Vertikalpass
·30 January 2025
Vertikalpass
·30 January 2025
Was gegen Paris ein Festtag sein sollte, endete mit einer Lehrstunde. Paris St. Germain irre gut, irre schnell und irre besser. Der VfB ohne jede Chance auf das Weiterkommen in die Play-Offs. Aber hey: Wir haben Champions League gespielt, verdammte Scheiße!
Das war ein Klassenunterschied, leider. Der VfB kam nie ins Spiel, vor allem die erste Halbzeit eine einzige Überforderung. Erst versteckte der französische Meister den Ball und plötzlich ging es ganz schnell. Mit den vielen Tiefenläufen und Rotationen vor allem von Joao Neves und Vitinha kommt der VfB nicht zurecht. Dazu der Speed von Osmane Dembelé und Bradley Barcola. Paris hat sich einfach nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkungen im Neckarstadion gehalten. Dazu einfache Fehler wie der Pass ins Aus von Atakan Karazor vor dem 0:1. Oder der große individuelle Unterschied in den direkten Duellen – dem armen Josh Vagnoman ist sicher immer noch ein bisschen schwindelig.
Der VfB kommt nicht in eben diese Duelle und Zweikämpfe wie es auf dem Niveau der Königsklasse notwendig ist. Nicht einmal foulen konnte der VfB die Spieler von PSG. Zack, waren sie weg. Schwupps, drehten sie sich ab. Mon dieu, da spielten sie einfach ab. Natürlich besonders auffällig rechts mit dem Missmatch Vagnoman/Barcola. Aber der Stuttgarter Rechtsverteidiger war stets allein und hinter ihm viel Platz und Barcola ist nun einmal viel schneller. Und auch sonst auf dem Platz war der VfB immer hintendran, geistig und körperlich mindestens einen Schritt zu spät. Das mussten auch Spieler wie Angelo Stiller und Enzo Millot schmerzlich erfahren, die sich einiges vorgenommen hatten in diesem letzten Spiel der Liga-Phase.
Um eine Chance gegen einen solchen Gegner zu haben, muss der VfB mehr als 100 Prozent auf den Platz bringen, während Paris eher Larifari spielt und denkt, mit 85 Prozent durch zu kommen. Aber beim VfB kam keiner an sein Limit, während es bei Paris so wirkte, als ob sie von Minute zu Minute ihre Leistungsgrenze nach oben verschieben würden. Es gab nur einen Moment, in dem das Spiel einen anderen Verlauf hätte nehmen können:
In der 17. Minute stürmte Jamie Leweling einfach am Ex-Dortmunder Achrif Hakimi vorbei, der Ball kam in der Mitte zu Chris Führich, der dieses Mal meistens über rechts kam. Sein Schuss hart, platziert, aber er scheiterte an Gianluigi Donnarumma, dem Eiffelturm im Tor der Franzosen. Auf französisch heisst das: “Le gardien sauve les meubles“ (Der Torhüter rettet die Möbel). Im Gegenzug wieder so ein Überfall, Vagnoman orientierungslos, Barcola eine Fußspitze nicht im Abseits: 0:2 Dembelé, der in der 35. Minute zum 0:3 auch noch genial die Spinnweben aus dem linken Torwinkel putzte („Nettoyer les toiles d’araignées“). C’est ça. Aber wir haben Champions League gespielt, verdammte Scheiße!
In der zweiten Halbzeit konnte Paris auf beiden Ohren schlafen (“Dormir sur ses deux oreilles“), denn sie mussten sich keine Sorgen machen, dass da noch etwas schief läuft. Der VfB zwar mit einem aggressiven Beginn, aber auch mit dem vierten Gegentor. Der Rest: Das Stadion feierte jeden gewonnenen Zweikampf (es waren nicht viele) und jede gelungene Kombination (es waren nicht viele) und schließlich den Ehrentreffer, der auch noch ein Eigentor des Ex-Frankfurters Wilian Pacho war.
Der VfB hat die Play-offs nicht gegen Paris verpasst. Das Remis zu Hause gegen Prag, der Downfall in Belgrad: Damals verspielte der VfB das Weiterkommen. Auch wenn die deutliche Niederlage gegen PSG schmerzt, es war insgesamt mehr drin in der Liga-Phase. Die Erlebnisse gegen Madrid und Turin, das erste CL-Heimspiel nach 14 Jahren mit überragender Choreo: das nimmt uns und dem VfB keiner!
Aber vielleicht hat es sein Gutes, dass der VfB in den Play-Offs nicht erneut gegen Atalanta oder Dortmund spielen muss. Volle Konzentration jetzt auf Bundesliga und Pokal. Der VfB darf sich von der Niederlage nicht runter ziehen lassen, muss die positiven Erlebnisse der Champions League-Reise sehen und daraus lernen.
Damit wir auch nächste Saison sagen können: Wir spielen Champions League, verdammte Scheisse!
Zum Weiterlesen: Unser vertikalGIF spricht von einem denkwürdigen Abend und meint, es wäre besser gewesen, wenn Paris das Memo zum Nicht-Angriffspakt gelesen hätte.
Rund um den Brustring stellt fest, „die Angst vor Fehlern gegen den millionenschweren Gegner lähmte die Beine und führte so erst recht zu Fehlern, die der Gegner knallhart ausnutzte.“
Die Süddeutsche Zeitung meint, der VfB wird von den Pariser Gala-Sprintern gnadenlos überrannt: “Vorne stürmen zwar nicht mehr Messi, Neymar und Mbappé, dafür Dembélé, Doué und Barcola, die auch alle fast so schnell laufen wie Deniz Undav spricht.“
Bild: Alex Grimm/Getty Images