkt in die Arme. Ob diese Flanke als eine der wenigen Torchancen zählte, die sich der VfB in diesem Spiel erarbeitete? Auf jeden Fall stand sie sinnbildlich für eine Woche, in der die Mannschaft in drei Spielen kein Tor selber erzielte, sondern sich bei gegnerischen Verteidigern für den Torjubel bedanken durfte.
Natürlich waren die Spuren der bisherigen Woche unübersehbar: Jeff Chabot und Atakan Karazor hatten in Mainz ihre jeweils fünfte gelbe Karte gesehen und nach dem eher emotional denn körperlich anstrengenden Spiel gegen Paris musste Trainer Sebastian Hoeneß wieder durchrotieren. Dass diese Rotation der Mannschaft nicht unbedingt Stabilität verlieh war das eine: Die Viererkette stand entweder zu hoch und ließ sich, wie bei beiden Gegentoren, immer wieder mit langen Bällen aushebeln. Oder die Abstände zu den Sechsern stimmten nicht und die Gladbacher konnten unbedrängt durch die VfB-Hälfte spazieren. Obwohl Ramon Hendriks und vor allem Leonidas Stergiou das offensiv gar nicht so schlecht machten, passte defensiv beim VfB relativ wenig zusammen. Das lag auch daran, dass Hoeneß den Fehler aus dem Hinspiel gegen Freiburg wiederholte und Millot neben Stiller auf die Sechs stellte. Dadurch klaffte wieder um vorne ein Loch, dass niemand zu füllen vermochte. Während Bruun Larsen auf links kaum auftauchte, erwischte Jamie Leweling auf rechts einen schwachen Tag, denn kaum eines seiner Zuspiele kam an.
Das alles erklärt aber nicht allein, warum die Mannschaft auf die beiden letzten Spiele keine nennenswerte Reaktion zeigte. Wieder wurden Pässe leichtfertig in Räume geschlagen, in denen sie die Gladbacher nur erlaufen musste. Fast jedes so wichtige Kopfballduell im Mittelfeld ging verloren. Und anstatt die vielbeinige Gladbacher Abwehr mit Tempo und Präzision zu überwinden, erging man sich offensiv in Schönspielerei, ließ Bälle im Strafraum per Hacke abtropfen oder gönnte sich halbgare Schüsse, in der Hoffnung, die würden allein aufgrund des eigenen Tabellenplatzes schon reingehen. Anders als Deniz Undav es nach dem Spiel behauptete, hatte Gladbach durchaus nicht “kaum Chancen”. Es war vielmehr der VfB, der nach einem langen Ball in der 71. Minute die einzige Riesenchance auf die eigene Führung vergeigte. Der Sieg war für die Borussen vollauf verdient.
Denn auch wenn die Mannschaft auf dem Papier sehr von der Treffsicherheit von Tim Kleindienst abhängig ist, so bespielte sie den VfB genau so, wie es nötig war, um zu gewinnen: Mit vollem Einsatz, immer auf eine Nachlässigkeit der Hausherren lauernd. So wie beim 1:0, als Ngoumou mutterseelenallein im Stuttgarter Strafraum auftauchte. Oder beim 2:0, als Anthony Rouault den Ball gegen Ullrich verstolperte. Oder in einer der zahlreichen Szenen, als Alexander Nübel, der beim ersten Tor auch nicht gut aussah, seiner Abwehr den Arsch rettete. Der VfB hingegen brachte seine kollektive Qualität nicht auf den Platz und auch individuell blieben gerade die Unterschiedsspieler hinter ihren Möglichkeiten. Sei es der 50-Millionen-Euro-Sturm, die genau in solchen Spielen gegen direkte Konkurrenten um Europa den, ja, den Unterschied machten sollten. Oder die beiden deutschen Nationalspieler, die unlängst ihre Verträge zu gut dotierten Konditionen verlängerten. Oder der Spielmacher, der bei seinem Traumverein in der derzeitigen Verfassung nicht mal auf der Bank säße, wie man am Mittwoch beobachten konnte.
Nun ist es nichts Außergewöhnliches, dass der VfB mal zwei Spiele in Folge verliert — wenn wir Paris mal angesichts der Qualität des Gegners rausnehmen. Was aber wirklich nervt: Wie verschwenderisch die Mannschaft in dieser Woche mit ihrem Potenzial umgegangen ist. Die bisherige Runde zeigt, dass letzte Saison eben kein Ausreißer nach oben war, sondern dass wir ein gewisses Niveau halten können — mental und spielerisch. Diese Gewissheit ist in dieser Woche etwas verloren gegangen, denn beide Niederlagen in der Liga waren weder unglücklich, noch das Ergebnis diskutabler Schiedsrichterentscheidungen, sondern vollkommen verdient. Die Mannschaft muss jetzt schnellstens den Schalter umlegen, um gegen Augsburg am Dienstag und beim Debüt von Niko Kovac als BVB-Trainer nicht in eine gefühlte Negativspirale zu geraten.
Dass sich Leipzig mit einem schwachen 0:0 bei Union Berlin an uns vorbei auf Platz 4 schob, ist erstmal nur eine Momentaufnahme. Wichtiger ist, dass der VfB sich in den kommenden Wochen nicht aus den europäischen Plätzen verdrängen lässt sondern wieder Fahrt Richtung Europa aufnimmt. Das war nach dem bitteren Aus gegen Paris das erklärte Ziel von Trainer und Mannschaft. Und das will ich in Zukunft auch wieder auf dem Platz sehen.
Titelbild: © Alex Grimm/Getty Images