90PLUS
·15. Dezember 2024
90PLUS
·15. Dezember 2024
Am Sonntag findet das Manchester-Derby im Etihad Stadium statt. Manchester City empfängt United, es ist das Duell blau gegen rot, Guardiola gegen Amorim, Unzufriedenheit gegen Unzufriedenheit. Ein Derbysieg ist immer etwas Besonderes. Diesmal aber umso mehr.
Denn obwohl sich beide in ganz anderen Tabellenregionen befinden und beide, was den Zyklus der Entwicklung angeht, an ganz anderen Stellen stehen, haben sie doch vieles gemeinsam. Der Druck, punkten zu müssen, eint beide zum Beispiel. Deswegen ist es ein Derby der ganz besonderen Umstände, das an diesem Wochenende in der Premier League stattfindet.
Zum Start in die neue Saison sah bei Manchester City noch vieles so aus, wie man es aus den letzten Jahren kannte. Dominanz, Druck, Wucht, Technik, alles war da. Rodri dirigierte, Erling Haaland traf, kleinere Probleme wurden wegmoderiert, die Spiele gewonnen. Doch die Dinge sollten sich erst punktuell, dann mit voller Wucht ändern. Der Kreuzbandriss von Rodri war ein Einschnitt, Kevin de Bruyne und Ruben Dias stolperten auch von einer Blessur in die nächste. Und plötzlich war der komplette Rhythmus weg. Es war, als hätte man von einem Tag auf den anderen den Stecker gezogen.
Zu Beginn der Ergebnismisere waren die Leistungen noch ordentlich, jetzt nicht mal das. Es gab nur einen Sieg in den letzten zehn Spielen. So etwas hat es für Pep Guardiola bei ManCity, nein, in seiner gesamten Karriere noch nicht gegeben. Der Trainer, dessen Vertrag erst kürzlich verlängert wurde, ist sichtlich mitgenommen. In den Interviews wirkte er teilweise ratlos und auch seine Fähigkeit, auftretende Probleme frühzeitig zu erkennen und diese mit taktischen Kniffen zu lösen, ehe sie Auswirkungen haben, scheint nicht vorhanden zu sein – oder die Lösungen eben nicht zu greifen.
City spielt phasenweise extrem fahrig, macht Fehler in der Abwehr, im Ballbesitz, beim Umschalten. Die Dominanz ist nicht mehr da, selbst Haaland wirkt mitunter nicht mehr furchteinflößend. Guardiola betonte, er brauche seine Spieler zurück, um wieder den Fußball zu spielen, den City spielen will. Und klar, einige Ausfälle sind bitter, aber die Probleme tiefgreifender. Klar ist aber auch, dass ein Sieg in diesem Derby für eine ganz spezielle Energie sorgen kann. Das wäre die Basis, auf der danach aufgebaut werden könnte.
Im Gegensatz zu Manchester City hat Manchester United eine größere Veränderung vorgenommen. Ruben Amorim ersetzte nach der letzten Länderspielphase Trainer Erik ten Hag. Der neue Coach, gekommen von Sporting, sollte eine neue Identität entwickeln. Das benötigt aber viel Geduld. Denn im Kader gibt es eine große Unwucht. Dass zudem auch noch der erst im Sommer neu eingesetzte Sportdirektor Dan Ashworth den Klub kürzlich verließ, macht die Situation noch komplizierter.
(Photo by Clive Brunskill/Getty Images)
Doch zurück zu Amorim. Seine Bilanz nach Amtsantritt: Zwei knappe Siege in der Europa League, vier Punkte aus vier Spielen in der Premier League. Zuletzt wurde zuhause gegen Nottingham mit 2:3 verloren, vor allem defensiv gab es noch einige Probleme. Nur eimal spielte United unter dem neuen Coach zu Null. Es existieren erste Ansätze, das steht außer Frage, aber das gesamte Gebilde bei United ist derart fragil, dass eine Aktion reicht, um das Selbstvertrauen der Mannschaft in den Keller fallen zu lassen.
Natürlich geht es darum, Schritt für Schritt Dinge anzupassen, aber noch einmal zur Erinnerung: Die Red Devils stehen nicht auf Platz sieben, acht oder neun, sondern auf Rang 13. Man stelle sich nur vor, das Spiel bei City geht gehörig schief und man rutscht weiter ab. Das wird dafür sorgen, dass es noch unruhiger wird. Einen Punkt benötigt Amorim also definitiv, damit zumindest halbwegs ruhig in die stressige Winterphase gegangen werden kann.
Es ist also klar, dass beiden ein Derby-Sieg enorm weiterhelfen würde. Damit dieser den Hausherren aus dem blauen Teil Manchesters gelingt, muss sich vor allem die Fehleranfälligkeit verändern. City hat in den letzten Wochen entweder defensiv etwas angeboten, offensiv die Konzentration vermissen lassen oder sogar beides. Vielleicht ist es, konträr zur eigentlichen Intention, gar etwas cleverer, zunächst einmal etwas weniger riskant zu spielen, das Spiel zu kontrollieren und sich Sicherheit über Ballbesitz zu holen. Dann könnten auch die eigenen, ganz üblichen Mechanismen wieder etwas besser greifen.
Manchester United braucht vor allem Effizienz. Die Red Devils werden ihre Konterchancen bekommen, haben – je nachdem wer spielt – mit Amad Diallo, Alejandro Garnacho und co. einige schnelle Spieler in den eigenen Reihen und auch einen Joshua Zirkzee, der prädestiniert dafür ist, solche in Szene zu setzen. Da bei City nicht alles nach Plan läuft und es immer wieder Lücken in der Abwehr gibt, ist Entlastung wichtig, aber vor allem dann, wenn sie auch dazu führt, dass es nicht nur Chancen, sondern auch Tore gibt. Amorim muss seiner Elf mit auf den Weg geben, so kaltschnäuzig und überzeugend wie möglich vor dem Tor zu sein. Dann kann etwas möglich sein.
(Photo by Gareth Copley/Getty Images)