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·8. November 2024

Die Bayern kommen! Hamburg ist wieder auf der Karte!

Artikelbild:Die Bayern kommen! Hamburg ist wieder auf der Karte!

Erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit steigt in der Hansestadt ein Bundesligaspiel gegen den Rekordmeister – der Kolumnist ist begeistert und erinnert sich

Den Hamburgern bedeutet dieses Wochenende sehr viel, einigen Restdeutschen ist das vermutlich gar nicht so klar. Zum ersten Mal seit sieben Jahren kommen nämlich die Bayern in die Stadt, um ein Bundesligaspiel zu bestreiten, weshalb nach der Landung womöglich am Flughafen Peter Maffay gespielt wird (über sieben Brücken, sieben dunkle Jahre, sieben mal die Asche und so weiter.) Der Rekordmeister wird nur nicht beim HSV antreten, wo er zuletzt am 21. Oktober 2017 mit 1:0 gewann und danach klassenunterschiedsbedingt nie mehr auftauchte, sondern beim FC St. Pauli.


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Das ist schlimm für HSV-Fans. Am Samstag werden es deshalb viele vermeiden, auf die Straße zu gehen, um nicht aus Versehen dem Mannschaftsbus der Münchner über den Weg zu laufen. So eine Begegnung kann ja durchaus alte Wunden aufbrechen lassen.

Okay, genaugenommen würde sie eher alte und neue Wunden weiter aufklaffen lassen, denn der HSV hadert seit dem Abstieg 2018 tagtäglich mit seinem Zweitligaschicksal. Feiertage nicht ausgenommen, bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr des Wundheilens.

Nicht weit von meiner Wohnung entfernt wird dagegen ein Fußballfest steigen, ich höre das dann sogar auf meinem Balkon. Wie schön. Wir packen Hamburg wieder auf die Karte! Digga! (Musikkenner wissen, was ich meine.*)

Ein Heimspiel gegen den FC Bayern München ist tatsächlich das Größte. Da könnte Leverkusen fünfmal in Folge Meister werden und Dortmund bei der Klub-WM durchmarschieren, es würde sich nichts daran ändern. Machen wir uns nichts vor, viele Vereine steigen in erster Linie auf, um sich einmal mit den Nachfahren von Franz Beckenbauer und Gerd Müller messen zu können. Jeder Fußballspieler ist heiß auf so ein Duell, und der eigene Marktwert lässt sich damit en passant in Höhen katapultieren, die selbst Bitcoinhändler neidisch machen.

Die Fakten: Der FC St. Pauli hat sogar seit exakt 13,5 Jahren kein Bundesligaspiel mehr gegen die Bayern bestritten. Am 7. Mai 2011 setzte es ein 1:8, man stieg klanglos ab (gesungen wird am Millerntor immer) und kam erst im Sommer 2024 wieder.

Der Kiezklub und die Münchner, das ist sowieso eine eigene, großartige Geschichte. Eigentlich müsste man sich hassen. Der FC St. Pauli besiegte 2002 den Weltpokalsieger FC Bayern 2:1 und demütigte die Münchner anschließend mit der Anfertigung des legendären „Weltpokalsiegerbesieger“-T-Shirts, das heute noch im Fanshop für 24,95 (+5,95€ Versandkosten) erhältlich ist.

Stefan Effenberg stand damals auf dem Platz, Ruhm und Unsterblichkeit erlangte aber Thomas Meggle, Regisseur des FC St. Pauli mit der „10“ auf dem Rücken und Torschütze des 1:0.

Der kicker schrieb: Gegen den im 4-4-2-System beginnenden FC Bayern spielte St. Pauli mit einer mutigen Offensiv-Variante mit zwei Innenverteidigern ohne Absicherung Mann gegen Mann, wobei Gibbs Pizarro und Stanislawski Jancker nicht von der Seite wichen. Der überzeugende Spielmacher Meggle sollte die beiden Spitzen Rath und Patschinski bedienen.

Den FC St. Paulifans fällt das Hassen des Klassenstrebers ohnehin etwas schwerer, seit der damalige Bayern-Manager Uli Hoeneß ihnen per Benefizspiel den ins Soll geratenen Arsch rettete. Er wurde 2003 – ebenfalls per T-Shirt – als „Retter“ (aber ohne Arsch) gefeiert. Eigentlich wird er dafür bis heute geliebt, was zu den großen Paradoxa des Fußballs gerechnet werden kann.

2003 zog ich übrigens nach Hamburg und hatte eine lustige Begegnung: Ich (Schwabe) lernte bei ein paar Bierchen aufgrund auffälliger Dialektähnlichkeit eine Gruppe sympathischer Süddeutscher kennen, die mich irgendwann fragten: „Was machst du beruflich?“

„Ich bin stellvertretender Chefredakteur von Sport-Bild“, sagte ich stolz. Und stellte dann eine verhängnisvolle Gegenfrage:

„Und was macht ihr so?“

Antwort: „Wir spielen für den FC St. Pauli.“

Die Gruppe bestand aus Florian Lechner, Benjamin Adrion (der spätere Gründer von Viva con Agua) und Marcel Eger. Das war natürlich sehr peinlich, also für mich, aber der Klub kickte 2003 halt nur in der Regionalliga Nord, und man kann ja nicht jeden kennen. Ebenjener Eger traf beim 1:8 sieben Jahre später für den FC St. Pauli, und das sollte für 13 Jahre das letzte Bundesliga-Heimspieltor des FC St. Pauli bleiben. Eger wechselte vor Schreck erst mal nach England und machte in der Hamburger Hafenstraße eine Kneipe auf.

Ja, diese Geschichten sind alle schön, aber alt, wofür die Bayern nichts können. Inzwischen haben sich die Zeiten geändert, die große weite Welt kennt Hamburg heute eher wegen der Elbphilharmonie und dem Miniaturwunderland (nein, ich meine damit nicht den HSV).

Am Samstag um 15.30 Uhr beginnt jedenfalls eine neue Ära. Und, wer weiß, vielleicht passiert wieder ein Wunder, und der FC St. Pauli gewinnt. Auf den T-Shirts müsste dann aber „Championsleaguehalbfinalausscheiderbesieger“ stehen. Nicht so sexy.

* Gemeint ist das Lied „Ahnma“ (2016) von der Hip-Hop-Band „Beginner“ mit dem Hamburger Jan Delay, einem Werder-Bremen-Fan

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