Ein Clásico, der Wunden reißt: Zeit für einen Neuanfang | OneFootball

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·27 avril 2025

Ein Clásico, der Wunden reißt: Zeit für einen Neuanfang

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Ancelotti und Real verpassten den Copa-Titel knapp – Foto: Fran Santiago/Getty Images

Real gibt kein gutes Bild ab – auf mehreren Ebenen

Eine Clásico-Niederlage ist immer schmerzhaft, erst Recht in einem Finale. Wenn sie dann auch noch so knapp ausfällt und derart dramatisch zustande kommt, wie am gestrigen Samstagabend, tut es umso mehr weh. Wie Carlo Ancelotti auf der Pressekonferenz bereits anmerkte, allzu viel gäbe es nicht, was man „dem Team vorwerfen“ könne, zumindest ab der 46. Minute. Aus sportlicher Perspektive mag dies bis zu einem gewissen Grad stimmen – zumindest was Einsatzbereitschaft, Leidenschaft und Kampfgeist angeht. Betrachtet man jedoch das Gesamtbild, das die Königlichen rund um das Copa-Finale abgaben, darf das Auftreten der Blancos durchaus kritisch betrachtet werden. Und zwar sowohl institutionell als auch sportlich.


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In erster Linie ist da natürlich die Frage, ob es wirklich nötig und angebracht war, vor einem solch wichtigen Finale, einen derart großen Nebenkriegsschauplatz bezüglich der Schiedsrichter-Ansetzung zu eröffnen und so den Druck auf das ohnehin mental nicht zwangsläufig gefestigte Team weiter zu erhöhen. Von dem schlechten Bild, das man dabei als Verein und Institution, die sich sonst immer für ihren „señorismo“ und ehrenhaftes Verhalten rühmt, einmal abgesehen. Selbiges lässt sich über das Verhalten einzelner Spieler kurz vor bzw. nach Spielende sagen, als beispielsweise Antonio Rüdiger komplett die Nerven verlor und Schiedsrichter De Burgos Bengoetxea nach einem Foulpfiff wüst beschimpfte und sogar Gegenstände in dessen Richtung warf. Auch Lucas Vázquez und Jude Bellingham sahen noch eine Rote Karte. Ein vor allem im Falle des deutschen Nationalspielers völlig inakzeptables Verhalten, das dem Ansehen des Spielers und Klubs erheblichen Schaden zufügt.

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Doch neben all den institutionellen und disziplinarischen Verfehlungen und der hoffentlich stattfindenden Aufarbeitung, sollte man dennoch nicht vergessen, auch auf sportlicher Ebene entsprechende Lehren zu ziehen. Denn unter dem Strich zog man in dieser Saison bereits zum dritten Male gegen den FC Barcelona den Kürzeren – und hätte nach dem Auftritt in Halbzeit eins auch zum dritten Mal erheblich unter die Räder kommen können. Ein annehmlicher Auftritt ab Minute 46 sowie einzelne individuelle Hoffnungsschimmer dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass man wiederholt in dieser Saison in einem Spitzenspiel eine alles andere als gute Figur abgab – und zwar aufgrund tiefliegender taktischer und struktureller Probleme.

Reals notorische Spitzenspiel-Schwäche

0:4 im Liga-Clásico, 1:3 gegen die AC Mailand, 0:2 gegen Liverpool, 2:5 im Supercopa-Finale (erneut gegen Barcelona), zuletzt die 0:3 und 1:2-Pleiten gegen Arsenal und jetzt eben die 2:3-Niederlage im Copa-Finale, abermals gegen den Erzrivalen aus Katalonien. Real Madrid gab in dieser Saison – von den Duellen mit Manchester City (3:2 und 3:1) einmal abgesehen – in den Spitzenspielen zumeist ein schwaches Bild ab. Und immer wieder waren dieselben taktischen und personellen Defizite erkennbar.

Ein quasi nicht vorhandenes, inkonsistentes Pressing. Fehlende Balance im Zentrum. Schwächen in der Boxverteidigung und beim Verteidigen von zweiten Bällen. Teils mangelhafte Rückwärtsbewegung. Unsauber zu Ende gespielte Konter. Unpräzise vorletzte oder letzte Bälle. Zu viel individuelle Verzweiflungsversuche statt kollektive Lösungsansätze. Carlo Ancelotti ist zwar bekannt dafür, seinen Spielern im Offensivspiel nahezu freie Hand zu lassen und somit deren Kreativität gewinnbringend einzusetzen, doch damit stießen die Königlichen diese Saison wieder und wieder an ihre Grenzen. Die Angriffe wirkten oft unkoordiniert, es mangelte an Abstimmung und Balance. Nicht selten mündeten eigene aussichtsreiche Angriffs- oder Umschaltaktionen in brandgefährlichen Kontersituationen für den Gegner, weil man sich Ballverluste in hochsensiblen Räumen leistete.

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Ancelotti wurde zwar nie müde zu betonen, dass man sich der Schwachpunkte bewusst sei und versuchte durch Anpassungen der Systematik (weg vom 4-3-3 zurück zum 4-4-2) vor allem das Problem der mangelhaften Balance zu beheben. Jegliche Unzulänglichkeiten konnten dadurch jedoch nicht behoben werden. Und die individuelle Klasse der Offensivkünstler reichte diesmal auch nicht aus, um diese teils eklatanten mannschaftstaktischen Mängel zu kaschieren. Diese Probleme lediglich auf den Wegfall der strategischen Fähigkeiten Toni Kroos’ zu schieben bzw. Dani Ceballos’ Ausfall vor wenigen Wochen als alleinigen Knackpunkt zu betrachten, wird dem ganzen nur bedingt gerecht. Real Madrid hat in diesem Jahr ein massives strukturelles Problem – und zwar schon die ganze Saison. Darüber können (und dürfen) vereinzelte gute Auftritte nicht hinwegtäuschen. Und das hätte auch ein etwaiger Gewinn der Copa del Rey nicht tun dürfen.

Ancelotti irrte sich zu oft

Dafür leistete sich Ancelotti zu viele personelle und taktische Fehleinschätzungen. Sei es das zu lange Zurückhalten von Raúl Asencio in Spitzenspielen oder das wiederholte Aufbieten von Lucas Vázquez als Rechtsverteidiger in Spitzenspielen, obwohl sich Fede Valverde für die großen Spiele als die deutlich solidere Variante erwiesen hatte. So machten sich einige Gegner immer wieder Vázquez’ fehlende defensive Verlässlichkeit zu Nutze und bespielten vorrangig Reals rechte Flanke – was oft auch von Erfolg gekrönt war. Ähnlich verhielt es sich mit dem Aufbieten David Alabas gegen Arsenal als Linksverteidiger, der von Bukayo Saka immer wieder düpiert wurde und den Königlichen vor allem im Hinspiel das Genick brach.

Reals Cheftrainer wurde zwar nie müde zu betonen, wie wichtig ihm die nötige Balance sei, so wirklich finden konnten sie Blancos in dieser Saison aber nie. So auch in der ersten Hälfte des Copa-Finales, als man mit dem 0:1-Pausenrückstand noch sehr gut bedient war. Zwar schaffte man es in der zweiten Hälfte, das Momentum und die Statik des Spiels zu kippen, letztlich gelang es jedoch abermals nicht, das Spiel auf seine Seite zu ziehen. Aus vielen bereits zuvor erwähnten Gründen.

Folgen personelle Konsequenzen – nicht nur auf dem Trainerstuhl?

Dass mit dem verlorenen Pokalfinale Ancelottis Schicksal nun besiegelt wurde, gilt hinter vorgehaltener Hand als beschlossen. Es bedarf eines Wandels, eines frischen Windes. Eines Trainers, der dieser hochtalentierten, vor Qualität strotzenden Truppe eine neue Struktur verpasst und die strukturellen Baustellen angeht. Es deutet einiges darauf hin, dass die ab Sommer Xabi Alonso tun könnte. Doch wie sieht es personell auf Spielerseite aus? Neben dem feststehenden Abgang von Jesús Vallejo ist davon auszugehen, dass der Vertrag von Vázquez nicht erneut verlängert wird. Bei Luka Modrić steht eine finale Entscheidung noch aus, der Ausgang scheint offen wie nie. Ferland Mendy besitzt zwar noch einen gültigen Vertrag, würde von Vereinsseite aber im Fall der Fälle vermutlich keine Steine in den Weg gelegt bekommen. Ein Abgang von David Alaba scheint zwar eher unwahrscheinlich, der Österreicher konnte nach seiner langwierigen Kreuzbandverletzung jedoch noch nicht ansatzweise an sein früheres Niveau heranreichen und wirkt sportlich nicht mehr unantastbar. Auf welchem Leistungslevel Daniel Carvajal und Éder Militão von ihren Verletzungen zurückkehren, steht ebenfalls noch in den Sternen.

In den nächsten Wochen gibt es bei den Blancos intern einiges aufzuarbeiten und personell wichtige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Die Aufarbeitung sollte dabei aber nicht nur sportliche und personelle Themen betreffen. Aktuell wirken die Königlichen als Institution angeschlagen, innerlich zerrissen und vom eigenen Wertekodex abgekommen. Dem gilt es entgegenzuwirken. Und den Weg zu bereiten für einen Neuanfang.

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